Samstag 17.2.18

Marokko wir kommen.

Nach einer ruhigen Nacht am Sacaba Beach am südlichen Rand von Malaga auf dem riesigen Strandparkplatz wollen wir eigentlich zügig in Richtung Marokko durchstarten. Aber am Abend bei der Ankunft haben wir schon zwischen der „Weissware“ den Kat1 mit FM2 Shelter gesehen und mit dem Besitzer einen kurzen Schwatz gehalten, welcher nun heute morgen noch etwas ausgedehnt wird. Hinter uns steht noch ein Magirus 110-16, also derselbe wie unserer. Es sind Angela und Thorsten mit denen wir uns gleich toll verstehen und austauschen. (www.dakommtnochwas.de).
Die beiden sind Mitte Dezember in ihr Heim als Vollzeitreisende eingezogen und sind nun zuerst nach Südportugal unterwegs, bevor sie nach Marokko im März übersetzen. Die gegenseitige Mobilbesichtigung ist interessant, braucht aber auch seine Zeit. So kommen wir erst um die Mittagszeit los, fahren an Marbella vorbei Richtung Algeciras. Von weitem sehen wir schon Gibraltar, das wir wegen Zeitmangel leider nicht mehr besuchen können. Mal sehen vielleicht wird es bei der Heimreise noch was.

Zuerst müssen wir aber noch unsere Fähr-Tickets besorgen. In der Szene gibt es da immer den gleichen Tip: Geh zu Carlos, Ausfahrt 112 auf der A7 direkt unterhalb dem Carrefour.

Hier die Daten zu Carlos falls diese jemand braucht und noch nicht hat:

www.viajesnormandie.net      GPS:36°10'46N-5°26'28W

Nachdem wir unsere Pässe und Kfz-Scheine aller Fahrzeuge vorgelegt haben, macht Carlos die notwendigen Unterlagen für die Fähre und den Grenzübertritt nach Marokko für uns, das Mobil und die beiden Mopeds fertig. Das Ticket kostet 200 Euro hin- und zurück, mit offenem Rückfahrdatum. Wir brauchen also beim Zurück nur im Hafen zur richtigen Fährgesellschaft hinfahren und eine der 6 Fähren pro Tag auswählen. Zum Abschied gibt es als Präsent eine Flasche Rotwein und Schokokuchen für uns.

Da wir spät dran sind, müssen wir auf die Fähre um 17:30 Uhr warten. Die Anfahrt zum Fährhafen ist super beschrieben und schon nach 20 min. sind wir da. Nach dem Besuch bei Carlos haben wir noch unsere Vorräte im Carrefour aufgestockt und geniessen nun am Hafen leckeres Baguette mit frischem iberischem Schinken und Käse.

Schon auf dem Carrefour-Parkplatz wimmelte es von hunderten alter Renault R4, komplett mit Werbestickern beklebt. Die Fahrer/Besatzung sind Teilnehmer der Renault Raid 4L-Trophy.

(hier der Link zum Blog: https://blog.renault.de/motorsport-4l-trophy-2018-rallye-vorschau/ und ein Zitat von der Seite: „6.000 Kilometer quer durch Frankreich, Spanien und Marokko. Über Schotterpisten, Schlamm und Wüstendünen. Und all das in einem mehr als fünf Jahrzehnte alten Renault 4. Klingt nach Abenteuer? Ist es auch! Am 15. Februar 2018 startet die 21. Auflage der Raid 4L Trophy™ – einer Wohltätigkeits-Rallye der besonderen Art. Los geht es in Biarritz im Südwesten Frankreichs. Von dort machen sich die rund 2.900 Teilnehmer, bei denen es sich ausnahmslos um Studenten handelt, auf die zehntägige Reise nach Marokko. Die Karawane von rund 1.500 Renault 4 hat etwas Besonderes im Gepäck: Schulmaterialien und medizinisches Equipment für benachteiligte Kinder.“ )

Auf dem Fährhafen treffen wir die Meute wieder, während sie von den Rallye-Organisatoren auf einem separaten Platz für die Überfahrt eingewiesen werden, allerdings eine andere als unsere.

