Fr. 01.05.20 – So. 03.05.20

 

Fr: Die Morgensonne brennt relativ schnell die Nebelreste weg und schon zum Frühstück haben wir einen wolkenfreien Sonnentag. Nachdem gestrigen Fahrtag wollen wir heute wieder Schreibdisziplin zeigen und ackern den ganzen Tag am Tagebuch, um mit dem Monat Januar voranzukommen. Wir wollen die Tage hier in Mexiko in der Selbstquarantäne noch nutzen, da wir, sobald wir zu Hause sind, wahrscheinlich viel am und im Haus arbeiten werden, sodass wir wenig Zeit und Muse zum Schreiben haben werden. Hier kommt nur alle halbe Stunde mal ein Auto durch, sonst ist es ruhig - Natur pur mit vielen Vögeln rundherum.

Am späten Nachmittag machen wir noch einen kleinen Spaziergang in die nähere Umgebung, besteigen den kleinen Hügel neben unserem Platz und entdecken einiges an blühender Flora.

 

Sa: Heute ist wandern angesagt... Im Frühtau zu Berge wir ziehn, fallera... Wir wollen den Berg, an dessen Fuß wir so quasi stehen, bis zur Spitze erwandern. Unterwegs kommen wir an vielen mannshohen, weißblühenden Mohnsträuchern vorbei. Das eine oder andere Blümchen wird natürlich abgelichtet.

Wir müssen uns durchs Gestrüpp kämpfen, versuchen möglichst auf von Rindern gemachten Trampelpfaden voranzukommen. Wir wandern stramm hoch und sind schon nach einer starken Stunde oben, allerdings etwas außer Atem. Die Sonne brennt schon runter, obwohl es erst kurz nach 10 Uhr morgens ist. Endlich oben, haben wir vom Gipfel einen grandiosen Blick in alle Richtungen. Unser Moppel steht in der Ferne, ganz klein.

Den Abstieg machen wir über die Rückseite bzw. in einem großen Abwärtsbogen rund um den Berg.

Als wir wieder zurück sind setzen wir uns in den Schatten und sind mindestens eine Stunde mit dem Reinigen der Schuhe und Socken beschäftigt. Da wir durchs Unterholz gestapft sind, haben sich unzählige Kletten, Gras- und andere mit Widerhaken behaftete Samen ins Schuhinnenpolster und die obere Hälfte der Socken gebohrt. Das Zeug wieder rauszubekommen ist die reinste Strafarbeit. Ich/P bin kurz davor meine Socken einfach in den Müll zu werfen. - Der Schwabe in mir würde das NIE zulassen, sind ja meine guten Wandersocken.

Bevor wir vor dem Mittagessen eine erfrischende Außendusche nehmen, muss ich nochmal unter den Moppel krabbeln. Als wir gestern abbogen, bin ich in eine tiefe Spurrille geraten und mit dem linken Rad gegen den Rand gedonnert bevor ich ausreichend bremsen konnte. Dieser recht heftige Stoß ist wahrscheinlich die Ursache (evtl. haben wir das Problem schon länger) dafür, dass zwei der vier geschmiedeten Bolzen, mit denen die Halterung der Federung am Rahmen befestigt ist, gebrochen sind und die Halterung jetzt nach vorne und hinten rutschen kann sobald Last auf die Feder kommt. Der heutige Stoß ist auf jeden Fall so heftig gewesen, dass die Halterung die ca. 6 cm entfernte Eckkupplung der Luftzufuhr zum Zylinder der Motorbremse gestreift und diese verbogen hat, sodass dort jetzt Luft entweicht und nicht mehr zum Druckzylinder gelangt. Ich kann die Eckkupplung schnell entfernen und, da die Druckleitung lang genug ist, alles direkt verbinden. Alles funktioniert wieder, aber ich muss solche Kupplungen im Herbst von zu Hause mitbringen.

Das eigentliche Problem, die gebrochenen Bolzen, ist schwerwiegender. Erstens muss man Einiges abschrauben, um überhaupt gut arbeiten zu können, und zweitens eine Werkstatt finden, die so etwas reparieren kann. Die dicken Nietbolzen wurden heiß mit viel Druck in den Rahmen und die Halterung verpresst. Schon das Entfernen der Reste ist eine Heidenarbeit; muss aber dringend gemacht werden, sonst ist es vorbei mit Offroad-Fahren.

Nach dem Essen setzen wir uns wieder raus, und der eine oder andere, der vorbei kommt, inkl. Policía Municipal, hält kurz an der Straße an für etwas Schmall Talk. Keiner stört sich, dass wir hier frei stehen, alles OK. Ein Mann wohnt nur 500 m entfernt hinter dem nächsten Hügel und meint, falls wir etwas brauchen, sollen wir einfach vorbeikommen. Für Notfälle hat er sogar ein Satellitentelefon, um hier draußen in der Pampa Hilfe rufen zu können. Super! Somit ist für Sicherheit gesorgt.

