So. 01.03.20
Nachts, so um 24 Uhr, wird es endlich langsam ruhiger. Die 'Party' in der Arena ist wohl aus. Jetzt können wir auch mal ins Bett zum Schlafen. Knapp sechs Stunden Schlaf, dann nimmt der Verkehr wieder zu, da heute Markttag ist. Zum Frühstück starten wir die wöchentliche, lange Videosession mit den Eltern und der Schwester/Schwager in der Heimat.
Danach machen wir uns startklar und schauen kurz bei den Nachbarn vorbei, die schon auf dem Markt und beim Frühstück gewesen sind. Isabela fühlt sich nicht so gut und wird sich erst mal ein paar Stunden ins Bett zurückziehen. Wir machen einen schnellen Rundgang über den Kirmesmarkt - hauptsächlich Klamotten, Schuhe, Werkzeug, Spielzeug und sonstiger Krimskrams. Wir kaufen eine große Tüte grüne Kakteentortadas als Chipsersatz, eine Tüte in Öl ausgebackene Schweinehaut (knusprig-kross und schmeckt ohne Dip nach Schweineschmalz) und ein Stück leckere Pizza frisch aus dem Ofen. Dann verabschieden wir uns vom Pueblo Mágico.
Bei der Fahrt raus aus dem Dorf müssen wir wieder durch die engen, rechts und links zugeparkten Einbahnstraßen fahren. Nicht lustig bei dem heutigen Sonntagschaos. Und prompt ist es auch schon passiert. Ein kurzer Moment unaufmerksam und schon habe ich einen Außenspiegel eines Autos gestreift und zerlegt. Sch......!!! Wir schauen uns kurz um – niemand kommt oder ruft. Kein Platz zum Aussteigen. Also fahren wir nur zwei Kurven weiter bis wir Platz zum Anhalten finden. Als der erste von uns verursachte Verkehrsstau vorbei ist und wir gerade zurück zum Unfallauto wollen, parkt der Besitzer des Autos, Gerardo, schon vor uns ein. Beide froh – Wir, dass wir nicht lange suchen müssen, und er, dass wir nicht abgehauen sind. Bevor wir bezüglich des kaputten Spiegels reden (er kann recht gut engl.), will er zuerst mal alles über unser tolles Fahrzeug wissen. Er besitzt hier ein Haus, stammt eigentlich aus Guadalajara. Irgendwann müssen wir dann doch über das leidige Thema sprechen. Aber er nimmt es gelassen: „Shit happens“ und man weiß ja nie für was die Begegnung gut ist. Er überlegt und meint für 50$ also 1000 Pesos würde er schon wieder einen Ersatz finden. Ich meine das wäre für Mexiko etwas zu viel und wir einigen uns auf 800 Pesos (40 Euro) Cash. Gerardo bekommt von uns noch eine Visitenkarte, macht mit uns Dreien mehrere Selfies und möchte das evtl. zuviel bezahlte Geld an uns zurücksenden. Wir lehnen dankend ab, schließlich hat er ja den Schaden und muss sich um einen neuen Spiegel kümmern. Wir sind froh, dass wir keinen größeren Schaden verursacht haben und nicht mit der mexikanischen Haftpflicht, die wir natürlich abgeschlossen haben, verhandeln müssen. So sind alle zufrieden: Er hat sicher das Doppelte bekommen, was ihn die Schadensbereinigung kosten wird, und für uns ist die Geschichte aus der Welt und erledigt. Ente jut – allet jut!
Jetzt müssen wir die fast 60km wieder zurück über den Berg nach Sayula und die Geburtstagsgeschenke für Oli und Michi aus der Messerschmiede abholen. Von oben haben wir wieder einen super weiten Blick, wie fast immer leicht trübe in der Ferne. Aber man sieht sehr gut den komplett ausgetrockneten See, der bei Google Maps Kartentyp 'Satellit' noch schön blau ist – jetzt nur noch Sandwüste.
In Sayula in der Messerschmiede kontrollieren wir die eingravierten Namen und Symbole. Prompt ist auf dem Messer, das wir für Isabela mit abholen, ein Schreibfehler. Für uns ist der Name Hans geläufig, für Isa und die Angestellten hier natürlich nicht. Und auf der Vorlage ist es tatsächlich schwer zu erkennen, ob es ein n oder m ist. Aber, alle kein Problem. Ein neues Messer wird schnell in die Werkstatt getragen (sonntags) und nach 10min korrekt und frisch graviert zurückgebracht. Wir bedanken uns herzlich für den Service, bekommen noch zwei Quittungen, falls der Zoll in Germany Fragen stellen sollte, und verlassen den Laden.
Im ganzen Dorf sind die Stromleitungen mit Tillandsien bewachsen.
Bevor wir uns Richtung zum nächsten Pueblo Mágico Matzamitla aufmachen, holt Marion noch ein paar Kleinigkeiten aus dem Supermarkt und der Moppel bekommt eine volle Ladung Diesel. Unser Weg nach Nordosten führt uns direkt am Westrand des ausgetrockneten Sees vorbei. Wir sehen einige Staubsäulen von Mexikanern, die ihre Allrad-Pickups durch den Sand peitschen. Die Kakteenfelder passen perfekt in die Landschaft und zum Klima.
Von hier aus geht es wieder hoch in die Berge, rauf und runter, an vielen kleinen versteckten Dörfern vorbei mit zum Teil schönen Friedhöfen, selten frei von Müll.
Eigentlich wollten wir nicht so weit nach Norden hoch zum Chapala-See fahren, sondern eher durchs Hinterland nach Matzamitla. Aber irgendwo verliert Marion den Überblick, nimmt dann die schnelleren Navi-Empfehlungen und, oh Wunder, plötzlich als wir über einen weiteren Bergrücken fahren sehen wir unter uns den großen See liegen.
Da wir nun schon in der Nähe des Sees sind und es schon auf 16 Uhr zugeht, fahren wir die paar Kilometer hinunter ins Städtchen Tuxcueca und dort direkt ans Wasser. Hier gibt es direkt am See eine Uferstraße, wo wir problemlos mit Topblick aufs Wasser einparken können.
Direkt in der Nachbarschaft auf einem Seegrundstück ist eine kleine Openair-Kneipe, wo wir auf eine kühle Cola mit Eis einkehren. Der freundliche Wirt bietet uns auch gleich an, falls wir wollen, heute Nacht auf seiner Wiese einzuparken. Wir überlegen noch, während wir den Ausblick genießen zu den weißen Pelikanen auf dem See und den Fischern mit ihren Handnetzen im seichten Wasser, und entscheiden, einfach an der Straße stehen zu bleiben, da wir von dort einen besseren Blick auf den See haben und nicht unmittelbar im Schallkegel der großen Lautsprecherbox der Kneipe stehen. Vermutlich werden erst spät nachts, so um 1-2 Uhr, die letzten Zecher die Kneipe verlassen. Mexican Lifestyle!
Gegen Abend will der Wirt Carne Asado (Fleisch vom Grill) zubereiten und heißt uns dazu herzlich Willkommen. Wir machen jetzt erst mal Siesta in unserem Mobil. Zwischen den Internetrecherchen zu Ersatzteilen bzw. Planungen für unseren Heimaturlaub bleibt unser Blick immer wieder für längere Zeit am See und den Vögeln hängen.
Gegen 19 Uhr machen wir uns auf und schauen beim Grill vorbei. Das dünn geschnittene Fleisch wird gerade erst aufgelegt. So haben wir noch Zeit für einen Spaziergang am Strand und auf den Promenadensteg hinaus in den See. Auf dem Weg zurück ins Dorf kommen wir an einem riesigen Feigenbaum vorbei, der über und über voll ist mit Früchten bzw. genauso viele verfaulen auf dem Boden. Die Anwohner sind redlich bemüht, das Problem in den Griff zu bekommen, was die großen Mengen Biomüll hinter der Kaimauer zeigen. Damit sind sie sicherlich noch eine ganze Weile beschäftigt.
Im Ortskern schauen wir kurz in die Kirche und bewundern an deren Eingang den schönen großen Stock Strelitzie nicolai mit den tollen weiß-violetten Blüten. Zuhause im Wintergarten haben wir auch ein Exemplar, konnten ihr aber bisher leider keine Blüte entlocken, trotz ständigem guten 'Zureden'.
Rund um den Marktplatz haben verschiedene Taco-Stände geöffnet und wir lassen uns durch die Duftschwaden anlocken. Hier bekommt man alles an Füllung, angefangen von gut gewürztem Schweine- und Rindfleisch, einem Mix an Innereien oder in Öl ausgebackene Truthahngurgel. Alles wird sehr klein gehackt, in den Tacos angerichtet und mit viel rohen Zwiebeln, frischem gehackten Koriander und verschieden scharfen Saucen, je nach Geschmack, gewürzt.
Nach je zwei leckeren Schweinefleisch-Tacos (sie sind nicht besonders groß, ca. 10cm), genehmige ich mir/P noch eine Portion mexikanische Currywurst (an beiden Enden eingeschnittene Würstchen werden zusammen mit frisch zubereiteten Kartoffelsticks in einer großen Ölpfanne ausgebacken). Marion nascht etwas bei mir, eine eigene Portion ist ihr zu viel. Als wir gerade so am Essen sind, bekommen wir die Nachricht, dass unsere Reisefreunde auch eingetroffen sind und schon beim Carne Asado in der Strandkneipe sitzen. Ist ja nur 100m weg und deshalb gesellen wir uns gleich dazu. Hunger haben wir keinen mehr, aber von dem angebotenen Nachtisch - süßer Brotauflauf - naschen wir dann doch noch etwas.
Da wir nun eine gute Grundlage im Magen haben und es schon dunkel ist, beginnen wir mit der Verkostung des „ganz besonderen“ Tequila des Kneipenwirts, den er extra für sich bei einem Kumpel in der Brennerei besorgt und separat in einer großen Wasserflasche aufbewahrt. Obwohl es ein Blanco ist, also ein nicht im Fass gelagerter Tequila, hat er ein gutes Aroma und mit max. 36% kann man/frau auch mehr als einen zu sich nehmen. Wie so oft sind wir die Attraktion, da sich nicht viele Touris hierher verirren, und mit Englisch (Fabian, Peter) und Spanisch (Isabela, Marion) und viel Gefuchtel bei typisch für Mexiko sehr lauter Musik wird es ein spaßiger Abend für alle Beteiligten. Zwischendurch wandern wir mit dem Chefe zu einem seiner vielen Kumpels, der 500m weiter unten am Strand auch eine Kneipe am Laufen hat. Dieser hat neben der Getränke- auch eine Essen-Lizenz und darf deshalb offiziell Speisen verkaufen, während in unserer Strandbar das Essen sozusagen als 'Geschenk des Hauses' zu den Getränken gereicht wird.
Gegen 23 Uhr verabschieden wir uns. Bei der Abrechnung müssen wir feststellen, dass der freundschaftlich ausgeschenkte Tequila komplett auf der Rechnung gelandet ist, die die Schwester fest im Griff hat, und zwar zu einem saftigen Preis von 80 Pesos (4 Euro) pro shot! Europäische Preise! So nivelliert sich das kostenlose Essen und die sonstigen recht günstigen Getränke wie Bier und Cola. Aber egal - es ist ein netter und geselliger Abend gewesen und deshalb wird jetzt nicht gejammert.