Ausser uns fahren nur noch ca. 10 Autos und ein LKW auf die Fähre und schon geht es los.

Während wir den Hafen verlassen sehen wir ein großes Containerschiff auf Bremskurs und zwei Schlepper, die den Riesenkahn in Empfang nehmen werden und an die richtige Entladestelle ziehen.

Kaum auf offener See sehen wir schon am Horizont Ceuta, die spanische Enklave auf afrikanischem Boden. Die Sonne geht schon hinter Ceuta unter. Daher gibt es nur noch eine nette Gegenlichtaufnahme und einen rückwärtigen Blick rüber nach Gibraltar.

Auf der Fähre werden alle Autos vor uns herausgewunken und wir dann zur Ausfahrt eingewiesen. Habe etwas rechts ausgeholt, um schräg auf die Rampe zu kommen und schon hupt es ganz wild. Ein SUV steht im toten Winkel und hat sich doch noch entschlossen loszufahren und mit dem Aussenspiegel an unserem LKW gestreift. Viel Hektik und Geschrei. Wir sind mal sitzen geblieben und haben die Diskussion zwischen Einweisern und den Betroffenen aus dem Führerhaus verfolgt. Irgendwann haben sich alle beruhigt, den Aussenspiegel noch zweimal gestreichelt und sind dann weitergefahren. Das ist nochmal gut gegangen.

Durch Ceuta in Richtung Grenze ist der Straßenverlauf etwas chaotisch, sind aber nach ca 20 min im Grenzbereich angekommen. Hier merken wir sofort, dass wir Europa verlassen.

Nach fast einer Stunde Schritt-Tempo sind wir in den Einflussbereich der marokkanischen Behörden gekommen. Der beflissene Mohamed, seines Zeichens privater Helfer, hat immer wieder versucht uns das Prozedere zu erläutern und seine Dienste angeboten. Da wir wohl noch einiges an Zeit brauchen werden, ist Marion schon mal losgezogen, um bei den unzähligen nur teilweise besetzten Häuschen herauszubekommen, was alles benötigt wird. Leider hat sie vergessen, dass wir die wichtigsten Unterlagen schon von Carlos vorgefertigt bekommen haben und darauf nur noch die Stempel abholen müssen. So hat sie, wahrscheinlich völlig umsonst - aber bereits marokkanisch entspannt -, gemeinsam mit Mohamed unzählige Zettel in arabischer und lateinischer Schrift ausgefüllt und ist nach einem nicht nachvollziehbaren Schema auf einem Parkour von Häuschen zu Häuschen gewandert. Hin und wieder einen Stempel bekommen, dann wieder in eine Diskussion verwickelt worden, um als Resultat zum Kollegen gesandt zu werden. Mohamed hat sich dann auch noch eingeschaltet und nach ca. einer weiteren Stunde, während der ich im Schritt-Tempo die Schranke im Visier Richtung Marokko rolle, kommt Marion triumphierend und glücklich mit einer Handvoll gestempelter Formulare zurück. Habe das kopfschüttelnd die ganze Zeit aus der Ferne beobachtet.

Schon auf der Zielgeraden wurde dann entschieden, dass doch noch eine Sicherheitsüberprüfung des Innenraums angemessen wäre, worauf ein Beamter über die Leiter mit nach oben kletterte und in 1-2 Schubladen und den Kleiderschrank reinschaute. Erneut haben wir verneint, Waffen an Bord zu haben und haben somit auch diese Hürde genommen. Die letzten beiden Beamten vor dem Schlagbaum haben dann nochmal alle Stempel kontrolliert und nachdem sich der Dritte im Lehnstuhl bewegt hat und das Rolltor etwas weiter für uns aufgezogen hat, befuhren wir endlich marokkanischen Boden. Auch wenn es sich dramatisch anhört, irgendwie war es lustig mit anzusehen und gab einem das Gefühl in Afrika angekommen zu sein.