Marion hat morgens einen Hefeteig angesetzt und zaubert daraus am Nachmittag einen Zimthefezopf im Backofen. Mmmmmhhh....

Am Spätnachmittag kommt sogar noch eine Herde Wildpferde vorbei. Sie sind recht scheu und schon bei der kleinsten Bewegung von uns verschwinden sie fluchtartig in die Hügel.

 

So: Heute ist nochmal ein ausführlicher Schreibtag. Mal sehen, wie weit wir heute kommen mit Text und Bildern für Januar.

 

Übernachtungsplatz:

Freistehen offroad der Route #1, Baja Norte, GPS: 31.439214, -116.394656, kleiner Ausweichplatz auf dem Weg zur Küste, sehr ruhig, kein Telcel-Empfang, eingeschränkt zu empfehlen - zu weit entfernt von der Route #1, Küste mit BigRig nicht erreichbar

 

 

 

 

 

 

 

Mo. 04.05.20

 

Auch wenn es wunderschön ist, hier, mitten in der Pampa, zu sitzen, fehlt uns das Internet, um zu checken, ob unser Rückflug am kommenden Sonntag noch steht. Was unsere Flüge angeht, haben wir in den letzten Wochen doch einige Überraschungen erlebt. Von der Fahrt auf der Mex #1 haben wir noch einen kleinen Platz oberhalb eines Dorfes im Gedächtnis, der sich für mindestens eine Nacht eignen würde und dort dürften wir auch wieder Netz haben. Wir fahren also wieder auf der Schotterpiste, vorsichtig wegen der defekten Federhalterung, zurück Richtung Mex #1 durch blühende Vegetation und ein bisschen Zivilisation.

Wie erhofft, eignet sich der Platz zum eben Stehen. Etwas Müll liegt herum, da auf der anderen Hügelseite der Dorfmüllplatz ist. Diesen sehen und riechen wir gottlob nicht. Der Empfang ist super und wir können uns wieder updaten.

Im System sieht noch alles gut aus und der Flug am Sonntag ist noch laut Plan, auf grün. Aber mittlerweile sind wie skeptischer geworden und rufen zur Sicherheit dann noch die Hotline der KLM-Fluggesellschaft an. Leider kommen wir nicht durch. Vor ein paar Wochen hatte ich versucht, per WhatsApp-Chat das Servicecenter zu erreichen, was auch nicht funktionierte. Aber auf einen weiteren Versuch kommt es heute nicht an. Und, oh Wunder, schon nach 2-3 min meldet sich ein Mitarbeiter zurück. Ich bitte ihn, unsere Flüge zu überprüfen. Wenig später informiert er uns darüber, was wir schon befürchtet haben: Der Flug wurde wieder gecancelled. Im System kann man es nicht sehen, da noch nicht aktualisiert.

Also wieder umbuchen. Nach einigem Hin und Her stellt sich heraus, dass Morgen(!), Dienstag, bzw. am Donnerstag, also in 3 Tagen, mit hoher Sicherheit ein Flug gehen würde. Dienstag ist definitiv zu knapp, aber Donnerstag können wir schaffen, wenn wir uns sputen. Eigentlich ist ja alles schon organisiert, muss nur noch etwas angepasst werden. Also bitten wir ihn, alles in die Wege zu leiten und auf Donnerstag diese Woche, 3 Tage früher, umzubuchen. Eine halbe Stunde später erhalten wir die neuen online-Tickets per Email. WOW! Wir sind happy! Jetzt klappt es ja doch noch, und so problemlos, und ohne zusätzliche Kosten. Wir hatten uns den 10. Mai ausgesucht, weil er um mehrere hundert Euro günstiger ist als sämtliche Tage davor und danach.

Im Laufe des Tages stellen wir beide zu unserem Entsetzen fest, vor allem ich/P, dass sich auf der Haut große Brandblasen bilden, überall, an Stellen, die während unserer Wanderung nicht durch Kleidung geschützt war, vor allem an Armen und Händen. Vermutlich hatten wir beim Kraxeln durch das dichte Gestrüpp Kontakt mit Poison Ivy (Giftefeu) oder etwas ähnlichem. Dessen Saft verursacht derart grausige Brandblasen, besonders nach anschließender Sonnenbestrahlung, und wir saßen ja noch eine ganze Weile draußen in der Sonne. Diese Blasen müssen wir gut verstecken, wenn wir auf den Flughafen kommen, sonst kommt noch jemand auf die Idee, wir müssten mit DEM Aussatz gleich ins nächste Krankenhaus. :-)

 

Übernachtungsplatz:

Freistehen oberhalb vom Dorf Santo Tomás direkt an der Mex#1, relativ ruhig, super Telcel-Empfang, für 1-2 Tage oder auf der Fahrt nach Süden empfehlenswert

 

 

 

 

 

Di. 05.05.20

 

Früh morgens, wenn das Dorf zum Leben erwacht, hängen noch Nebelschwaden im Tal.