Ich/P habe heute Abend ausnahmsweise mal Cola getrunken und das reichlich, so dass ich um Mitternacht immer noch nicht müde bin. Liegt aber sicherlich auch an der extrem lauten Musik aus beiden Kneipen. So um 3 Uhr nachts reicht's uns dann; da macht man ja kein Auge zu! Ich gehe rüber und bitte die vier übrig gebliebenen Suffköpfe freundlich, die Musik leiser zu stellen, damit der Rest der Welt etwas schlafen kann. Die vier schauen mich ganz perplex an, drehen die Musik dann sehr leise und ich marschiere zurück ins Bett. Jetzt kann ich einigermaßen schlafen. Marion berichtete anderntags, dass die Musik wieder lauter wurde.
Übernachtungsplatz:
Freistehen an der Uferpromenade von Tuxcueca, GPS: 20.156934, -103.184840, tolle Aussicht, Kneipe in der Nachbarschaft, super Telcel-Empfang, laute Musik die ganze Nacht hindurch daher nicht empfehlenswert
Mo. 02.03.20
Auch unsere Reisefreunde haben in der Nacht unter der Beschallung gelitten. Deswegen sind wir alle heute Morgen etwas durch den Wind. Ohne viel Diskussion sind wir uns alle einig: Hier wollen wir nicht stehen bleiben, auch wenn es am See wirklich schön ist. Wir lassen den Morgen langsam anlaufen, gemütlich frühstücken, erfreuen uns am Ballett der vielen Pelikane,....
und Isabela hat sich von irgendwoher eines von drei 8 Wochen altes Ziegenjunges geschnappt und trägt es selig durch die Gegend.
Wir sitzen noch gemütlich in der Morgensonne als ein Fischer den Beifang in der Nähe des Ufers abkippt und sich die Pelikane drauf stürzen. Ein Riesenspektakel. Und als dann noch Uni (Unicornia), Fabians Hündin, von ihrem Herrchen mit „Fischi, Fischi“ angestachelt wird (Uni liebt es, Fisch zu jagen und zu fressen) und sie auch noch Richtung Pelikane stürmt, bricht das Chaos vollends los.
Gegen 11 Uhr brechen wir auf und machen uns auf den Weg zum nächsten Etappenziel. Am Straßenrand in Tuxcueca erstehen wir noch eine kleine Wassermelone und dann müssen wir uns wieder den Bergrücken hoch kämpfen, der den See umgibt. Der Blick von oben auf den großen See ist durch den Dunst etwas getrübt - der Preis für das anhaltend schöne Sommerwetter.
Am frühen Nachmittag erreichen wir das Pueblo Mágico Matzamitla, das nach Aussage der gestern Abend anwesenden Einheimischen, deutlich schöner sein soll, als das vorgestern verlassene Tapalpa. Matzamitla liegt auf 2200 Höhenmeter und hat daher auch im Sommer ein sehr angenehmes Klima. Das ideale Ausflugs- bzw. Urlaubsziel der etwas besser situierten Großstädter aus Guadalajara, der zweitgrößten Stadt Mexikos und größer als jede europäische Metropole.
Die Gassen sind sehr eng und ziemlich zugeparkt. Wir nehmen die Umgehungsstraße oberhalb des Ortes und parken dann etwas entfernt vom Ortskern im Schatten ein. Von hier aus sind es nur ein paar hundert Meter zu Fuß bis zur zentral gelegenen Kirche und dem schönen baumbewachsenen Platz davor.
Wir bummeln ein wenig, sind aber eigentlich auf der Suche nach Essen und kommen glücklicherweise auch am Marktgebäude vorbei. Gleich in der Nähe des Eingangs befindet sich eine Birriería, wo es diese leckere „Gulaschsuppe“ mit Rindfleisch bzw. Ziegenfleisch gibt. Da bestellen wir doch gleich mal Ziege und genießen die würzige Suppe mit heißen Tacos. Als die Teller schon fast leer sind, kommt die Wirtin mit der großen Schöpfkelle und gibt uns nochmal Nachschlag, leider ohne weiteres Fleisch. Aber die Suppe an sich ist schon so lecker, dass ich den zweiten Teller nicht ablehne.
Mit vollem Bauch schlendern wir weiter durchs Dorf, bis wir uns über Google-Livelocation mit den anderen Beiden zusammenfinden. Wir ziehen gemeinsam durch mehrere Straßen, essen als Nachtisch einen schokogefüllten Churro, besprechen die 'Route' für die nächsten Tage und trennen uns für heute wieder von den Beiden. Sie wollen jetzt erst mal in Ruhe essen gehen und dann Siesta machen und werden dann sehr wahrscheinlich hier im Ort übernachten. Wir möchten heute nicht schon wieder in einer Stadt übernachten, sondern den Nachmittag zur Anreise zum erloschenen Vulkan nutzen und dort einparken.
Unterwegs machen wir immer mal wieder Pause, um u.A. unsere Müllsäcke an einem großen Container am Wegesrand zu entsorgen, einen 20kg-Sack Orangen für 7,50 Euro + vollreife Ananas zu kaufen, aber auch um dem Stress der zum Teil miserablen Straße gespickt mit unzähligen der lästigen Topes entgegen zu wirken.
Je näher wir unserem Ziel kommen, bzw. in den Landkreis Uruapan fahren, verändert sich die Landschaft Richtung Monokultur. Avocadoplantagen wo man hinsieht. Nichts anderes. Uruapan ist nicht umsonst die Hauptstadt der Avocados. Die meisten LKWs bzw. Kleinlaster sind randvoll mit geernteten Früchten, der Großteil davon natürlich für den Export bestimmt.
Gegen Abend kommen wir an den Abzweig auf eine üble Schotterpiste quer durch die Plantagen bis zum erkalteten Lavastrom.
Die Lava hat in den 1940igern zwei Dörfer unter sich begraben. Die Kirche eines Dorfes schaut mit dem Mittelschiff und dem Turm mitten aus dem Lavastrom heraus und ist ein beliebtes Ausflugsziel.
Wir parken ein als es dämmert, ziemlich erschöpft von der holprigen Anfahrt, etwas außer Reichweite der Händlerbuden, mit schönem Blick auf den Kirchturm. Für die Außendusche müssen wir uns beeilen, da es schon spürbar abkühlt. Wir merken deutlich, dass wir uns wieder auf fast 2300m befinden und die Nacht angenehm frisch werden wird.
Übernachtungsplatz:
Freistehen at the Ruins del Santuario del Senior de los Milagros, GPS: 19.534044, -102.249331, extrem holprige Anfahrt durch die Avocadoplantagen, sehr ruhig, sehr viel Platz, einige wilde Hunde, schwacher Telcel-Empfang, empfehlenswert
Di. 03.03.20
Als wir gestern ankamen, legten sich gleich zwei streunende Hunde bei unserem Auto nieder, in der Hoffnung, dass etwas Essbares aus der Türe fällt, was natürlich nicht passiert. Das Blöde dabei ist, dass die zwei in Zweckgemeinschaft ihren Platz vor unserer Tür mit lautem Gebell die halbe Nacht gegenüber anderen Hunden verteidigt haben. Irgendwann sind wir dann aber doch eingeschlafen.
Als ich morgens aufwacht habe ich einen Brummschädel und leichte Verspannungen im Nacken von der holprigen Fahrt gestern. Als Lohn für die anstrengenden 180km gestern ist heute Entspannen und Kräftesammeln angesagt.
Der Tag ist wieder richtig heiß und der dumpfe Druck im Kopf verschwindet auch nicht so ganz.
Erst gegen Spätnachmittag, als die Reisefreunde eintreffen, ebenfalls recht erschlagen von der Fahrt, spazieren Marion und ich rüber zum Lavastrom und zur eingeschlossenen Kirche.
Nach etwas Kraxelei muss ich nach dem dritten Bild leider feststellen, dass der Akku leer ist und ich ausnahmsweise für den Kurzausflug die Tasche mit den Ersatzakkus nicht mit dabei habe. Fürs Zurücklaufen ist es inzwischen zu spät, da dann bei meiner Rückkehr die Sonne zu niedrig stehen würde. Also wird das große Fotoshooting auf den morgigen Ausflug verschoben.
Wir sitzen noch ein bisschen mit den Nachbarn zusammen und tratschen eine Weile mit Isabela - Fabian zieht sich sehr erschöpft schon frühzeitig ins Bett zurück.
Übernachtungsplatz:
Freistehen at the Ruins del Santuario del Senior de los Milagros, GPS: 19.534044, -102.249331, extrem holprige Anfahrt durch die Avocadoplantagen, sehr ruhig, sehr viel Platz, einige wilde Hunde, schwacher Telcel-Empfang, empfehlenswert
Mi. 04.03.20
Wir haben endlich mal wieder ohne Beschwerden geschlafen und seit die Reisehunde Basko und Uni da sind, sind auch keine Streuner mehr zu sehen. Heute machen wir nochmal einen Tag Pause. Brot und Weißbrot backen und auch mal wieder die Fahrerkanzel kippen stehen ohne Stress auf dem Plan. Der Umschalter für die Diff-Sperren verliert immer noch viel zu viel Luftdruck. Aber leider fehlt mir das richtige Werkzeug, um die Innereien komplett zu zerlegen und an die vermutlich defekte Dichtung zu kommen. Also alles wieder zusammengebaut und auf die Rückkehr im Juni verschoben, wenn ich das neue Ersatzteil mitbringe.
In den letzten Tagen hatte ich außerdem manchmal das Problem, dass die hydraulische Lenkunterstützung aussetzte, vor allem bei engen Kreisen in Schrittgeschwindigkeit. Bei der letzten Kontrolle hatte der Ölstand noch gepasst. Aber heute muss ich feststellen, dass bei laufendem Motor und gerade stehenden Reifen der Ölstand nicht an der oberen Markierung liegt, sondern etwas darunter. Ich habe einen Liter ATF im Gepäck und kann das Defizit gleich ausgleichen. Bin morgen mal gespannt, ob die kurzen Aussetzer weiter auftreten. Zudem habe ich den Verdacht, dass das Dieselhandpümpchen undicht ist. Aber nachdem ich die Einspritzpumpe und den ganzen Bereich rundherum mit viel Bremsenreiniger geputzt und getrocknet habe, erkenne ich, dass es die Mutter ist, mit der die Hochdruckleitung für den ersten Zylinder an der Einspritzpumpe befestigt ist, die undicht ist und sich nach mehreren Minuten eine kleine Träne Diesel bildet. Also mit etwas Schmackes und einem 17er-Schlüssel nachgezogen, nochmal gereinigt und jetzt bleibt es trocken, hoffentlich auch in Zukunft.
Nachdem ich mich von rechts nach links durch den Motorraum gewälzt habe, ist eine ausführliche Dusche mit viel Spezialpaste gegen den Dieselschmutz notwendig.
Den Rest des Nachmittags wird jetzt relaxed und nach der Mittagshitze wandere ich/P mit Isabela nochmal zur Kirche rüber, dieses Mal mit vollem Akku in der Kamera, um ergänzende Bilder zu gestern zu machen.