Inzwischen schon dunkel machen wir uns auf den Weg, den Campingplatz in Martil zu erreichen. Der Verkehr ist sehr überschaubar und die Straßen gut ausgebaut, so dass wir problemlos angekommen sind. Um in Marokko erreichbar zu sein und auch Internet nutzen zu können, sind wir noch losgezogen um im Kiosk bei Karim zwei SIM-Karten von Telecom Maroc zu kaufen. Das GB zu 1Euro und für 2 Euro kann man 30min nach Deutschland telefonieren. Das Einrichten auf meinen AGM-X1 verlief einigermassen problemlos, Marions altes Samsung wehrt sich allerdings. Wir wollen nach einer halben Stunde abbrechen, aber Karim will es nicht auf sich sitzen lassen uns nicht helfen zu können. Irgendwann nach 1,5 h und einem fast verzweifelten Karim klappt es dann. Wir haben zum Trost noch zwei Packungen Schokokekse gekauft und ihm versprochen, dass wenn es  anderntags nicht funktionieren sollte, wir unbedingt wieder vorbeikommen. Ich glaube nicht, dass man soviel Hilfsbereitschaft in Deutschland an einem Kiosk bekommen würde.

Heute nacht schlafen wir sicher sehr gut, nach so viel Action.

 

Sonntag 18.2.2018

Da wir doch recht zügig mit wenig Ruhepausen gen Süden gebrettert sind, ist jetzt der erste Tag in Marokko mal Fahrpause. Der Campingplatz verfügt über eine große Waschmaschine und so können wir endlich unseren Wäscheschrank wieder auf Vordermann bringen. Daneben steht nach ca 3000 km seit dem letzten Abschmieren eine dringende Wartung des LKWs an. Also Öl kontrollieren, Fahrerkabine kippen, Auffälligkeiten um den Motorblock suchen, diverse Muttern zur Kontrolle nachziehen und natürlich alle Schmiernippel mit ausreichend neuem Fett versorgen. Die Kontrolle unter dem Wagen ergibt, dass der Motor und die Getriebe  trocken sind und keine der kontrollierten Muttern gelockert.
Nach dem Abhängen der trockenen Wäsche und einer heißen Dusche sind wir zur Strandpromenade gelaufen und sind erstaunt, obwohl es schon dunkel war, unzählige Familien mit kleinen Kinder flanierend anzutreffen. Nach mehreren Abzweigungen durch die geschäftige Innenstadt sind wir an einem Fischrestaurant vorbeigekommen mit einer tollen frischen Auswahl auf Eis im Fenster liegen, so dass wir uns spontan entscheiden einzutreten. Wir wählen 2 ganze Fische aus, welche nun in der offenen Küche fachgerecht zubereitet werden. Nach ca 30 min haben wir dann die 4 Fischhälften mit leckerem Gemüse auf einem Tablett serviert bekommen und bis auf ein paar lästige Gräten hat es absolut lecker geschmeckt.

So gut genährt ging es schnurstracks nach Hause und in die Heia...

Hier mal eine Orientierungskarte der ersten Tage in Marokko: Ankunft in Ceuta, Campingplatz in Martil, Campingplatz in Chefchouen (marok. El Aauin), freier Stellplatz in den Bergen hinter El Jahba.

 

Montag 19.2.2018

Unsere nächstes Etappenziel ist die blaue Stadt Chefchouen im Rif-Gebirge. Wir verlassen Martil auf der Hauptstraße entlang der Strandpromenade, streifen Tetoun mit seinen neuen Universitätsgebäuden, bevor es immer mehr bergauf in das Rif geht.

In Tetoun ist das Flussbett vollkommen trocken, einige Kilometer weiter entdecken wir den Grund. Ein Staudamm hält das doch spärliche Wasser zurück und wird in der näheren Umgebung zur Bewässerung genutzt, wie man unschwer an den grünen Beeten und Feldern erkennen kann.

Die Apfelbäume blühen und egal wo man hinschaut wuchert hier der Feigenkaktus. An vielen neuen Straßen haben wir gezielte Pflanzungen davon gesehen, um die steilen Straßenränder zu stabilisieren.