Nach einer erneuten Kontrolle auf der KLM-Seite und der Sicherheit, dass das Rebooking korrekt im System ist, können wir den Rest drum herum planen: Stornieren der Bahntickets und Umbuchen, die Jungs informieren, dass wir nun erst nachts um halb eins in Karlsruhe ankommen, dafür aber drei Tage früher. Wir laden uns auch noch die KLM- und die Bahn-Navigator-App aufs Handy, sodass wir alle unsere Tickets auf dem Mobile parat haben; sind ja schließlich alles e-Tickets. Jetzt noch Raúl per Email informieren, dass wir schon einen Tag früher anreisen - auf seiner Ranch wollen wir unseren Moppel für die nächsten vier Monate einparken. Die AirBnB-Suite in der Nähe des Flughafens lässt sich nicht so einfach umbuchen, da das Buchungsunternehmen bis Anfang Juni jegliche Buchung/Umbuchung wegen Corona gesperrt hat. Wir kontaktieren die Vermieterin direkt und sie meint, wir sollen nicht stornieren, sondern die Buchung wie gehabt stehen lassen und Morgen anreisen, ist sowieso nichts los. Super, wieder ein Problem weniger.

Durch diese Vorverlegung der Heimreise müssen wir jetzt auch nicht mehr Wasser tanken und haben eher das Problem die restlichen Lebensmittel wegzubekommen. Da gleich hinter dem Berg, wo wir aktuell stehen, eine Müllkippe ist, können wir dort alles entsorgen, was wir loswerden müssen. Außerdem durchwühlt Marion Kühlschrank und Vorratsschränke, damit die Essensplanung die nächsten Tage passt und nichts unnötig entsorgt werden muss.

Das Einzige, was wir jetzt noch brauchen, ist ein kleines Gastgeschenk für Raúl und seine Frau Caroline und, ganz wichtig, Mundschutzmasken für die restliche Reise nach Hause. Obwohl wir in den letzten Wochen immer wieder danach Ausschau gehalten haben, haben wir bei unseren nur kurzen Stopps in den kleinen Städtchen nirgends welche bekommen.

Wir fahren vorsichtig, die gebrochene Federhalterung verändert deutlich das Fahrverhalten. Er 'schwimmt' leicht, wenn man nicht aufpasst. Wir fahren ins Dorf und dann auf der Route #1 nach Ensenada. Kurz vor dem Dorf sehe ich wieder eine überfahrene Schlange. Leider sehen wir sie immer nur überfahren, meistens am Morgen. Die Tiere kommen nachts auf die warme Straße und fallen dort den Autos zum Opfer. Marion hat die letzten zehn immer übersehen, deshalb halte ich kurz an, um sie ihr zu zeigen und ein Beweisfoto zu machen.

Gleich hinter Santa Tomás kommen wir wieder an die Militärkontrolle. Dieses Mal ist der Kontrolleur neugierig auf unseren Innenraum. Er öffnet jedoch nur eine Schublade und schon ist die Kontrolle vorbei.

In Ensenada kaufe ich im fast leeren großen Supermarkt Hiper-Soriana eine Packung Rocher als Gastgeschenk. Und da gerade Mittagszeit ist, machen wir uns gleich hier auf dem Parkplatz noch Eier mit Speck, da diese auch dringend 'vernichtet' werden müssen. Ein paar Blocks weiter bekommen wir in einer Pharmacia endlich auch gute, waschbare Mundschutzmasken. Somit sind wir für die Heimreise gerüstet.

Wir sind am Überlegen, ob wir noch eine Ladung Wäsche waschen gehen sollen, aber es hat sich noch nicht sehr viel angesammelt, so dass auch diese Aktion gestrichen wird und wir uns sofort auf den Weg nach Norden machen Richtung Tecate bzw. zur Ranch von Raúl 'La Bellota'.

Rund um Ensenada gibt es unzählige See-Container-Lager, woran man sieht, wie wichtig der See-Umschlaghafen Ensenada für Mexiko ist.

Auf dem Weg nach Norden zu Raúls Ranch kommen wir immer tiefer in die Berge und vorbei an kilometerlangen Weingütern, Olivenhainen und sonstiger intensiver Landwirtschaft angepasst auf das 'kühlere' Klima hier im Norden von Mexiko und die höhere Luftfeuchtigkeit dank Meeresnähe.