Fabian steuert vom Bett aus (hat seit Tagen Probleme mit Magen/Darm, mal mehr mal weniger) seine große Drohne, während Marion sich der Fensterreinigung widmet. Wir hatten vor Tagen die Fenster nicht komplett geschlossen, sondern einen kleinen Lüftungsspalt gelassen, wodurch natürlich viel Staub auf der Schotterpiste eindringen konnte. Das hat ihr keine Ruhe gelassen und so hat sie meine Abwesenheit zum Putzen genutzt.
Gegen Abend, als es schon wieder dämmrig wird, gibt es eines der letzten Lachsfilets aus Alaska mit Gemüse. Wir müssen ja alle leckeren Vorräte aus dem Tiefkühler wegputzen, da wir den Kühlschrank vor unseren 6 Wochen Heimaturlaub abtauen werden.
Fabian bekommt für seinen den ganzen Tag anhaltenden Durchfall von uns Salzbrezeln und Cola und, falls das nicht hilft, noch den Restbestand an Immodium akut, da wir dieses auf unserer Reise bisher nicht gebraucht haben.
Um uns mit der 'Seuche' nicht anzustecken, verzichten wir dankend auf das Spieleabendangebot und machen einen Fernsehabend aus der Konserve.
Übernachtungsplatz:
Freistehen at the Ruins del Santuario del Senior de los Milagros, GPS: 19.534044, -102.249331, extrem holprige Anfahrt durch die Avocadoplantagen, sehr ruhig, sehr viel Platz, einige wilde Hunde, schwacher Telcel-Empfang, empfehlenswert
Do. 05.03.20
Wieder ein schöner Sonnenaufgang direkt hinter der Kirche im Lavafeld!
Wir entsorgen unseren Müll in der Tonne am Toilettenhaus, verabschieden uns, räumlich etwas distanziert vom „Seuchenherd“, und besprechen kurz unsere Route der nächsten Tage. Die Fabian und Isabela müssen wegen ausgegangenem Hundefutter spätestens morgen aufbrechen und in der nächsten Stadt einkaufen gehen.
Raus fahren wir quer durchs Lavafeld, welches schon an manchen Stellen von der Natur zurückerobert wird. Mitten in dieser unwirtlichen Umgebung steht ein Klohäuschen/WC. Für wen können wir uns ehrlich gesagt nicht so richtig vorstellen – so weit ab vom Schuss. Vorbei an durch Vulkanstaub besonders fruchtbaren Feldern geht’s wiederum über einen üblen Feldweg und nach 14km kommen wir durch ein kleines Dorf, das an der Verbindungsstraße nach Süden Richtung Uruapan liegt.
Bis Uruapan sind es jetzt nur noch 40km auf angenehm guter Teerstraße und fast keinen Topes.
Da wir von Norden her kommen müssen wir gar nicht weit ins Innere der Stadt, um unser erstes Ziel zu erreichen, und zwar die 150 Jahre alte ehemalige Textilfabrik 'Fábrica San Pedro'. Schön restauriert werden heute im Erdgeschoss im ehemaligen großen Saal Konzerte und andere Veranstaltungen dargeboten, dort wo noch vor nicht allzu langer Zeit die Spinn- und Webmaschinen standen. In einem Nebenraum sind diverse Weberei-Erzeugnisse ausgestellt, die man hier auch käuflich erwerben kann. Laut Reiseführer werden diese auch hier hergestellt. Wo allerdings ist uns ein Rätsel, denn produziert wird hier ja anscheinend nicht mehr.
Im linken Teil des Gebäudes, vom Innenhof aus gesehen, findet gerade eine Ausstellung des Plastilin-Künstlers Emilio Rangel statt - „Genealogía“. Der Eintritt ist frei. Diese Ausstellung bzw. Kunst ist mal was anderes. Gleich vorne in der Halle, ganz rechts und ganz links außen, stehen kleine weibliche und männliche Figuren, die der Künstler jeweils mit einem Tier 'genetisch verschmolzen' hat. Die daraus entstandenen Chimären kreuzen sich dann wieder, entweder untereinander oder mit anderen Tieren und/oder Fantasiegeschöpfen. So setzt sich diese Vermischung im ganzen Saal fort, werden zur Mitte des Saales hin immer größer, skurriler und farbenprächtiger und enden schließlich im letzten Werk, der Verschmelzung aller hier ausgestellten Kreaturen; mindestens 4m hoch und 2m in der Breite sind darin aberwitzig viele schräge Gestalten zu entdecken. Echt beeindruckend!
Gerade als wir den Kunstsaal verlassen wollen, wird Marion auf englisch angesprochen von einem Herrn, der hier anscheinend angestellt ist. Er gibt uns gleich ein paar Informationen zur Ausstellung und zum Gebäude und auf unsere Frage, wo man denn noch eine aktive Weberei besichtigen kann, schickt er uns über eine alte, sehr baufällig wirkende Treppe an der Wand in den Keller. Dort sollen wir zwei große Säle durchqueren, zur Tür hinaus in einen kleinen Hof, wo wir dann zu den Produktionsstätten der angebotenen Stoffe kommen. Aha, jetzt wissen wir DAS auch!
Im Keller sind wir total überrascht. Die Säle, nicht restauriert und ziemlich staubig, stehen voll mit alten unterschiedlichen Textilmaschinen von 1906 bis 1910. Kämmmaschinen, Spinn- und Wickelmaschinen 10m lang …, die eine oder andere definitiv noch in Betrieb. Wir dürfen hier ganz alleine und nach Herzenslust in der Vergangenheit stöbern und sind total begeistert, alles aus der Nähe betrachten zu können - ein Museum zum Anfassen (im wahrsten Sinne des Wortes).
Bei uns zuhause (Oberschwaben) in der Nähe, auf der Schwäbischen Alb, gab es früher sehr viel Textilindustrie. Auch heute noch wird dort produziert; einige Namen sind euch sicherlich geläufig: Trigema, Schiesser, Mey, Jockey, Marcain, ... (Marion arbeitete in ihrer Jugend drei Jahre im Büro in einer Fabrik, wo derartige Maschinen hergestellt wurden. Daher das besondere Interesse.)
Nachdem wir uns 'satt gesehen' haben gelangen wir am Ende der Säle zur Türe auf den Innenhof, wo in bester 'asiatischer' Manier unter Wellblech in mehreren alten Bottichen ein älterer Mexikaner Garnbündel wäscht bzw. einfärbt und diese dann in der Sonne zum Trocknen aufhängt.
Aus den angrenzenden Räumen hören wir das uns schon bekannte Klappern der handbetriebenen Webstühle, die ebenfalls aus dem frühen letzten Jahrhundert über die Zeit erhalten geblieben und immer noch im Einsatz sind. Auch hier dürfen wir unbeschwert durch die Räume spazieren, an den einzelnen Webstühlen bei der Arbeit zuschauen und die unterschiedlichen Muster bewundern. Toll, wie in stets gleichmäßigem Takt von Händen und Füßen das Schiffchen zwischen den Fäden hindurch geschossen wird.
In einem Nebenraum ist eine Mexikanerin damit beschäftigt, das auf Räder gezogene Garn auf kleinere Rollen umzuspulen, die dann in den Webstühlen zum Einsatz kommen zum Bestücken der Schiffchen mit Garn. Alles in allem: Schwere Arbeit, hart und staubig. Den Muskelkater bzw. die Verspannungen im Rücken möchten wir uns gar nicht vorstellen. Respekt!
Wir verlassen die Weberei wieder auf dem gleichen Weg, auf dem wir hereingekommen sind, durch die alten Maschinenhallen, und begeben uns wieder hinaus ins gleißende Sonnenlicht.
Unseren Moppel haben wir in der Einbahnstraße vor dem alten Webereigebäude geparkt, nur wenige Fußschritte bis zum unteren Eingang des Nationalparks Barranca del Cupatitzio. Der Nationalpark ist die Hauptattraktion in Uruapan, das übrigens schon 1533 von einem spanischen Mönch, Juan de San Miguel, gegründet wurde. Ihm hat es hier so gut gefallen, an der Quelle des Flusses Cupatitzio, der die ganze Gegend mit Wasser versorgt, dass er den Namen der indigenen Bevölkerung, den Purépecha, übernahm: u-ru-ah-pan → „Ewiger Frühling“.
Dieser zwar nicht besonders große aber umso schönere Nationalpark wurde direkt um die Quelle und entlang des Flusses angelegt. Die Quelle bzw. das Wasser im Quelltopf ist kristallklar und entspringt im oberen Teil des Parks, ergießt sich über hunderte von Stufen, künstlich angelegten Umleitungen, Wasserfällen und -spielen, und schlängelt sich durch den tropischen Park den Berg hinunter.
Wir befinden uns gerade im unteren Teil des Parks und spazieren den schön angelegten Weg hinauf immer entlang am Wasserlauf. Dank des tropischen Klimas können wir uns an den vielen exotischen Blüten, Bäumen und den Handteller großen Schmetterlingen erfreuen, die einfach nicht stillhalten wollen und von Blüte zu Blüte fliegen.
Nach einem Drittel der Strecke ist wegen eines Baumsturzes der Weg gesperrt. Wir müssen hier aus dem Park hinaus und außen herum bis hoch zum Haupteingang. Zur Stärkung gibt es unterwegs zwei Tacos gefüllt mit Käse und getrocknetem Rindfleisch in Sauce.
Oben am Haupteingang bezahlen wir 25 Pesos (1,20€)/Pers. Eintritt. Wir gehen durch den Wald bis zum oberen Drittel des Parks, wo sich die Quelle des Flusses befindet. Ein mexikanischer Parkarbeiter weist uns darauf hin, dass wir unbedingt zum Quelltopf „Manantial La Rodilla del Diablo“ (Quelle Teufelsknie) müssen, O-Ton: „El corazón del parque“ (Das Herz des Parks), sonst würden wir das Beste verpassen. Der kleine kristallklare Quellsee erinnert an den Blautopf in Blaubeuren auf der Schwäbischen Alb.
Auf dem Rückweg entlang am Fluss entdecken wir an Bäumen einige Orchideen, leider ohne Blüten, und Plätze mit toller Aussicht auf die den Fluss umgebende Landschaft. Ungefähr in der Mitte des Parks gibt es sogar eine Forellenzucht, versorgt mit frischem Quellwasser. Die Forellen werden hier direkt verkauft, frisch herausgezogen und, wenn man möchte, vor Ort filetiert – kostet 100 Pesos/Forelle (5 €). Für Mexiko schon recht teuer, allerdings mitten in der Stadt und an einem Touri-HotSpot.
Gemeint sind hauptsächlich einheimische Touristen, also Mexikaner. Ausländische Touristen verirren sich eher selten hierher, da die Stadt in der Mordstatistik einen unrühmlichen 4. Platz belegt. Wir sehen und merken nichts davon; vielleicht ist die Polizeipräsenz etwas höher als woanders? Wir denken, es ist wie überall in Städten – Deutschland nicht ausgenommen - man sollte bei Nacht nicht in irgendwelchen dunklen Ecken unterwegs sein. Wie immer vertrauen wir darauf, dass sich die meiste Kriminalität auf die sich bekriegenden Drogenkartelle beschränkt und Touristen davon nicht betroffen sind.