Bevor es den Berg nach Chefchouen hochgeht, treffen aus allen Windrichtungen die Straßen an einer Kreuzung zusammen und entlang der Einfallstraße Richtung Stadt gibt es unzählige Töpferwarenstände, damit auch jeder Tourist genügend Auswahl hat. Rund herum und den ganzen Berg hinauf blühen alle Wiesen, dass es eine wahre Pracht ist, vorallem wenn man vor einigen Tagen noch im eisigen Deutschland war.

Nach vielen Serpentinen erreicht unser schwer arbeitender Magirus die ersten Ausläufer der blauen Stadt. Wir durchqueren mal zuerst die Stadt auf der Suche nach einem Parkplatz, allerdings ohne Erfolg (es ist heute großer Wochenmarkt) und haben auf Grund der Ehrenrunde um die Stadt dafür den tollen Blick auf die Stadt.

Mit Navi erreichen wir dann zielsicher den Campingplatz oberhalb der Stadt. Von hier aus läuft man in 10min rüber zum Stadtteil mit der älteren Medina hinter der Stadtmauer.

Die folgenden Bilder vom Markt in der alten Medina, als auch die späteren Bilder vom Wochenmarkt habe ich alle aus der Hüfte geschossen, da direktes Photographieren nicht erwünscht ist oder nur gegen Bezahlung.  Die Bilder sollen das Marktgeschehen wiedergeben, keine Einzelpersonen.

Auf dem Weg nach unten ins Centre Ville gibt es immer wieder vollblühende Wiesen, auf welchen sich die Lastesel gütlich tun. Die Reifenwerkstatt ist ein Raum voller Reifen und der Rest der Werkstatt ist die Straße. Das geht dann ab wie beim Formel 1 Rennen. Der Kunde parkt ein und dann springen 3-4 Helferlein los und tauschen die Reifen. Nach erledigter Aufgabe, wird die Box für den nächsten Einsatz vorbereitet und die Mannschaft verschwindet wieder im "Reifenlager".

Im Centre Ville trifft man zuerst auf die Marktstände und Geschäfte die immer geöffnet haben und erst ein paar Straßen weiter kommt dann der große Wochenmarkt. In den kleinen hölzernen Verkaufsständen bieten die Frauen ihre selbstgebackenen Fladenbrote an. Es ist etwas gewöhnungsbedürftig auf dem Markt einzukaufen, da es in Marokko wohl die Sitte ist, jegliche Ware, auch Brot und sonstige Lebensmittel in die Hand zu nehmen, zu drücken und so die Qualität zu prüfen. An einem Tisch gibt es eine große Kiste gefüllt mit Mini-Baguettes und einige Frauen durchwühlen und prüfen die Ware, wie bei uns im Sommerschlussverkauf am Wühltisch.

Nachdem wir uns mit Brot (nicht vom Wühltisch), Tomaten, Knoblauch, Salat und 2,5 kg Orangen eingedeckt haben, kommen wir endlich auch noch an mehreren Ständen mit Datteln vorbei. Und schon ist das erst Kilo eingepackt; natürlich muss die Ware zuerst einmal verkostet werden. Vollgepackt mit Einkäufen suchen wir nach einem Taxi, das uns wieder zum Campingplatz ganz oben am Berg bringen soll. Normalerweise kann man hier keinen Schritt gehen, ohne über ein Taxi zu stolpern, aber wenn man eines braucht, ist keines da. Wir haben Glück und nach 10min haben wir eines eingefangen und wir werden für 2,70€ die Serpentinen durch die Stadt hochtransportiert.

Beim Kochen in der Außenküche bemerkt Marion dann, dass wir eine Untermieterin haben, die es sich auf dem warmen Getriebe bequem gemacht hat.