17 km vor Ziel geht es rechts ab und auf einer Schotterpiste Richtung Ranch. Auf den letzten Kilometern müssen wir durch ein Viehgatter und dann noch eine recht steile, stark ausgewaschene Strecke fahren, die wir sehr langsam im ersten Gang, auch wegen der defekten Federung, hinter uns bringen.

Die Ranch liegt in einem kleinen engen Tal. Von Raúl wissen wir, dass wir oben auf dem Berg, bevor es hinunter zu seiner Ranch geht, den letzten Netzempfang haben. Hier parken wir vorerst mal ein und rufen Raúl an.

Auf der Herfahrt hat uns ein Pickup mit dem Fernlicht Signal gegeben und der Fahrer hat kräftig gewunken. Wir haben richtig vermutet: Das ist Raúl gewesen, der noch etwas organisieren musste. Er meint, er sei schon auf dem Heimweg und in ein paar Minuten bei uns. Wir vertreten uns solange die Beine. Wenig später ist er auch schon da. Herzliche Begrüßung (natürlich mit Corona-Abstand) und etwas Small Talk, und dann fahren wir mit seinem Auto den Berg noch einmal zurück, hinunter und gleich auf den angrenzenden Hügel gegenüber wieder hoch. Hier ist sein „Office“, d.h. von hier oben aus telefoniert er und bearbeitet Emails; hier oben ist der Internetempfang noch ein bisschen besser. Auf der Ranch, mit fast 1200 Hektar, hat man leider nirgendwo Empfang – Mobil-freie Zone, optimal zur Erholung.

Zur Zeit gibt es auf der Ranch um die 30 freilaufende Pferde, etliche Kolibris, Bobcats, Luchse, sogar Adler. Viel Natur also, und die Chancen, etwas davon zu sehen sind ziemlich gut, da die Ranch wegen Corona geschlossen ist und somit keine lärmenden Touristen herum springen. Für 'seine' reichen Touristen, hauptsächlich Amis, bietet Raúl auch Wachtel-Jagden an (nur während der Wachtel-Jagd-Saison), mit Vollbetreuung, d.h. inkl. einem Mexikaner, der die geschossenen Wachteln einsammelt und für das leibliche Wohl während der Jagd sorgt. - Nicht so unser Ding.

Vom 'Office' aus sehen wir zurück zu unserem „Haus“ auf der Kuppe, und der gelbe Pfeil zeigt das dahinterliegende Tal mit der Ranch.

Vom 'Office' aus versuchen wir den Taxifahrer zu erreichen, der uns nach Tijuana fahren soll. Klappt im Moment nicht, sodass wir den Anruf auf heute Abend verschieben müssen. Jetzt fahren wir erst mal hinunter zur Ranch im schön mit Eichen bewachsenen Tal, wo wir dann auch einen schattigen Platz unter ein paar großen Eichen zugeordnet bekommen. Hier steht unser Moppel wirklich gut: Er ist vor der heißen Sommersonne in Mexiko geschützt und steht nicht im Weg. Und auf der Ranch hier ist er auch so weit ab vom Schuss, dass wir keine Bedenken haben müssen, jemand könnte sich ungefragt Zutritt verschaffen. Perfekt!

Nach dem Einparken zuerst mal alle Fenster öffnen zum Durchlüften. Dann spazieren wir ums Auto zu den freilaufenden Pferden und hinüber zum Haupthaus, zu Raúl.

Begleitet werden wir von der großen Hundemeute der Ranch, die uns sofort mit lautem Gebell begrüßt hat. Direkt beim Haupthaus stehen zwei riesige Agaven mit gigantischen Blütentrieben. Solche Exemplare, in dieser Größe, hatten wir schon in Mexiko City beim Templo Mayor gesehen. Befindet man sich direkt daneben wirken sie noch größer – echt der Hammer. Im Innenhof sehen wir noch die verdorrten Überreste einer Agave, die letztes Jahr blühte. Nach der Blüte vertrocknen sie leider komplett und gehen ein.

Wir sitzen mit Raúl auf die überdachte Terrasse und lassen uns ein kühles Light-Bier schmecken. Caroline, seine Frau, ist zur Zeit in Kalifornien bei ihrem Sohn. Deswegen und weil ja keine Touris hier sind, hat Raúl reichlich Zeit, sodass wir fast 1,5 h sitzen und übers Reisen, seine Ranch und andere Overlander quatschen. U.a. auch über seinen ausgebauten Geländewagen, den er ab und zu für längere Ausflüge/Ausfahrten mit Kunden nutzt. Er plant, mehrere von diesen Wagen bauen zu lassen und buchbare Touren anzubieten.