Marion hat über die iOverlander-App eine Werkstatt im Nordosten der Stadt ausfindig gemacht, in der ein Traveller vor zwei Jahren an seinem Fahrzeug Schweißarbeiten durchführen ließ. Die Werkstatt wird von einem Englisch sprechenden Belgier betrieben. Der Riss bzw. das Loch in unserem Dach auf der Fahrerseite wird immer größer und bei der ganz besonderen Straßenlage hier in Mexiko, Rüttelpisten und Topes ohne Ende, haben wir schon lange den Plan gefasst, dieses Problem mexikanisch, sprich gut und günstig, beheben zu lassen.
Auf dem Weg zur Werkstatt kommen wir mitten durchs Zentrum. Eng und unheimlich viel los. Aber dank eines freundlichen Verkehrspolizisten dürfen wir für 30min am Rand der Hauptstraße parken und können so einen kurzen Schlenker durch die Arkaden machen, am kleinen Markt/Halle vorbei, rund um den zentralen Platz. Zum Schluss gibt es noch ein leckeres Eis und dann müssen wir auch schon wieder weg.
Wir fahren zu den angegebenen Koordinaten, die leider nicht ganz genau stimmen, aber nicht weit davon und wir landen schlussendlich an der richtigen Adresse. Der Chef, ein mexikanischer Belgier, lässt sich das Problem in Englisch erklären, woraufhin er seinen besten Schweißer (die Werkstatt ist spezialisiert auf Metallbearbeitung und Schweißarbeiten) die Leiter hochklettern lässt für eine erste Begutachtung. Scheint kein Problem zu sein, und auf Rückfrage, wann wir das richten lassen können, meint der Chef lapidar: Natürlich sofort. (So auf die Art: Ich verstehe die Frage nicht.)
Ich brauche noch 10min, um den Dachgepäckträger loszuschrauben und mit einer Stange soweit anzuheben, dass der Schweißer problemlos arbeiten kann. Kaum bin ich fertig, stehen auch schon zwei Mitarbeiter samt professionellem Schutzgasschweißgerät bereit und die Arbeit kann beginnen. Zuerst wird die Dachreling von der meinerseits angebrachten Dichtmasse befreit und Rost bzw. Lack entfernt während der Schweißer an der Abkantbank ein präzise passendes Metallstück aus dickerem Blech zurechtformt.
Von der Leiter wieder runter, bekommen wir alle, einschließlich der ganzen Mannschaft, ein vom Chef spendiertes frisches Limonen-Eis in die Hand gedrückt. Bei der Hitze genau das Richtige!
Während die Arbeiter zugange sind ist Marion zwischendurch kurz in den benachbarten Gemüseladen, um frisches Obst, Gemüse und Avocados zu besorgen. Fast nicht vorstellbar in der Welthauptstadt des Avocado-Anbaus: Keine Avocados im Gemüseladen! Wahrscheinlich gibt es Avocados hier nicht zu kaufen, weil sowieso jeder einen Baum im Garten hat. Kurz nachdem wir das Eis genossen haben, sehen wir einen Mitarbeiter, der mit einer Schachtel voll mit Avocados zurück in die Werkstatt kommt. Wir fragen nach, wo er diese denn her hat, da der Laden um die Ecke keine hat und wir noch welche kaufen wollen. „Braucht ihr nicht - diese Schachtel ist ein Geschenk für euch.“ Wir sind total baff über soviel Freundlichkeit und können uns gar nicht genug bedanken. - Wo findet man das heute sonst noch? Kaum, dass wir hier als Fremde angekommen sind, werden zwei Mitarbeiter abgestellt, um uns mit Eis gegen die Hitze und als weiteres Geschenk mit 12 großen Avocados zu verwöhnen. Wir lieben Mexiko! Die Gastfreundschaft der Mexikaner ist einfach phänomenal!
Zwischendurch quatsche ich mit dem Chef über eine meiner Ideen: Eine absenkbare Plattform. Kein Problem, sagt er. Er hat noch eine ausgebaute LKW-Rückwand, die umklappbar und absenkbar ist. Allerdings steht sie nicht hier auf dem Hof, sondern bei einem Kumpel, der sie aber nicht nutzen kann. Also fahre ich mit einem nur spanisch sprechenden Mitarbeiter quer durch die Stadt, um mir das Teil anzusehen. - Wir kommen an, warten längere Zeit auf den Kumpel vom Chef, der aber leider nicht auftaucht. Ich dränge zur Rückfahrt, weil es so langsam dämmrig wird und wir noch einen Stellplatz brauchen. Schnell mache ich mit dem Handy ein Bild von der LKW-Rückwand und wir fahren zurück. Hm, ich kann mir das Gesehene noch nicht so als absenkbare Plattform vorstellen, aber schauen wir mal.
Als wir wieder zurück in der Werkstatt sind, ist inzwischen ein Polizeiwagen mit vier Polizisten auf dem Hof eingetroffen. Mit Zweien davon unterhält sich der Chef angeregt. Wir kommen dazu, begrüßen alle und begutachten das Handy-Foto. Da ich natürlich keinen Meterstab dabei hatte und die LKW-Rückwand nicht ausmessen konnte, ist es schwer, weitere Entscheidungen zu treffen. Es wird beschlossen, dass bis Morgen früh so gegen 11-12 Uhr ein Mitarbeiter beide Plattformen (klein und groß) mit dem Kranwagen abholt und dann ausgemessen wird.
Der Schweißer kommt gut voran mit der Fummelei oben an der vorderen Dachecke, kommt schon zum Ende und reinigt gerade die Schweißstelle von der Schlacke und vom Ruß. Ein weiterer Mitarbeiter hat unterdessen ein Foto vom blauen Lack unserer Fahrerkabine gemacht und ist los, um in einem Farbengeschäft eine Spraydose im richtigen Farbton zu besorgen. Wir wollen die Aktion ausbremsen, denn u.E. reicht ein bisschen Rostschutzfarbe aus; der gesamte Lack der Fahrerkabine hat mittlerweile durch tief hängende Äste und Zweige ziemlich gelitten und einige Kratzer abbekommen. Der Aufwand lohnt sich doch gar nicht. Daraufhin werde ich wiederum ausgebremst: „Das muss so gemacht werden. Keine halben Sachen.“ (...oder auf gut Schwäbisch: Des g'hert so!)
Die Polizisten stehen immer noch auf dem Hof und warten wohl auf ein Teil. Wir erzählen gerade, wo wir heute Nacht bleiben wollen, nämlich im 12km weiter südlich liegenden Park bei den Wasserfällen 'Cascadas de Tzaráracua', wo der Rio Cupatitzio 30m in die Tiefe stürzt. Dort wollen wir übernachten und Morgen zum Wasserfall. Da meint ein Polizist, dass der Park um 17 Uhr schließt. Oops! Wir haben ja schon gleich 5pm und brauchen noch ein Weilchen bis wir wegkommen. - Aber auch das ist kein Problem. Ein Polizeikollege telefoniert sogleich mit dem Parkwächter und kündigt uns an. Dieser weiß jetzt Bescheid und wird auf uns warten. Perfekt!! Erneut bedanken wir uns für die wiederum tolle unkomplizierte Unterstützung. Und falls wir in der Stadt geblieben wären, hätten sie uns sicherlich auch einen sicheren Stellplatz empfohlen. Die Polizei, dein Freund und Helfer! Ganz im Gegensatz zum weitverbreiteten Ruf, korrupt zu sein und Touristen abzuzocken. - Wir wollen nichts beschönigen; das gibt es auch, definitiv. Einige Bekannte in der Reiseszene haben das in den letzten Monaten erlebt. WIR in den über zwei Monaten, die wir jetzt in Mexiko unterwegs sind, nicht.
Als die Schweißstelle gut eingesprüht und nach wenigen Minuten handtrocken ist, befestige ich wieder den Dachträger, räume auf und wir machen uns abfahrbereit. Wir fragen nach der Rechnung. Der Chef winkt ab. Meint, es kostet nichts. Wir versuchen zu widersprechen. Das ist zu viel der Gastfreundschaft und wir wollen schon etwas bezahlen. Er drückt mir die angebrochene Lackspraydose in die Hand und verabschiedet uns mit einem herzlichen „Welcome to Mexico“. Was können wir noch sagen außer DANKE DANKE DANKE. Er gibt uns eine Karte mit seinen Telefonnummern, damit wir jederzeit, wenn wir Fragen oder Probleme haben, bei ihm anrufen können. Dann verabschieden wir uns bis Morgen früh.
Jetzt müssen wir uns sputen, um nicht allzu spät zum Park zu kommen. Es wird schon dunkel. Stockdunkel ist es, als wir dort ankommen. Die Tore stehen weit auf und wir fahren hinein auf den Parkplatz. Dort steht an der Mauer schon ein kleiner Van mit kanadischen Reisenden. Wir begrüßen uns kurz und parken ein.
Zuerst mal lüften, damit die Hitze des Tages raus kann. Inzwischen kommt auch der Wächter angeschlurft. Eintritt und Übernachtung 100 Pesos. Wir wissen, dass die Übernachtung 50 Pesos und der Eintritt 2x15 Pesos kostet. Marion erklärt ihm das, woraufhin er auch mit 80 Pesos einverstanden ist. Wir geben ihm 90. Er wird die ganze Nacht Wache schieben. Zufrieden zieht er von dannen und wir unter die notwendige erfrischende Außendusche, um die Hitze des Tages loszuwerden. (Anderntags haben wir erfahren, dass das Parktor die ganze Nacht über offen geblieben ist.)
Übernachtungsplatz:
Parkplatz Cascadas de Tzaráracua, Uruapan, GPS: 19.351830, -102.072850, direkt an der Hauptroute nach Süden. Unser Stellplatz unterhalb der Straße, deshalb relativ laut, viel Platz. Eintritt 15 P/Pers, Übernachten 50P/Nacht, sehr guter Telcel-Empfang, eingeschränkt empfehlenswert wegen Straßenlärm
Fr. 06.03.20
Nach dem ausgefüllten Tag gestern und der nächtlichen Ankunft, lassen wir es heute langsam angehen. Wir nutzen das gute Netz und laden für 15 Pesos mal wieder einige Netflix-Filme und Serien fürs Offline-Heimkino herunter.
Dann geht es zurück zur Werkstatt, wieder quer durch die Stadt.
Nach einem kurzen Stopp beim Walmart, um am dortigen Banamex-ATM günstig Geld abzuheben, treffen wir so gegen 13 Uhr an der Werkstatt ein. Die Plattformen sind inzwischen mit dem Kranwagen angekommen. Allerdings ist der Chef nicht da. Mit zwei Mitarbeitern, mehreren Zollstöcken und Marions Spanisch machen wir uns ein Bild und müssen leider feststellen, dass die Plattform zu breit zum Befestigen an unserem Container ist. Auch sind wir uns nicht so sicher, ob sie die notwendige Stabilität bietet und bei halb ausgefahrenem Zustand mit zwei Motorrädern und den schweren Ersatzreifen die holprigen Straßen überlebt, die wir ja oft fahren.
Die Sekretärin ruft den Chef an. Er wird so in einer halben Stunde eintreffen. Es dauert etwas länger. Marion beantwortet geduldig auf Spanisch Fragen zu unserer Geschichte und unserem Fahrzeug von allen möglichen Leuten, die zufällig vorbeikommen.
Als der Chef eintrifft, kann er es nicht glauben, misst selbst nach und sieht es ein. Daraufhin ruft er bei zwei weiteren Kumpels an, die jedoch auch nichts Passendes rumliegen haben.