 

Dienstag 20.2.2018

 Vom Campingplatz aus hat man eine tollen Fernblick über das Tal zu den gegenüberliegenden Hängen des Rifgebirges. Direkt beim Camping liegt das große Freibad, das zur Zeit natürlich geschlossen hat - ist ja erst Februar! Wir haben uns zwischen die anderen ausgebauten Laster, Pferdetransporter etc. gestellt und fallen von der Grösse her gar nicht mehr auf. Da Chefchouen als eine der schönsten Städte Marokkos angepriesen wird, ist auch der Anteil an "Weißware" hoch, aber es ist genügend Platz für alle da.

Da wir nicht vorhaben, nochmal in die Stadt runter zu gehen, fahren wir gleich nach dem Frühstück los, um erneut durchs Rif runter an die Küste nach Oued Laou zu reisen und von dort die Küstenstraße entlang nach Osten Richtung Al Hoceima mit dem nächsten geplanten Etappenziel Camping Cala Iris (roter Kreis), wo wir am Ende des Tages dann aber doch nicht übernachten...

Die Fahrt durchs Rif hinunter an die Küste ist einfach atemberaubend und die Bilder können die sagenhafte Tiefe bzw. Weite der Panoramen einfach nicht übermitteln.

Nach dem ersten Drittel der Strecke durch die Berge kommen wir am Cafe Rueda vorbei, das für sein gutes Essen und den traumhaften Blick von der Terasse bekannt ist. Da es gerade um die Mittagszeit ist, machen wir Halt und sind erstaunt, die einzigen Gäste zu sein und die Aussichtsterrasse ganz für uns alleine zu haben. Wir bestellen eine traditionelle Tajine mit Hühnchenfleisch. Die Zubereitung dauert natürlich etwas, aber somit haben wir ausreichend Zeit bei herrlichem Sonnenschein und einem süßen Minztee, die Aussicht zu genießen. Nach ca. 45 min. kommt dann die heiß brodelnde Tajine mit frischem Fladenbrot. Die Menge ist riesig, aber so lecker, dass wir nichts übriglassen. Incl. Getränke haben wir 10,80€ (120DH) bezahlt.

Nach dieser sehr ausgiebigen Mittagspause geht es weiter zu einem Abstecher in ein Seitental zu den Wasserfällen von Akchour. Wir sind etwas skeptisch bei der allgemeinen Wasserknappheit, dass die Fälle wirklich beeindruckend sind. Schon auf dem Weg sehen wir, dass nur sehr wenig Wasser im Flussbett von den Fällen kommend fließt. Die Anreise über die etwas schmalen Straßen ist auf jeden Fall sehenswert. Als wir bei dieser ausgebauten Touristenattraktion ankommen, müssen wir feststellen, dass wir die einzigen Touris sind und die wartende Händlermeute losstürmt, uns in Empfang zu nehmen. Gleich mehrere wollen uns den besten Parkplatz auf dem riesigen Gelände zuweisen. Wir beschließen spontan die Attraktion ausfallen zu lassen und machen zur Enttäuschung aller eine große Kehrtwendung auf dem Platz und verlassen die Arena. Entlang der Strecke sehen wir auch immer wieder diese Muffelöfen, in welchen die Frauen die landestypischen Fladen backen und dann auch in regelmäßigen Abständen an der Straße zum Verkauf anbieten.

Auf dem Weg zurück zum Cafe Rueda sehen wir, dass es eine nagelneue Serpentinenstraße hoch nach Talambote gibt, wo wir sowieso vorbei müssen. Von hier aus sind es nur 4 km, auf der regulären Route muss man den kompletten Berg umrunden. Also nehmen wir den Berg in Angriff und sind nach unzähligen Schleifen oben im Dorf angekommen. Dort ist dann leider Schluss, da mitten in dem Dorf eine riesige Baustelle ist, wo kräftig betoniert wird und somit kein Durchkommen. Das Problem ist jetzt nur, dass es keine Möglichkeit zum wenden gibt. Daher muss ich unter Einweisung von Marion und der Mithilfe des halben Dorfes - inkl. Dorfpolizist - einige Schleifen den Berg wieder rückwärts runterfahren, bevor es an einer Ausweichstelle die Möglichkeit gibt umzudrehen. Spannend, hat aber gut funktioniert. Leider müssen wir nun doch den kompletten Berg wieder runter und umrunden, aber das Erlebnis ist es wert. Bilder werden leider von der ganzen Aktion wegen massivem Einweisestress keine geschossen. Die restliche Strecke bis runter an die Küste ist durchwegs toll und wir haben deshalb auch öfters zu einem Photostopp angehalten.
Gottseidank sind überall Steinschlagfangzäune aufgebaut, da kommen doch ganz nette Brocken runter.