Wir verabreden, dass wir in ca. 1 h nochmal ins 'Office' fahren, um das Taxi zum Flughafen zu buchen. In der Zwischenzeit beginnen wir, zurück in unserem Haus, alles zu durchstöbern und heraus zu kramen, was wir alles mit nach Hause nehmen wollen. Auf der einen Seite wollen wir nur das Nötigste mitnehmen, auf der anderen Seite sind wir halt doch nicht nur 4 Wochen sondern 4 Monate zu Hause. Ruckzuck sieht es aus wie bei Hempels unterm Sofa; man kann sich fast nicht mehr frei bewegen. Marion kruschtelt weiter, während Raúl und ich zwischendurch nochmal ins 'Office' fahren. Wir buchen das Taxi für Morgen Nachmittag 16 Uhr. Der Fahrer holt uns direkt an der Ranch ab. Der Transport nach Tijuana kostet uns 1700 Pesos (= ca. 65 € für 110km).

Auf der Rückfahrt frage ich Raúl auch gleich noch nach seinem Preis für den Moppel-Stellplatz. In einer Email kündigte er einen fairen Preis an. Da wir in Mexiko normalerweise etwas günstiger fahren als in den USA, wo wir in der Nähe des Flughafens in Phoenix für ca. 100 US$/Monat in einem überdachten Storage untergekommen wären, rechnen wir mit weniger oder max. gleich viel. Dem ist leider nicht so: Raúl rechnet mir vor, dass man in Tecate auf einem Langzeitparkplatz 7$/Tag bezahlt, er macht es billiger für uns und verlangt nur 5$/Tag verlangen. Somit liegen wir bei einem Preis von 150$ pro Monat. Da muss ich erst mal schlucken. Er merkt sofort, dass ich etwas geschockt bin und versucht es mir mit allen möglichen Argumenten zu erklären. Ich bin etwas deprimiert und meine nur, dass wir ja keine andere Wahl haben.

So sieht es dann auch Marion. Hätte alles ja noch teurer kommen können, z.B. wenn wir auf Air Canada hätten umbuchen müssen, dann hätten wir unterm Strich noch 900$ mehr verbraten. So verbuchen wir das unter Corona. Es wurmt zwar etwas, keine andere Möglichkeit nutzen zu können, aber so isses jetzt eben. Das Wichtigste ist jedoch, dass unser Fahrzeug hier wirklich gut steht!

Raúl sieht das natürlich aus seiner Sicht, und er ist es gewohnt, dass seine Kunden, hauptsächlich Amerikaner und Kanadier, die u.E. doch recht hohen Preise für einen Reiturlaub auf seiner Ranch ohne mit der Wimper zu zucken bezahlen. Verständlich, denn für einen schönen Urlaub greift jeder etwas tiefer in die Tasche. Er ist fast das ganze Jahr ausgebucht. - WIR sind allerdings nicht auf Urlaub unterwegs.

Dafür können wir wohl kostenlos stehen, wenn wir als Overlander nach unserer Rückkehr noch einige Tage auf seiner Ranch campieren und ich versuchen werde, die defekte Federhalterung zu reparieren.

Es ist schon eine Weile dunkel als wir, bewacht von der jaulenden Hundemeute, ins Haupthaus zurück gehen und die Einladung von Raúl zu einer Tequila-Verkostung wahrnehmen. Überall verteilt im Haus hat er an die 20 Petroleumlampen angezündet, was dem Pferderanch-Interieur einen schönen, romantischen Touch gibt. Wir lassen uns zwei gut eingeschenkte Stamperl Tequila Añejo munden – hmmm, wirklich lecker - und quatschen wieder weit über eine Stunde, bis wir dann doch müde werden und von den Hunden und Raúl begleitet den Heimweg antreten. Als kleines Abendessen gibt es noch ein schnelles Käsebrot mit den restlichen Oliven und dann räumen wir noch soweit auf, dass wir ins Bett kommen.

 

Übernachtungsplatz:

Freistehen auf der Ranch 'La Bellota' bei Raúl, GPS: 32.156960, -116.462410. 1200 ha große Ranch, wunderschön gelegen in einem Tal mit Flüsschen und Eichen. Steile, sehr holperige Anfahrt auf ausgewaschener Schotterpiste. Frisches Quellwasser, zum Campieren als Overlander sehr empfehlenswert. Als Stellplatz für längere Heimreise zu teuer, außer man kann nicht auf die amerikanische Seite wechseln. Kein Telcel-Empfang, nur auf einem 4 km entfernten Hügel.

 

 

 

 

 

 

Mi. 06.05.20

 

Die Nacht hier im Tal war frisch und daher sehr angenehm zum Schlafen.

Unser Taxi kommt erst heute Mittag gegen 16 Uhr. Das meiste Material liegt schon zum Verladen bereit, sodass wir es gemütlich angehen können. Nach dem Mittagessen haben wir dann auch die meisten Lebensmittel gegessen und die letzten Reste nimmt Raúl mit zu der auf der Ranch arbeitenden Familie, da er selbst genug im Kühlschrank hat und im Moment alleine ist.