Wir diskutieren über meine Idee, unser jetziges Gestell zu nutzen, einen zusätzlichen Rahmen mit Gleitschienen dahinterzusetzen und unseren Rahmen mittels Stahlseil, zwei Umlenkrollen und einem kräftigen Seilzug beweglich zu machen. Er springt auf die Idee nicht an, meint, dass wir trotz günstiger Stundenlöhne auf umgerechnet 400-500 € kommen. Ich soll in den USA ein alte gebrauchte Hebebühne für ca. 400 € organisieren und diese für kleines Geld in Mexiko installieren lassen. Vermutlich hat er, nachdem er eingesehen hat, dass er seine eigene Plattform nicht an uns los wird, das Interesse am Projekt verloren.
Nebenbei erzählt er uns noch von seiner aktuellen Krankengeschichte. Er hatte einen Darmdurchbruch und eine entsprechend große OP-Narbe auf seinem Bauch, von oben bis unten. Vor kurzem hat er zu schwer gehoben, was eine weitere OP im Mai nach sich zieht. Wir verabschieden uns nochmal sehr herzlich, bedanken uns erneut und wünschen ihm alles Gute. Versprechen ihm, dass wir ihn weiterempfehlen. Er meint zum Abschied: “Now you have a new good friend in Mexico! Come back !!“
Schade, dass aus der Projektidee nichts geworden ist. - Als wir schon auf der Straße sind, drücken wir dem Schweißer (er hat den Verkehr für uns kurz angehalten) noch schnell 190 Pesos Trinkgeld in die Hand, für ihn und seine Kollegen.
Auf der Rückfahrt zum Park mit den Wasserfällen, machen wir einen kurzen Stopp bei einem Autozone (Autoteilehändler und Werkstattzubehör), holen dort ein paar Kleinigkeiten, und als verspätetes Mittagessen gibt es gleich nebenan eine leckere frische Pizza aus dem Ofen.
Jetzt geht's zurück zum Park, Siesta. Und wenn wir noch Lust haben runter zu den Kaskaden.
Als wir dort ankommen und ein Stückchen weiter unten, etwas weiter weg von der Straße, auf einem ebenen Platz einparken, kommt ein Parkwächter. Er erklärt uns, dass wir hier nicht stehenbleiben können, da wir die Zufahrt zu einem Wartungsweg blockieren. Marion fragt nach alternativen Stellmöglichkeiten hier im Park und er gibt uns den Tipp, ein Stück dem Pferdetrail zu folgen und dann rechts neben dem Fußballplatz einzuparken. Gesagt – getan.
Er marschiert voraus, wir fahren langsam hinterher. Es ist nicht sehr weit. Nur wenige 100 Meter. Dann, schon auf dem recht holprigen Pferdetrail, ein sehr niedrig hängendes Kabel quer über dem Weg. Da kommen wir definitiv nicht drunter durch. Doch bevor ich den Rückwärtsgang richtig eingelegt habe, holt sich der nette Parkarbeiter einen sehr langen Ast und hält das Kabel für uns hoch, sodass wir gut drunter durchfahren können. Super! Der lange Ast mit Gabel am dünneren Ende lag praktischerweise schon am Wegrand – wahrscheinlich wird er öfter mal für diesen Zweck benutzt. Nur 50m weiter liegt der betonierte Ballspielplatz; davor und dahinter großzügige Rasenflächen, wo wir uns ausbreiten können. Wir avisieren noch unsere Reisefreunde. Sie werden bei ihrer Ankunft für uns den Eintritt bzw. die Übernachtung bezahlen. Der Parkwächter kennt die Preise nicht so genau und muss zuerst nachfragen. Wir nennen ihm die gestrigen Preise, die wir ja so aus dem Internet kennen.
So, erst mal ankommen. Ein kühles alkfreies Bierchen im Schatten und die Beine ausstrecken. … Also, das wird heute nix mehr mit den Kaskaden; nach 17 Uhr gibt’s sowieso keine Pferdetouren mehr. Wird also alles auf Morgen früh verschoben. Auch gut.
Auf der Mauer an der Wiese ist ein Wasserhahn. Hier können wir unseren Schlauch anschließen und noch zweimal eine erfrischende Dusche nehmen bevor wir uns wieder ins Innere zurückziehen.
Unsere Reisefreunde haben einen Platz in der Stadt gefunden, wo sie stehenbleiben und essen gehen wollen. Wir sind etwas erstaunt auf Grund Fabians Krankengeschichte in den letzten Tagen. Aber offensichtlich geht es ihm besser, der Appetit ist wieder da und seine Gedärme scheinen wieder feste Nahrung zu vertragen. Sei ihm gegönnt. Somit sind wir mutterseelenalleine inmitten des Parks, wo die Grillen zirpen und ein paar zwitschernde Vögel eine tropische Nacht wie im Sommer in Südfrankreich zaubern.
Da wir die Pizza bzw. die Käsepizzaschnitten heute Mittag nicht komplett verputzt haben, ist noch reichlich fürs Abendessen übrig und schnell serviert.
Übernachtungsplatz:
Fußballplatz tiefer im Park, Cascadas de Tzaráracua, Uruapan, GPS: 19.352773, -102.075198, nicht mehr so laut, sehr viel Platz, etwas steile Anfahrt mit niedrig hängendem Kabel über dem Pferdetrail, Eintritt 15 P/Pers und 50P/Nacht, sehr guter Telcel-Empfang, empfehlenswert
Sa. 07.03.20
Nach dieser doch deutlich ruhiger verbrachten Nacht wollen wir heute ausgeruht zum Wasserfall. Wir wollen reiten – zum ersten Mal. Zuerst aber packen wir alles zusammen und fahren wieder hoch zum großen Parkplatz. Dort können wir Pferde chartern (mit Guide). Gerade kommt ein Trupp Reiter vorbei; mehrere etwas unsicher wirkende Touristen auf den Pferden und die Guides zu Fuß nebenher. Ich warte bis sie vorbei sind. Dann muss Marion mit dem langen Ast wieder die Leitung hochhalten, damit wir drunter durchkommen. Ein älterer Reiter, vermutlich der Chef der Pferdetruppe, wartet mit einem unbesetzten Pferd und redet mit ihr bis ich durch bin und oben eingeparkt habe.
Als ich mich auf den Weg zu den übrigen wartenden Pferde mache, kommen die beiden schon angetrabt. Marion ist, wie ich auch, noch nie geritten. Sieht man aber gar nicht, so locker reitet sie hinter dem Chef her. Der Chef pfeift einem Gehilfen, der ein geschecktes Ross bringt, das mich tragen soll. An einer kleinen Mauer wird mir der Aufstieg etwas erleichtert. Die Steigbügel sind etwas zu eng für meine Schuhe und ich finde daher nur mit leicht verdrehten Beinen Halt. Zu Anfang sitze ich etwas wackelig und verkrampft im Holzsattel. Ich dachte, dass so ein Pferd von oben höher und größer wirkt. Eingewöhnung gibt ist es nicht viel, denn schon nach wenigen Metern geht es hinab auf dem sehr steilen, steinigen und ziemlich ausgewaschenen Pferdetrail. Die Pferde sind die Strecke zwar gewöhnt, rutschen aber immer wieder auf den glatten größeren Steinen aus. Sie fangen sich schnell wieder, aber für uns Anfänger bleibt ein mulmiges Gefühl. Die Begleiter weisen uns darauf hin, nach hinten zu lehnen und uns etwas in den Steigbügeln abzustützen. Das macht es dem Pferd leichter und man sitzt etwas stabiler. Nach der Hälfte der Strecke bin ich schon so entspannt, dass ich mit der Kamera ein paar Bilder schießen kann.
Unterwegs haben wir öfters mal einen kurzen Blick auf den Wasserfall durch die Baumlücken, aber als wir unten ankommen sehen wir ihn in seiner vollen Pracht. In einem Halbkreis läuft neben dem Hauptfall das Wasser in zig kleineren Fällen, die durch Löcher in der Wand gespeist werden, an der senkrechten Felswand hinab. Marion fährt mit der kleinen Seilbahn über den Fluss und macht von dort ein paar Bilder, während ich die Brücke nehme.
Gestern waren wir oben in der Stadt im Nationalpark direkt an der Quelle des Flusses, wo kristallklares Wasser ausströmt. Nachdem das Flüsschen quer durch die gesamte Stadt und angrenzenden Siedlungen ist, sieht das Wasser aus, als würde es direkt aus einer Waschmaschine kommen, hat eine etwas milchige Farbe und müffelt. Trotz der recht warmen Temperaturen kommt bei uns nicht der Wunsch auf, uns in die Fluten zu stürzen – definitiv nicht.
Nach einer ausgiebigen Pause von mindestens einer halben Stunde, sind Pferde und Reiter genug ausgeruht und wir können uns wieder auf den Heimweg machen. Wir sind froh, die Strecke mit dem Pferd gemacht zu haben, da es doch recht weit hinunter bzw. wieder hinauf geht. Hoch wollten wir das bei der Hitze zu Fuß jetzt nicht machen!
Der Cheffe bleibt noch unten. Ein anderer Begleiter versucht beide Pferde zu führen, gibt dieses Unterfangen aber schnell auf und kümmert sich vornehmlich um das Reittier von Marion, da dieses heute wohl nicht so richtig folgen will. Somit darf ich, gleich beim zweiten Reitversuch, alleine mit meinem Gescheckten den Aufstieg bewältigen. Die Tiere kennen ihren Weg sehr gut und so muss ich mein Pferd nur ab und zu etwas bremsen, weil es liebend gerne an Marions Ross vorbei traben will. Als wir oben ankommen, sieht man den Pferden die Strapaze an und sie werden von uns kräftig gelobt.
Dieser nette Reitausflug hat uns mit Trinkgeld 370 Pesos (18,50€) gekostet! Das ist es definitiv mehr als Wert gewesen. Eine wirklich schöne erste Reiterfahrung.
Gleichzeitig ist dies sozusagen unser 'Probelauf' auf Pferden gewesen, denn in ein paar Tagen möchten wir einen längeren Ritt hoch zu den geschützten Monarchfalter-Gebieten machen. 'Probelauf' bestanden und etwas Zutrauen gewonnen, dass diese längere Tour für uns machbar ist.
Wir sind ja schon abfahrbereit und so fahren wir zügig los in östlicher Richtung zum Patzcuaro-See bzw. zum gleichnamigen Städtchen am Südende des Sees. Auf den nur ca. 50km fahren wir kontinuierlich durch endlose Avocado-Plantagen. Die Avocado-Bäume hier werden so groß wie ausgewachsene Kastanienbäume, wie wir sie von Deutschland kennen. Wie diese großen Bäume über und über voll mit Früchten abgeerntet werden, können wir leider nirgends beobachten. Wir sehen nur die vielen Lastwagen und Trucks auf der Straße voll mit Avocados. - Die Schösslinge auf dem Pickup haben noch eine ganze Weile vor sich bis sie ausgewachsen sind.