Die Küstenstraße nach Osten bietet auch regelmässig tolle Ausblicke in die nächste Bucht, aber ist anstrengend mit dem LKW zu fahren, da entweder im dritten Gang die massiven Steigungen erklettert werden müssen oder nach dem Erreichen der Spitze es genauso steil nach unten geht und daher die Motorbremse einiges zu arbeiten hat. Dies ergibt natürlich keine hohe Durchschnittsgeschwindigkeit, weshalb das Erreichen des geplanten Etappenzieles der Campingplatz in Cala Iris illusorisch gewesen ist. Nach El Jehba, schon leicht dämmrig, suchen wir auf dem Weg hoch in den Bergen nach einem geeigneten Platz, der einigermaßen eben und zum Übernachten geeignet ist und werden ganz oben hinter einer kleinen Abfahrt fündig. Kaum eingeparkt wird es auch schlagartig dunkel und ein langer ereignisreicher Tag mit tollen Bildern im Kopf geht zu Ende.

 

Mittwoch 21.2.2018

Mitten in der Nacht bin ich aufgewacht und habe den tollen Sternenhimmel durchs Dachfenster betrachtet. Da gab es kein Halten mehr. Stativ raus, Jacke an und raus ins Dunkel. Sternenhimmel photographieren ist eine Wissenschaft für sich, vorallem wenn nicht wie im Sommer die volle Milchstraße am Firmament leuchtet; aber ein bisschen kann man die Sternenfülle auf den Bildern erahnen.

Am nächsten Morgen gibt es noch einen super Rundblick aufs Rifgebirge.

Auf der folgenden Karte sieht man unsere nächste Etappe in den Süden.

Runter an die Küste könnte man denken, wir befinden uns in einem Western. Die dürre Landschaft, wenn man vom blühenden Lavendel am Straßenrand absieht, die kargen Häuser und keine Büsche oder Bäume außer den angepflanzten Oliven.

In Al Hoceima wollen wir nur kurz halt machen um im Centre Ville ein paar Einkäufe zu tätigen. Die Innenstadt ist für Dickschiffe wie unseres leider gesperrt, so drehen wir wieder um, parken am Bus-/Taxi-Bahnhof  und fahren für 9Dh(=80Cent) mit dem Taxi, was deutlich bequemer ist. Wie in vielen anderen Städten, ist auch hier die hohe Dichte an alten Mercedes unübersehbar. Man könnte meinen alle 123 bzw. 124er wurden nach Marokko exportiert (unsere alten und Opa's sind bestimmt auch noch irgendwo unterwegs). Da es schon wieder Mittagszeit ist, fahren wir runter an den Strand, um am Meer zu speisen. Wenn wir nicht so früh dran wären und nicht noch ein gutes Stück südlicher kommen wollten, dann wäre es ein toller freier Stellplatz.

Bevor es in den Süden geht, sehen wir von der Küstenstraße aus noch die "Penon de Alhucemas" (Penon ist spanisch für Felsblock). Diese eine zu Spanien gehörende knapp 2 ha große Insel liegt nur 400m vor der Küste. Sie wird direkt von der Regierung in Madrid verwaltet und gehört nicht zu einer der autonomen Regionen Spaniens. Sie gehört zur EU und zur Eurozone. Einen ähnlichen Status haben die Städte Ceuta und Melilla. (Quelle Wikipedia).

Ab jetzt geht es wieder quer durchs Rifgebirge, also Berg rauf und runter. Wie überall im Land wird unglaublich viel gebaut und neue Infrastruktur erstellt. Mit hunderten Baggern bahnt man sich den Weg durch die Berge. Irgendwann am späten Nachmittag erreichen wir endlich die Stadt Taza.