Für uns gilt es nur noch die Wassertanks leeren, die Filter ausbauen und alle Leitungen leer laufen lassen, die Batterien des LKWs und im Container stromlos schalten und als letzten Akt, den Moppel mit der großen, neuen Plane abdecken und verzurren. Letzteres gestaltet sich dann doch aufwändiger als angenommen, da ein leichter Wind geht und die Plane nicht dort bleibt, wo sie sein sollte. Irgendwann ist auch das geschafft; wir haben alle Ösen mit Schnüren befestigt und alles ist abgeschlossen.

Jetzt müssen wir aber Gas geben. Es ist doch später geworden, als geplant, und wir müssen mit Raúl noch die 17 km bis zum Highway fahren, wo das Taxi auf uns wartet. Bis auf den wartenden Taxifahrer ist es nicht weiter schlimm, da wir nur bis zum AirBnB-Zimmer fahren und wir dieses jederzeit öffnen können, da der Schlüssel in einer kleinen Safebox an der Haustüre hinterlegt ist.

Als wir beim Taxi ankommen verabschieden wir uns kurz von Raúl und schon düst unser junger Taxifahrer mit hoher Geschwindigkeit, unter Missachtung aller Beschränkungen, die ca. 110 km über Tecate nach Tijuana.

Das Einchecken in unserem Zimmer erfolgt problemlos. Die Vermieterin begrüßt uns nur kurz durchs Fenster, als wir in unser Zimmer gehen. Vor dem Zimmer steht ein kleiner Gartentisch mit Stühlen, und da der Abend sehr warm ist, genießen wir es, mit den Laptops noch draußen zu sitzen. Im Haus gibt es schnelles W-LAN, das wir auch gleich zum Online-Check-in für unseren morgigen Flug nutzen. Den Flug von Mexiko-City nach Amsterdam können wir noch nicht einchecken, sondern müssen das Morgen auf dem Flughafen machen.

Um nicht den ganzen Abend im Zimmer zu sitzen und den kleinen Hunger zu befriedigen, schnappen wir unsere Schutzmasken und bummeln noch etwas durchs Viertel, holen im kleinen Oxxo-Supermarkt Getränke und im Subway ein belegtes Sandwich für jeden.

Zwei Serien bei Netflix und dann ist für heute Schluss. Hier in Tijuana ist es deutlich wärmer in der Nacht als unter den Eichen bei Raúl.

 

Übernachtungsplatz:

AirBnB in Tijuana Nähe Flughafen bei Maria José, GPS: 32.530604, -116.972116, ca. 20 €, relativ sauber, ruhig, gutes W-LAN, frisches Trinkwasser, Minitoilette mitten im Bad, empfehlenswert

 

 

 

 

 

 

 

Do. 07.05.20

 

Heute ist endlich der Tag gekommen, auf den wir in den letzten Wochen mit vielen Rebookings und Planungen hingearbeitet haben. Der morgendliche Online-Check zeigt, dass alles auf Grün steht und keine weiteren Hiobsbotschaften per Email gekommen sind. Also kann's losgehen.

Wir packen zusammen, rufen ein Ubertaxi und sind etwas mehr als zwei Stunden vor Abflug auf dem nahegelegenen Flughafen. Hier packen wir unsere Rucksäcke zur Vermeidung von Schäden durch den Transport in Schwerlastsäcke und verzurren diese mit kräftigen Schnüren. Als wir danach am Check-in bei AeroMex sind, ca. 1,5 h vor Abflug, um unser Gepäck abzugeben, meint der Mitarbeiter am Schalter, dass er uns nicht mehr mitfliegen lassen kann, weil wir einen internationalen Flug haben und deshalb zwei Stunden vorher das Gepäck abgeben müssten. - Hallo??!! Wir denken zuerst, er macht einen Scherz. Nach kurzer Schnappatmung erklären wir ihm dann, dass wir schon seit gestern eingecheckt sind und nur noch unser Gepäck abgeben wollen. In Schutzkleidung mit viel zu großen Handschuhen hackt er auf den Computer ein, wechselt ein paar Sätze mit der Kollegin am Nebenschalter, und nach ewigen, weiteren 5 Minuten, werden endlich die Banderolen für das Gepäck gedruckt.

Wir eilen von dannen, die Zeit drängt. Aber..... wir müssen anstehen, ein Formular ausfüllen zu Corona-Symptome Ja/Nein (das müssen wir dann mitnehmen), müssen mehrere lästige Temperaturmessungen über uns ergehen lassen und kommen dann trotzdem, zusammen mit anderen Reisenden, rechtzeitig und früh genug an unserem Gate an. Nach dieser Aufregung können wir dort noch gute 30 Min entspannen, bis wir zum Boarding aufgerufen werden. Der Flieger ist recht voll und wir hoffen, dass unser neuer Mundschutz etwas hilft. - Nach 3,5 h geht es schon wieder in den Landeanflug in Mexiko-City.