Ungefähr auf der Hälfte der Strecke bis zum See meldet sich der 'kleine' Hunger und wir machen kurzfristig einen Pausenstopp in einem kleinen Dorf, wo es mehrere Essbuden gibt. Wie immer entscheiden wir uns für die, wo auch Einheimische sitzen und essen. Der Wirt steht in einem Glaskasten mit einem größeren Holzzuber, der voll mit gegartem Schweinefleisch ist: Eine halbe Sau samt Innereien und weichgekochter Schwarte. Wir bestellen Torta nur mit Fleisch, also ein großes Baguetteweckle mit kleingehacktem Fleisch, ohne Innereien und Schwarte (so lieben und essen die Mexikaner ihre Tortas). Auch auf die sauer eingelegten Mixed Pickles mit Jalapeños verzichten wir, obwohl wir ein Schälchen auf den Tisch gestellt bekommen. Marion probiert davon und bekommt sofort Schluckauf, so scharf ist das Zeug. Ich bestelle noch eine reife Avocado dazu, die mit Salz, Pfeffer und etwas frischem Limonensaft einfach göttlich dazu schmeckt. Und weil diese so lecker ist, bestellen wir gleich noch zwei reife Avocados zum Mitnehmen. Alles zusammen incl. Cola hat dann doch die immense Summe von 135 Pesos gekostet, mit Trinkgeld umgerechnet 7,50€ ! Absolut lecker, voll und satt, und das alles für sehr kleines Geld. So macht Reisen Spaß. Und solche netten Büdchen und Minilokale sind an jeder Hausecke zu entdecken, weshalb wir auch keinen Sinn darin sehen, in einem klassischen Restaurant deutlich mehr Geld auszugeben.
Außerdem freuen sich die Verkäufer/innen immer besonders, wenn ein Tourist bei ihnen am Stand isst und zufrieden und satt von dannen zieht. Für das Bild der „Schweinerei“ wird Marion extra ins Glashaus eingeladen.
So gestärkt sind wir für die restliche Fahrt gerüstet. Wir werden am Seeufer entlang fahren, auch wenn wir hier wegen den unzähligen Topes in den Dörfern nur langsam vorankommen, aber es ist ja noch früher Mittag und nicht mehr allzu weit bis zu unserem geplanten Ziel.
Unterwegs stoppen wir noch bei einer Ruine. Das Gelände, umgeben von einer hohen Steinmauer, ist verschlossen. Laut Beschreibung gibt es nicht allzu viel zu sehen, einige Überreste und alte Steinpyramiden.
Pátzcuaro, am gleichnamigen See, ist ein Touristendorf. Von hier aus fahren Ausflugsschiffe rüber zur Insel Isla de Janitzio. Auf der kleinen, komplett zugebauten Insel, steht in der Mitte am höchsten Punkt, die 40m hohe Statue A José María Morelos y Pavón (1765-185 Priester und herausragende Führungspersönlichkeit im Kampf um die Unabhängigkeit Mexikos), und wenn man will, kann man in der Statue bis in die Hand hochsteigen und von dort auf den See rundherum blicken.
Auf dem Weg nach Pátzcuaro machen wir ein paar Bilder bevor wir hinunter zum See fahren – leider ist es sehr dunstig. Zum Baden sind die wenigsten Seen in Mexiko geeignet und dieser gehört dazu - das Wasser sieht schmutzig und braun aus.
Als wir in Tzintzuntzan (wird auch so ausgesprochen 'tsin tsun tsan' und bedeutet in der Sprache der Purépecha „Ort des Kolibri“) ankommen halten wir mitten im Dorf und machen eine kleine Pause und bummeln über den Handwerkermarkt, wo hauptsächlich für die Touristen alle möglichen Souvenirs aus Bast, Holz, Stroh, etc. angeboten werden.
Nach einem kleinen Rundgang (und Erwerb einiger Mitbringsel) fahren wir durch die engen Gassen bis hoch zu den Ruinen, der Hauptattraktion hier am See. Der Parkplatz ist so abschüssig, dass wir selbst mit den Keilen nicht ins 'Wasser' kommen. Deshalb fahren wir wieder ein Stückchen hinunter und stellen uns gleich unterhalb der Ruinen auf einem ebenen Stück an den Straßenrand. Passt! Campingstühle raus und mit einem kühlen Getränk den Blick über den See genießen.
Isabela und Fabian treffen zur Dämmerung ein. Sie haben die schnellere gut ausgebaute Straße genommen. Eigentlich wollten sie in Pátzcuaro auf dem Parkplatz am Bootsanleger stehenbleiben, aber da es Samstag ist kamen gleich schon die ersten Autos mit obligatorischer, sehr lauter Musik. Dieser Platz hier ist ein echter Gewinn. Wir stehen etwas außerhalb und oberhalb des Dorfes, die Ruinenanlage schließt um 17 Uhr und ab 19 Uhr sind wir wieder einmal mutterseelenallein.
Der Vollmond steht am Himmel und die Dörfer rund um den See sind beleuchtet, so haben wir einen traumhaften Blick in die Ferne.
Wir stehen hier auf fast 2100m Höhe und gegen Abend und in der Nacht wird es angenehm frisch, was zusätzlich zu der Ruhe einem tiefen Schlaf sehr entgegenkommt.
Übernachtungsplatz:
Freistehen bei den Ruinen Yácatas de Tzintzuntzan , GPS: 19.625792, -101.572273, reichlich Platz, sehr ruhig, toller Blick über den See, sehr guter Telcel-Empfang, sehr empfehlenswert
So. 08.03.20
Solange Marion noch im Bett liegt, sehe ich mir die Ruinen heute früh schon mit der Drohne von oben an. Dann gibt’s Frühstück und gleich danach den ausführlichen Sonntag-Skype-Chat mit der Familie. Gegen 12 Uhr tigern Isabela und Marion hoch zu den Ruinen und erkunden ausgiebig das große Areal. (Hunde sind auf dem Gelände nicht erlaubt, aber Basco, der Schlawiner, mogelt sich durch und verfolgt Isa übers ganze Gelände. Echt lustig, er versteckt sich immer wieder hinter Bäumen oder Mauern, in der Hoffnung nicht entdeckt zu werden.)
Zu der archäologischen Zone gehört auch ein kleines Museum mit schönen alten Fundstücken.
Fabian hat einen Grippe-Rückfall und mich schmerzt das rechte Knie schon die ganze Nacht und bin daher für längere Wanderungen heute nicht zu haben. Gestern beim Reiten waren die Steigbügel etwas zu klein für meine Schuhe und so hatte ich nur guten Halt mit leicht nach Innen verdrehtem Bein. Bis die beiden Damen wieder von den Ruinen zurück sind, bin ich auch nicht untätig. Ich räume auf und mache das Fahrzeug abfahrbereit, so dass wir ohne große Verzögerung starten können.
Fabian schläft schon wieder. Voraussichtlich bleiben sie noch einen weiteren Tag hier stehen, damit er sich etwas erholen kann.
Unsere erste Etappe ist kurz, nur 8km bis nach Queriga. Dieses kleine Städtchen lebt davon, dass von nah und fern Tausende Menschen auf den täglich stattfindenden Markt fahren. Vom größten Markt in weitem Umkreis haben wir mehr erwartet. Leider wird auch hier hauptsächlich der gleiche Nippes verkauft wie schon in Tzintzuntzan.
Wir bummeln durch die Straßen und machen einen Abstecher in die am Markt liegende Kirche.
Unseren Hunger stillen wir an einem der unzähligen Carnitas-Stände. Man könnte eigentlich schon von den vielen gratis angebotenen Tacos voll mit Fleisch satt werden. Nach ein paar Probierhäppchen gönne ich mir dann drei mit purem Fleisch (also ohne Innereien, Schwarte usw.) gefüllte Tacos – voll lecker. Marion ist das Essen hier zu fleischlastig und verzichtet.
Als Nachtisch gibt es ein Becherchen hausgemachten Flan. Da kann sie dann doch nicht widerstehen und genehmigt sich auch eine Portion.
Unser Plastikschuhlöffel ist gebrochen und jetzt suchen wir auf dem Markt und in den Geschäften nach einem Neuen, stabileren. Aber … Die Leute hier brauchen anscheinend keine Schuhlöffel. Wir werden nicht fündig und geben nach einer Stunde auf. Heute am Sonntag ist natürlich die Hölle los. Alle, wirklich alle sind heute unterwegs. Wir mussten ziemlich weit draußen am Ortsrand parken und einen Kilometer ins Zentrum laufen. Auf dem Rückweg zum Moppel gibt es dann noch ein leckeres Erdbeereis am Stiel, selbstgemacht aus gefrorenem Erdbeerpüree. Total lecker das Eis und es gibt Unmengen an verschiedenen Sorten.
Die restlichen knapp 50km nach Morelia zum Parkplatz in der Nähe des Planetariums bzw. des Best Western Hotels ist nicht besonders erwähnenswert. Man fährt über kleinere Berge, gespickt mit Restaurants, in die die Städter scharenweise einfallen. Die meisten bieten ein All-you-can-eat Buffet für ca. 5€ an. Da muss man sich nicht wundern, dass die Leute auch mittags um 2-3 Uhr noch Schlange stehen.
Morelia ist eine sehr große Stadt (rd. 600.000 Einwohner), erinnert uns etwas an Guadalajara, obwohl diese Stadt mehr als doppelt so groß ist mit 1,5 Mio. Einwohnern. Irgendwann haben wir es geschafft, sind durch den Sonntagsgroßstadtverkehr durch und glücklich auf dem Parkplatz gelandet. Die Beschreibung im iOverlander passt. Super! Ein sehr großer Parkplatz, mit viel Baumbestand, und es ist sehr ruhig, man hört die Stadt fast nicht. Hier werden wir wohl 1-3 Tage bleiben, Wäsche machen und verschiedene Spots in der Stadt abklappern.
Eigentlich wollten wir gleich heute Abend in die Stadt und die beleuchtete Basilika bestaunen, aber jetzt richten wir uns erst mal gemütlich ein. Zu essen haben wir auch genug an Bord, leckere Avocados, die inzwischen reif sind und zu Avocado-Salat verarbeitet werden, bevor wir uns auf die „Couch“ zurückziehen.
Leider müssen wir gegen 22 Uhr nochmal von der Couch runter, da die lokale Polizei, die für die Sicherheit auf dem Parkplatz sorgt, der Meinung ist, wir sollten zwei Plätze weiter vorne, näher an ihrer Station parken. Auch wenn sie uns versichern, dass es hier überall absolut sicher ist, wäre ihnen das lieber. Na gut, dann parken wir halt nochmal kurz um. Vom Platz her macht es keinen Unterschied. Die Jungs schreiben noch unsere Namen auf, damit sie diese Morgen an die Frühschicht weitergeben können, erklären uns noch wo die Toiletten und eine Dusche sind, und wünschen uns dann sehr freundlich eine geruhsame Nacht. Herzlich Willkommen in Morelia!
Übernachtungsplatz:
Freistehen Parkplatz beim Planetarium, Morelia , GPS: 19.683919, -101.181853, sehr großer bewachter Parkplatz, relativ ruhig, am Sicherungskasten ist eine Steckdose, Stadtwasser am Kiosk/Toilettenhäuschen, super Telcel-Empfang, sehr empfehlenswert
Mo. 09.03.20
Die Nacht war sehr ruhig und wir somit fit für einen anstrengenden Tag in der Stadt Morelia. Bevor wir losziehen, kommt die Security nochmal vorbei, um nachzufragen ob alles OK ist. Wir erkundigen uns, wo denn die nächste Wäscherei zu finden ist und, zu unserem Glück, ist die nächste in nur 300m Entfernung am Rande des Parks. Super Sache! Wir machen uns abmarschbereit und nehmen unsere drei Säckchen gleich mit zur Wäscherei. Obwohl es schon auf Mittag zugeht, wird uns zugesichert, dass heute Abend gegen 19 Uhr die Wäsche abholbereit ist. Perfekt.