Marion mahnt an, so langsam einen Stellplatz zu suchen da wir schon den ganzen Tag am Fahren sind und laut Karte soll es auf dem weiteren Weg nach Süden kurz hinter Taza im Nationalpark einen Campingplatz geben. Die Straße geht hinter Taza schmal und steil den Berg hoch in den Park hinein. Weit und breit kein Campingplatz. Irgendwann liegt Schnee am Wegesrand und die Möglichkeiten für freies Stehen sind spärlich und werden idealerweise zuerst per pedes geprüft.

Kurz bevor es dunkel wird, sehen wir neben einem Sendemasten einen einigermassen ebenen Platz. Der Bauer kommt mit Sohn auch gleich raus und signalisiert, dass wir hier stehen können. Der Junior darf noch bei uns ins rollende Haus schauen, bekommt eine Orange und dafür bekomme ich noch eine Besichtigung der kargen Behausung der Familie: Nur eine kleine gemauerte Feuerstelle in einem Zimmer in einer Ecke. Die restlichen Räume unterscheiden sich eigentlich nicht vom Stall der Schaffamilie (3 Stück), dem ganzen Stolz der Familie. Es wird uns noch das fensterlose Nebenzimmer zur Übernachtung angeboten, welches ich freundlich und dankend abgelehne.

Soweit so gut.

Wir haben zu Abend gegessen und wollen es uns gemütlich machen, als ich Gespräche vor dem Mobil vernehme. Kurz mit der Taschenlampe geprüft, hat der Bauer Besuch bekommen. Die beiden Männer stehen bei 0° Grad draußen im Wind, Barfuß in den Schuhen und palavern. Als eine Stunde später der Neuhinzugekommene immer noch ums Fahrzeug lungert und auch laute Verabschiedungsrufe meinerseits nichts nützen, beschließen wir trotz Dunkelheit ein paar Kilometer weiter zu fahren. Ca. 5 km weiter gibt es in einem Fichtenwäldchen direkt an der Straße eine breite Ausweichstelle, die wir direkt ansteuern. Endlich Ruhe denken wir und machen uns bettfertig.
Unglaublich - 10min. später klopft es an der Tür. Vor dem Fenster mit Taschenlampe der Gendarm mit 2 Gehilfen, welcher in einigermassen guten Englisch erklärt, wir sollten hier aus Sicherheitsgründen nicht stehen, sondern ihm ins nächste Dorf folgen. Er hat uns zwar auch die Möglichkeit angeboten stehen zu bleiben, aber nach dem Gespräch sind die drei Gendarmen ins Auto gestiegen, die Warnblinkanlage an und haben sich auf die Nacht eingerichtet. Ich also wieder angezogen, Marion war zu müde und ist im Bett geblieben, raus, Leiter verstauen, LKW angeworfen, volle Frontbeleuchtung an und dann 10km durch die Berge auf engen steilen Wegen bis nach Maghraoua auf den Parkplatz der Royal Gendarmerie. Eine halbe Stunde Fahrt über schmale schlechte Straße und Marion wird ganz nett durchgerüttelt.
Damit der Einsatz auch sauber dokumentiert ist und der Einsatzbericht korrekt, muss ich noch mit unseren Pässen und den Einreisedokumenten ins Chefbüro. Nach Prüfung aller Unterlagen und Reiseberichterstattung, woher, wie lange schon und wohin, werde ich dann mit viel Entschuldigungen für die Unannehmlichkeiten entlassen. Wenn ich noch Wasser oder sonst etwas benötige soll ich es auf jeden Fall sagen.
Jetzt haben wir auf jeden Fall einen sicheren und ruhigen Stellplatz.

Nachtrag: Woher wussten die Gendarmen, dass wir im Gebirge unterwegs sind? Da hier wirklich nahezu jeder Marokkaner über ein Handy verfügt und das Netz ziemlich gut ist, gehen wir davon aus, dass sie informiert wurden, denn sie waren ja nur kurze Zeit nachdem wir angehalten hatten bei uns. So wie in den Schulen zuhause/Deutschland die Telefonkette funktioniert, so funktioniert hier die Tourist-ist-unterwegs-Telefonkette.