Wie man sich sehr leicht vorstellen kann, ist der Flughafen von Mexiko-City riiiiesig, mit keine-Ahnung wie vielen Gates. In der Gepäckhalle (bestimmt 20+ Gepäckbänder) warten wir noch mit den anderen Reisenden bis alles Gepäck ausgeladen ist, um sicher zu gehen, dass unser Gepäck wirklich durchgeroutet wurde und nicht doch noch auf dem Laufband auftaucht.

Wir befinden uns im Terminal 2 und wandern durch die Hallen auf der Suche nach dem KLM-Schalter, um dort unsere Bordtickets für den Flug nach Amsterdam abzuholen. Hier gibt es aber nur AeroMex-Schalter und niemand kann uns zuverlässig Auskunft zu KLM geben. Wir werden wieder zurückgeschickt. An der nächsten Kontrolle erläutert eine Security-Mitarbeiterin, dass wir mit dem Airtrain zum Terminal 1 fahren müssen. Also marschieren wir weiter in die nächste Halle zum Airtrain und mit diesem fahren wir mehrere Kilometer bis zum anderen Terminal. Hier müssen wir wiederum durch mehrere Hallen bis wir endlich den KLM-Schalter erblicken – endlich. Dieser ist 3,5 h vor Abflug natürlich noch nicht besetzt, soll aber demnächst jemand kommen. Außer uns warten auch schon andere Reisende vor dem Schalter; einige hoffen sogar noch auf ein Spontan-Ticket. Nach 20 Min trudelt die Mannschaft ein. Als wir an der Reihe sind, zieht der Mitarbeiter unsere Ausweise durch und verkündet nach zwei Versuchen, dass wir nicht auf der Liste stehen, sprich im Flugzeug für uns kein Platz reserviert ist. - Nochmal Hallooo??! - Zweimal am Tag ist so eine Nachricht nicht mehr lustig!

Der Mitarbeiter hinterm Tresen sucht noch eine Weile, sieht sich dann unsere eTickets auf dem Handy an, und dann löst sich das Rätsel: Klein steht neben unseren aufgelisteten Flügen, dass diese von AeroMex durchgeführt werden. Wir haben das als Hinweis auf unseren Flug von Tijuana nach Mexiko-City verstanden, da wir direkt bei KLM gebucht haben. Es stellt sich heraus, dass trotz Corona und eigentlich nur noch einem Flug pro Woche nach Amsterdam, gerade heute zwei Flugzeuge zur selben Uhrzeit nach Amsterdam starten, allerdings jeweils von Terminal 1 und 2, beide im Auftrag von KLM, aber eines davon ist eine AeroMex-Maschine (→ unsere Maschine) und deren Check-in ist am AeroMex-Schalter in Terminal 2. Da wir, wie manch andere auch, auf einem Anschlussflug aus einem anderen Teil von Mexiko in die Hauptstadt waren, wurden wir auf die AeroMex-Maschine gebucht, und daher fahren wir zusammen mit einigen anderen Betroffenen mit dem Airtrain zurück zum ursprünglichen Terminal (2), wo wir dann endlich am richtigen Schalter problemlos unsere Bordingpässe erhalten. Jetzt nochmal durch mehrere Corona-Checks und als wir an unserem Gate ankommen, fallen wir uns auf die Sitze und strecken die Beine aus, lassen uns die gekauften Sandwiches in Ruhe schmecken und verbraten die letzten Gigabytes auf der SIM-Karte mit Netflix-Filmen.

Als wir dann nach Abgabe der Visas vor der Gangway ins Flugzeug dürfen und endlich auf unseren Plätzen sitzen, sind wir uns langsam sicher, dass wir es tatsächlich nach Europa schaffen werden. Das Flugzeug ist nur zu 60% ausgelastet und auf den 3x3er-Blöcken pro Reihe sind 1 bis max. 2 Personen verteilt, sodass man einen einigermaßen guten Abstand zu den anderen Reisenden hat.

 

 

 

Fr. 08.05.20:

 

Der Flug dauert 10 h, der Großteil davon nachts. Die Filmbibliothek hat leider nur englische und spanische Filme im Angebot; dank meiner/P besser gewordenen Englischkenntnisse machbar, aber nicht so unterhaltend wie in deutsch. Viel Flugzeit wird von mir/P sowieso verschlafen, während Marion sich wie immer damit etwas schwer tut.