Um in die Stadt zu kommen könnten wir versuchen, einen der kleinen Busse anzuhalten und zu hoffen, den Richtigen zu erwischen – die billigste Option 9 Pesos/Pers = 0,45€ - aber, ganz so einfach ist es dann halt doch nicht. UBER heißt die Lösung! Für uns als Fremde in einer Stadt echt ein Segen. Wir rufen die App auf, geben als Ziel Cathedral Morelia im Stadtzentrum ein und nach wenigen Sekunden nimmt ein Fahrer unseren Request/Anfrage entgegen und steht innerhalb nur einer Minute bei uns am Bordstein. Die Fahrt kostet uns 43 Pesos (=2,15€), wird automatisch von der Visa abgebucht, keine Preisverhandlungen, kein Cash, und wir werden in einem erst 3 Tage alten Auto ohne Stress bis zur Kathedrale gefahren und dort abgesetzt. Gleich nach der Landung fragt die App nach, wie die Fahrt gewesen ist und der Kunde, also wir, kann mit bis zu 5 Sternen bewerten. Ist man zufrieden, gibt es per Knopfdruck ein Trinkgeld. Bisher sind alle Fahrten, egal wo, super gelaufen. Und UBER ist sicherer als jedes herkömmliche Taxi, da die Fahrer als Selbstständige sehr auf gute Bewertungen angewiesen sind. Wir müssen nicht irgendwo auf ein verfügbares Taxi warten oder nach dem richtigen Bus suchen; die UBER-Fahrer holen uns genau dort ab, wo wir in der App angeben und bringen uns auch direkt vor unsere „Haustüre“ zurück.
Zuerst besuchen wir natürlich die Kathedrale, mitten im historischen Zentrum der Stadt.
Neben der Kathedrale liegt der zentrale 'Plaza de Armas', wo an der Ecke auch die Touristenpolizei ein Büdchen hat und man Infomaterial zu den Highlights in der Stadt bekommt. Morelia ist die Hauptstadt des Bundesstaates Michoacán und seit 1991 gehört die Altstadt zum UNESCO-Weltkulturerbe
Die historische Innenstadt erinnert stark an spanische Städte, ziemlich europäisch, nicht das typisch ländliche Mexiko. Es fehlen all die kleinen Büdchen, wo man was essen oder trinken kann und die fliegenden Händler, die alles im Angebot haben, was der Mexikaner so braucht und im Vorbeigehen kauft. Die steinernen Prachtbauten, Paläste und Kirchen sind toll anzusehen, aber nicht so authentisch wie die Pueblos Mágicos.
Auf unserem Stadtbummel schlendern wir nach Westen und kommen an einer Bibliothek vorbei, voll mit zum Teil wirklich sehr alten Büchern. Sie ist in einer Kapelle des Colegio de San Nicolás untergebracht und öffentlich zugänglich.
Weiter geht’s, am Palastgebäude vorbei Richtung Iglesia de Santa Rosa María und sehen dort auf der rechten Seite eine schön begrünte Ecke und viele kleine Restaurants, wo wir später was essen gehen wollen.
Aber zuerst schauen wir mal in die Kirche.
Von der Kirche aus sind es nur ein paar hundert Meter, am Theatergebäude und etwas Kunst vorbei, bis zum Artisanales/Dulce-Mercado (Markt für Handgefertigtes und Süßigkeiten).
Dieser Markt ist bekannt für das im Umland und für diese Gegend typische Handwerk. Ehrlich gesagt sieht vieles nach einheimischer Massenware aus. Aber an manchen Ständen bekommt man tatsächlich auch richtig schöne Sachen, z.B. gewebte Stoffe, Schultertücher, handbestickte Blusen und Kleider. Wir decken uns hier mit ein paar Souvenirs für die Daheimgebliebenen ein, da wir ja in 5 Wochen zu Besuch nach Hause fliegen.
Die zweite Hälfte des Marktes: Süßigkeiten, für die Morelia besonders bekannt ist (es gibt sogar ein Dulce-Museum hier in der Stadt). Alles wird mit Zucker veredelt. Angefangen beim Apfel, über Kürbis bis hin zu Zitrusfrüchten, alles was der Obstmarkt zu bieten hat. Typischerweise bekommt man all das natürlich auch noch mit Chili, damit es süß und ausreichend scharf für den Mexikaner ist. Auch hier können wir nicht ganz widerstehen und kaufen ein paar Kleinigkeiten.
Jetzt ist erst einmal Mittagspause angesagt in einem der kleinen Restaurants, die wir nicht weit um die Ecke gesehen haben. - Frisch gestärkt wandern wir zurück zur Kathedrale und von dort an der Hauptstraße entlang nach Osten. Typische Geschäftsstraße mit vielen Läden, kleineren und nur wenigen größeren. Auf der gegenüberliegenden Seite stehen einige steinerne Prachtbauten. Der Großteil davon sind Regierungsgebäude, Ministerien etc.
Wir gehen nur in einen Laden, in das sogenannte Dulce-Museum (Süßigkeitenmuseum). Dieses ist wirklich schön, wie ein 'Kinderkaufladen' mit alten Holzregalen und einer großen Theke. Es ist natürlich nicht NUR Museum, sondern ein Süßwarenladen, in dem die unterschiedlichsten Morelia-Spezialitäten in Zucker verkauft werden. Alle schön verpackt, dekorativ ausgestellt in den Regalen. Etwas teurer als auf dem Markt. In den hinteren Räumen befindet sich das eigentliche Museum, das jetzt jedoch leider geschlossen hat. Hier gibt es viele alte Gerätschaften zu sehen. Gegen Gebühr kann man eine Tour an bestimmten Tagen buchen und sich dann auch die Produktionsabläufe zeigen lassen. Das ganze Personal ist an diesen Tagen in historischer Kleidung im Museum und Laden unterwegs. Verpassen wir heute leider, ist aber nicht so schlimm. Deswegen kommen wir nicht extra noch einmal her.
Ein Blick aufs Navi zeigt, dass wir 500m von unserem nächsten Ziel, dem Aquädukt, entfernt sind. Dort macht das Bauwerk einen Knick wodurch wir einen schönen Blick sowohl auf den großen Springbrunnen, als auch auf ein langes Stück des alten Aquädukts haben (erbaut 1785).
Wir gehen auf einer Straße, nur für Fußgänger, parallel zum Aquädukt, wiederum 500m weiter, zu einer wohl besonders schönen Kirche, unserem vorerst letzten Punkt vor der dann dringend nötigen Siesta-Pause.
In der Fußgängerstraße sind rot angemalte Schuhe ausgestellt. Hier sind es 61 Paar rote Schuhe als Mahnmal für 61 ermordete Frauen. In Mexiko werden täglich 10 Frauen ermordet. 2019 waren es 3800 Frauen! Gestern war Weltfrauentag, der hier in Mexiko von Millionen Frauen dazu genutzt wurde, die Arbeit niederzulegen bzw. zu streiken, als Protest gegen die unhaltbaren Zustände gegenüber Frauen in dieser Macho-Gesellschaft hier. Für Frauen ist Mexiko eines der gefährlichsten Länder der Welt. Von uns leider unbemerkt, da wir noch auf der Anfahrt waren, fanden gestern viele Demonstrationen und Aktionen in der Stadt statt. Eine dieser Aktionen sind diese 61 Paar roten Schuhe im Gedenken an 61 getötete Frauen (hauptsächlich Damenschuhe, 'rot' wie Blut). Die mexikanische Künstlerin Elina Chauvet installierte die 'Zapatos rojos' (Rote Schuhe) zum ersten Mal in 2009 in Erinnerung an ihre Schwester, ein Opfer des Feminizides. Seither werden jedes Jahr am Weltfrauentag überall in Mexiko und inzwischen auch in vielen anderen Ländern weltweit die 'Roten Schuhe' als Mahnmal ausgestellt. Eine tolle Sache!!!
Die Fußgängerstraße verläuft unter überhängenden Bäumen. In diesen hängen viele kleine Tonlampen. Vielleicht kommen wir heute Abend nochmal hier vorbei, wenn sie in der Dunkelheit leuchten.
Unser Ziel ist jetzt schnell erreicht: Santuario de Nuestra Señora de Guadalupe. Von außen ist die Kirche nichts Besonderes. Aber im Inneren erstrahlt sie in 'barocker' Pracht, allerdings nicht wie sonst üblich mit üppigen Engeln, sondern Tausenden verschnörkelten bunten und vergoldeten Ornamenten. Inzwischen haben wir in Mexiko schon einige Kirchen besichtigt, die in der Regel jedoch eher spartanisch gestaltet sind – Kathedralen ausgenommen. Diese Kirche hier bildet schon eher eine Ausnahme und erinnert ein bisschen an den heimischen barocken Stil. Wirklich sehenswert.
Als wir die Kirche wieder verlassen, ist der Nachmittag schon weit fortgeschritten. Sollen wir nach Hause GEHEN? Wir könnten (beinahe immer) entlang am Aquädukt bis zu unserem Stellplatz spazieren. Ist aber schon 'ne ziemliche Strecke und da wir heute inzwischen schon mehrere Kilometer marschiert sind …. Wir nutzen wieder einmal den hervorragenden Uber-Dienst und lassen uns für 1,50€ zu Hause abliefern.
Bevor wir uns in die verdiente Siesta-Pause begeben, gehen wir noch kurz zu den nur 100m entfernten Orchideen-Gewächshäusern samt Ausstellung hinüber. Eintritt kostet gerade mal 0,50€, allerdings ist nur ein Gebäude geöffnet. Hier hat der Gärtner alle aktuell blühenden Arten ausgestellt. Schöööön! Wir lassen uns mal wieder von den tollen Blüten, trotz schwüler Luft, begeistern. Einige der ausgestellten Arten hatten wir selbst im Gewächshaus, deshalb kommt auch etwas Wehmut auf. Aber dieser wehmütige Moment ist schnell überstanden, denn sofort erinnern wir uns daran, das wir das Orchideen-Hobby gegen dieses wunderbare freie Leben eingetauscht haben.
Zurück am Auto holen wir die Campingstühle heraus, setzen uns in den Schatten des Baumes neben unserem Stellplatz und genießen die relative Ruhe hier auf dem riesigen Parkplatz mit vielen Bäumen und Grünfläche inmitten der Großstadt Morelia. Es ist angenehm warm; nicht so heiß wie an vergangenen Tagen der letzten Wochen.
Gegen 17 Uhr treffen dann unsere Reisefreunde Isabela und Fabian mit den Hunden ein und setzen sich gleich dazu. So entspannen wir alle etwas als Vorbereitung für unsere abendliche Tour in der Innenstadt. Die quirlige Isabela kann nicht stillsitzen und holt ein kleines Säckchen ungeöffnete Macadamia-Nüsse, die sie vorgestern auf dem Markt gekauft hatte. Der hölzerne Nussknacker beißt sich schon nach den ersten harten Nüssen die Zähne aus und segnet das Zeitliche. Also müssen jetzt der Hammer und die kleine Wasserrohrzange aus dem Werkzeugkasten herhalten. So kann sie die Nüsse gut festhalten und kräftig mit dem Hammer draufschlagen.