 

Donnerstag 22.2.2018

Morgens wachen wir bei Graupelschauer auf und wollen gar nicht aus dem Bett raus. Aber rechtzeitig während des Frühstücks hat es aufgehört und wir machen uns abfahrbereit. Aus Höflichkeit verabschieden wir uns noch bei der Gendarmerie und werden prompt darauf hingewiesen, dass unser Plan weiter direkt nach Süden durch den Nationalpark zu fahren nicht funktioniert, da die Pässe frisch zugeschneit sind und noch nicht geräumt ist. Also wieder die Strecke zurück Richtung Taza, was den Vorteil hat, dass wir nochmal die Nachtstrecke bei Tag 'geniessen' können. Aus der Ferne sehen wir noch den Schneeräumer auf dem Weg zur Arbeit.

Bei Punkt P5420 auf der Karte geht eine Straße Richtung Südwest weg, die zu den Grotten im Nationalpark führt. Diese nehmen wir und fahren vorerst immer entlang des Hochtals. Auch hier kommt man in Bereiche mit Schnee, aber alles recht harmlos. Ansonsten nur wildromantische Landschaft, vorallem in den Taleinschnitten, wo der eine oder andere Schäfer mit seiner Herde unterwegs ist.

Unsere Route führt uns quer durch den mittleren Atlas, was zur Folge hat, dass Bäche durch- bzw. überfahren, Hochtäler durchmessen und anschliessend Bergkuppen überwunden werden müssen. Von oben hat man immer wieder gigantische Fernblicke und muss sich immer wieder zwingen weiterzufahren, da es noch zu früh ist auf solch einer exponierten Lage das nächste Nachtlager aufzuschlagen.

In der Regel sieht man immer von weitem wohin die Strecke führt, aber immer wieder kommen Kreuzungen wo das Rätsel nur noch die Karte bzw. das GPS-Navi auflösen kann.

Leider erkennt man auf den Bildern nicht die unzähligen Farbschattierungen in den Bodenschichten, welche die Flüsse freilegen und durch die fehlende grüne Vegetation ins Auge fallen. Auf dem letzten Bild der Reihe sieht man, was uns in Richtung Süden nun durch ganz Marokko begleiten wird. Das ganze Land ist ein aufgefalteter Meeresboden und seine Korallenriffe, verursacht durch das Zusammentreffen der afrikanischen mit der eurasischen Platte. Allerdings sind die Schichten noch nicht durch die Jahrmillionen wie in unseren Alpen verpresst und daher extrem durch die Witterung bedroht. Es sieht überall aus, als würde das Land zerbröseln. Im Süden Marokkos werden in den freiliegenden uralten Korallenriffen Unmengen an Fossilien gefunden, welche natürlich für den Tourismus als auch für den inländischen Gebrauch aufgearbeitet werden. Man erhält Waschbecken und Tischplatten voll mit Versteinerungen an jeder Hausecke und ganze Dörfer sind in die Produktion eingebunden.

Viele dieser Hochtäler erinnern an die weiten Ebenen im mittleren Westen in den USA, wobei diese noch um einige Faktoren grösser sind, aber der Weitblick wenn man mal wieder von einem Zwischenpass in solch ein Tal einfährt ist einfach toll.

Als wir endlich gegen Spätnachmittag am Horizont die schneebedeckten Gipfel des hohen Atlas sehen, wissen wir daß unser Ziel nicht mehr weit sein kann. In einem Dorf kaufen wir noch Brot und Gemüse ein, da wir auf dem nächsten Campingplatz mal wieder eine Pause einlegen wollen und Zeit zum Kochen haben.

 

Freitag 23.2.2018

Ruhetag auf Campingplatz des Ksar Timnay Hotels in der Nähe von Midelt mit Blick auf den schneebedeckten Nordrand des hohen Atlas.