In Amsterdam kommt unser Gepäck unbeschädigt an. „Ärgerlicherweise“ sind wir pünktlich gelandet, hätten also den Zug nach Stuttgart um 16:49 Uhr erreicht und wären dort dann um 23 Uhr angekommen. Die letzte Info, die wir im Flugzeug bekamen, ging von einer Ankunft um 16:32 Uhr aus, was zu knapp geworden wäre. Der nächste Zug ab Schiphol, dem Amsterdamer Flughafen-Bahnhof, direkt bis Stuttgart kommt erst um 18:49 Uhr, der dort allerdings erst morgens um 4 Uhr ankommt. Deshalb fahren wir mit diesem Zug nach Utrecht, steigen dort aber um in den IC bis FFM Flughafen Fernbahnhof, wieder umsteigen und im ICE bis nach Karlsruhe, wo wir hoffentlich einigermaßen pünktlich gegen 00:30 Uhr eintreffen. Da es von dort um diese Uhrzeit kein Weiterkommen gibt, muss uns einer unserer Söhne abholen. Und dann, nach knapp anderthalb Stunden Autofahrt, sind wir zuhause. - So der Plan. Wollen wir hoffen, dass alles klappt - aber die Deutsche Bahn ist ja sehr zuverlässig.

Wir haben genug Zeit, wollen aber trotzdem schon einen etwas früheren Zug nach Utrecht nehmen, um dort genügend Zeit zum Bahnsteigwechsel zu haben. Abfahrt ist um halb 6. Weder auf unserem Reiseplan, noch auf dem Ticket ist das Abfahrtsgleis in Utrecht nach FFM angegeben, sodass wir mit dem ganzen Gepäck in die große Halle gehen und uns dort schlau machen. Nach etwas Suchen auf den aushängenden Fahrplänen und Rückfrage im Servicecenter stellt sich heraus, dass unser ICE nach FFM am gleichen Bahnsteig (#18) abfährt, wo wir angekommen sind. Warum das nicht auf dem Ticket steht, ist uns schleierhaft.

Nachdem das geklärt ist und wir immer noch viel Zeit haben, gibt es jetzt ein leckeres, knuspriges Vollkornweckle/brötchen mit Wurst und Käse, frische Zutaten aus dem Bahnhof-Supermarkt. Welch ein Genuss!

Wir konnten für einen Aufpreis von nur 12 € ein Supersparticket für die 1. Klasse bekommen und stellen nach dem Betreten des ICs fest, dass wir die einzigen Reisenden in den Waggons der 1. Klasse sind. Aber auch in der 2. Klasse ist fast nichts los. Corona Lock-Down und Reiseempfehlungen machen sich bemerkbar. Uns ist es sehr recht, so müssen wir uns auf der Fahrt keine Gedanken darüber machen.

Da wir mit der Bahn-App online in unserem Abteil selbst einchecken, kommt der Schaffner nur kurz vorbei, begrüßt uns, will aber keine Tickets sehen.

Über die App erhalten wir unterwegs diverse Meldungen über Verzögerungen unseres Anschlusszuges nach Karlsruhe, was im schlimmsten Fall eine ganze Stunde Verspätung bedeutet. Wir sind ja noch eine ganze Weile unterwegs. Vielleicht löst sich die nächsten 3 h bis FFM das Problem. Und so kommt es dann auch. Wir kommen bloß 5 Min zu spät an, müssen nur ans gegenüberliegende Gleis am selben Bahnsteig und erreichen den einfahrenden ICE problemlos.

Auch hier sind wir wieder komplett alleine im Waggon. In Köln, als der Zug hält, steht unser Abteil in Spuckweite zum Kölner Dom und, da wir auf einen anderen Zug warten müssen, können wir bei geöffneter Türe in Ruhe das mächtige, beleuchtete Bauwerk betrachten. Schööön!

Wir kommen pünktlich um 00:30 Uhr in Karlsruhe an. Alles gut gelaufen, nur unser Sohn ist nicht hier. Er ist fälschlicherweise zum Bahnhof in Karlsruhe-Durlach gefahren. Aber schon 10 Min später ist er bei uns, herzliche Begrüßung, Gepäck verstauen und im Auto auf die letzte Etappe, nach Hause.

Gegen 01:30 Uhr kommen wir in Nordstetten an, müssen aber leise sein, da unser Großer schon schläft und am Samstag arbeiten muss.

Irgendwann gehen dann auch wir ins Bett. Nach der langen Reise und den enormen Zeitverschiebungen ist das Einschlafen aber nicht ganz so einfach.

Unser erster Besuch zuhause, in Deutschland, nach mittlerweile fast genau 2 Jahren auf Reisen; Abreise nach Kanada war am 29. Mai 2018.

 

Übernachtungsplatz:

Schlafen im Flugzeug über dem Nordatlantik auf dem Flug nach Amsterdam

 

 

Hier wieder die Kartenübersicht der 91. und 92. Woche mit den gewählten Stellplätzen:

Mex_2020_Mai_1

 

 

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