Zwischendurch kommt die aktuelle Schicht der Polizei, drei Mann hoch, vorbei, bietet nochmal Hilfe an, checkt gleich den Instagram/Youtube-Channel von Fabi&Isabela ab und, bevor die Herren unserer persönlichen SchuPo weiterziehen, bekommen sie noch eine Handvoll frisch gepulte Macadamia-Nüsse zum Naschen auf die Hand.
Gegen 19 Uhr holen wir den großen Packen frische, zusammengelegte Wäsche ab; bezahlen gerade mal 5,50€ dafür. Danach nehmen wir dann alle gemeinsam wieder ein Uber-Taxi und fahren in die Stadt.
Inzwischen ist es Nacht und die Kathedrale hell erleuchtet. Auch auf dem benachbarten Plaza de Armas sind die Tonlampen, die hier in der Stadt wohl überall in den Bäumen hängen, angeschalten und erzeugen ein romantisches, sommerliches Ambiente.
Wir kommen an einigen Büdchen vorbei, wo die lokale Spezialität Gazpacho verkauft wird. Gazpacho kennen wir auch aus Spanien/Portugal, eine kalte Suppe aus ungekochtem Gemüse. Hier allerdings handelt es sich um eine Mischung aus diversem kleingehacktem Obst (meistens Ananas, Mango, Melone), Gurke, evtl. Paprika, gemischt mit ebenfalls feingehacktem Mozzarella-ähnlichem Käse, serviert mit diversen Soßen + obligatorisch Chili. Sie wird meistens in großen Bechern verkauft, immer gekühlt und frisch zubereitet, und in der Sommerhitze gerne als kühler Snack gegessen. (Es gibt sie sogar als Eis-am-Stiel). Wir sind nicht so an die suspekte Lagerung des verarbeiteten Materials gewohnt und lassen lieber die Finger weg von der, wenn auch lecker aussehenden, Spezialität. Wenn nicht 'ordentlich' gebrutzelt wird, d.h. gebraten oder frittiert, und viel Umsatz gemacht wird, bezogen auf die verkauften Mengen, kaufen wir grundsätzlich nicht. So sind wir bisher problemlos durch sämtliche Temperaturzonen gekommen und haben unterschiedlichste Zubereitungsmethoden von Lebensmitteln gut überstanden. ToiToiToi. Bisher sind wir vor Montezumas Rache verschont geblieben.
Unser Hunger verlangt eher nach was Handfestem.
Wir wandern im Umkreis des Plaza de Armas durch die Straßen und Gässchen und landen schließlich wieder bei den kleinen Restaurants, wo wir zwei früher am Tag schon gegessen haben.
Wir essen eine Kleinigkeit, gehen zurück zur Kathedrale und ordern ein Uber-Taxi, das uns nach Hause bringt.
Der Tag ist lang, anstrengend und schweißtreibend gewesen, weshalb es jetzt noch schnell zur Erfrischung unter die Außendusche geht. Etwas erfrischt, aber hundemüde, schlafen wir bei inzwischen sehr angenehmen Außentemperaturen sehr gut.
Übernachtungsplatz:
Freistehen Parkplatz beim Planetarium, Morelia , GPS: 19.683919, -101.181853, sehr großer bewachter Parkplatz, relativ ruhig, am Sicherungskasten ist eine Steckdose, Stadtwasser am Kiosk/Toilettenhäuschen, super Telcel-Empfang, sehr empfehlenswert
Di. 10.03.20
Eigentlich wollten wir heute weiterfahren, können uns nach dem Frühstück aber nicht so recht aufraffen und trödeln, verbummeln die Zeit bis schließlich klar ist, dass wir nicht mehr loskommen. Marion verarbeitet die inzwischen vollreifen Avocados. Wir können gar nicht so viele auf einmal essen, auch wenn wir den nussigen, cremigen Geschmack lieben. So werden alle geschält und dann eingefroren – hat uns Isabela empfohlen.
Wir sind etwas knapp an Strom. Am gegenüberliegenden Eck des Parkplatzes ist ein Sicherungskasten mit einer nach außen verlegten Steckdose. Diese wird morgens vom Trainer einer Damengymnastikgruppe für seinen Ghettoblaster genutzt. Da unsere Verlängerungskabel vom jetzigen Stellplatz bis zur Steckdose nicht reichen, parken wir mal schnell in diese Ecke um und laden unsere Batterien.
Marion wollte gerne noch ein Museum besuchen, wenn wir schon mal in einer Stadt mit gehobenem kulturellen Angebot sind. Die Internetrecherche ergibt nichts, was sie anspricht bzw. bei manchen Ausstellungen ist nicht so ganz klar, um was genau es sich handelt. Übrig bleibt eigentlich nur noch die riesige Markthalle des Mercado Municipal Revolución – Markt ist immer gut. Unsere Nachbarn wollen auch gleich mit und danach nochmal eine Tour durch die Stadt machen, die wir ja schon erledigt haben.
Mit Uber ist die Anreise mit 2€ wieder günstig und wir sind zügig an der Markthalle, wo wir uns gleich auf die Gemüse-, Obst und Fleischvielfalt stürzen. Hier gibt es alles. Da werden Klamotten neben dem Fischstand verkauft und zwei Buden weiter werden tolle Blumenarrangements erstellt. Natürlich gibt es auch eine Tortillaproduktion, aus aufgequollenem gepresstem Mais. Wir freuen uns über das reichhaltige frische Angebot und decken uns mit Obst und Gemüse ein.
Draußen vor der Halle am Hamburguesas-Stand machen wir Mittagspause. Die Burger hier am Stand werden komplett frisch gemacht und man kann die Zutaten direkt auswählen. Meinen BigMac bekomme ich mit Käse, Speck und Doppelpaddy für 2,50€ - und total lecker! Kein Vergleich zu dem, was die üblichen 'Burgerketten' so anbieten.
Isabela&Fabian machen sich auf ins Zentrum der Stadt und wir nehmen den nächsten Uber und fahren wieder nach Hause. Den Nachmittag verbummeln wir mit Lesen vor dem Haus bzw. ich versuche zwischendurch eine Auswahl aus den tausenden von unbearbeiteten Bildern vom vergangenen November zu treffen, damit wir mal wieder was ins Tagebuch hochladen können.
Gegen Abend kommen Isabela&Fabian wieder zurück. Isabela ist ganz hibbelig. Sie hat erfahren, dass im Theatergebäude gleich nebenan heute Abend eine Ballettaufführung stattfindet und es noch Tickets an der Kasse gibt. „Lago de los cisnes” - Schwanensee! Was für die beiden Mädels. Also ziehen sich die Mädels schnell schick an und preschen los. Sie bekommen für umgerechnet 35€ super Plätze und nach 2h kommen sie total begeistert von der Vorstellung zurück. Super! Die beiden sind total im Glück. Isabela hat schöne Kindheitserinnerungen daran geknüpft und Marion wollte Schwanensee schon immer gerne mal ansehen. Und dann auch noch gleich um die Ecke, keine 300 m von unseren Fahrzeugen bis zum Theater.
Im Gegensatz zu Deutschland bzw. Europa, wo es während einer Ballettaufführung ganz ruhig und gesittet zugeht, war während dieser Aufführung – und es war das Russische Staatsballett ! - mehr oder weniger Party. Die Mexikaner:innen sehen das hier wohl nicht so eng. Ständiges Rein und Raus, Mann/Frau unterhält sich nebenher und zwar nicht im Flüsterton, und die Kurzen, die natürlich auch dabei sind, müssen ja auch betüttelt werden. Nicht ganz so das, wie Marion es sich vorstellte und gewohnt war, aber dennoch ein schönes Erlebnis und wunderbare Vorführung.
Fabian und ich hüteten inzwischen die „Häuser“. Ich habe mich an einem Videoschnittprogramm versucht, um die Drohnenvideos zu bearbeiten. Ist nicht ganz so selbsterklärend, weshalb ich nach einer Stunde aufgegeben und noch ein paar Bilder bearbeitet habe. Gerade als ich auf meinen Feierabend-Film umsteigen will, kommt Marion nach Hause. Sie muss selbstverständlich erst mal von ihrem Erlebten berichten, gibt aber relativ schnell auf, denn in mir hat sie was Ballett angeht den absoluten Banausen mit dabei. Jetzt schauen wir uns noch gemeinsam einen Film an und dann ist Bettruhe.
Übernachtungsplatz:
Freistehen Parkplatz beim Planetarium, Morelia , GPS: 19.683919, -101.181853, sehr großer bewachter Parkplatz, relativ ruhig, am Sicherungskasten ist eine Steckdose, Stadtwasser am Kiosk/Toilettenhäuschen, super Telcel-Empfang, sehr empfehlenswert
Mi. 11.03.20
Letzte Nacht war deutlich wärmer und wir hatten auch eine lästige Stechmücke im Raum. Trotz verschiedener Fangaktionen erwischten wir sie nicht, weswegen die Nacht nicht ganz so erholsam war.
Heute fahren wir wieder in die Berge, wollen zu den Schutzgebieten der Monarchfalter. Dort ist es sicherlich etwas kühler und hat weniger von den lästigen Mistviechern.
Die Frauen-Turnsportgruppe macht bei lauter Musik und lautstarken Anweisungen des Trainers 1h lang flott Gymnastik. Wir bekommen beim Frühstück fast schon ein schlechtes Gewissen.
So gegen 10:30 Uhr starten wir und verabschieden uns von den Nachbarn. Diese wollen mindestens heute noch bleiben und nochmal eine ausgiebige Tour durch die Stadt machen.
Unsere Fahrt geht auf der ersten Hälfte (ca. 80km) durch eher trockenes, landwirtschaftlich nicht so stark genutztes Gebiet. Dafür wird reichlich Holz geschlagen und verarbeitet. Mittagessen gibt es wieder in einem Durchfahrtsort, links und rechts der Straße zig Fressbuden, wo die durchfahrenden Reisenden und Brummifahrer schnelles, leckeres und sehr günstiges Essen bekommen.
Diese kegelförmigen Lagerhäuser sehen wir zum ersten Mal. Wir können uns keinen Reim darauf machen, für was diese Bauweise besonders dienlich sein soll. Sie sehen alle ungenutzt aus, als stünden sie schon lange leer. Und ein Zugang zum Gelände ist auch nicht sichtbar, dann könnten wir nachfragen. - So müssen wir leider unwissend weiterfahren. Vielleicht sehen wir unterwegs ja noch mehr von den 'eigenartigen Hütten'.
Wir kommen immer wieder an Dörfern vorbei, die sich auf die Ziegelbrennerei spezialisiert haben. Die Ziegel werden sehr kunstvoll auf die LKWs geschichtet, wie man auf dem Foto gut erkennen kann. Wenn wir uns allerdings diese dürftige 3-Strick-Sicherung für die ganze Ladung ansehen und dann noch die hiesigen Straßenverhältnisse, wundert es uns schon sehr, dass nicht überall Ziegel auf der Straße herumliegen. Wir halten respektvoll Abstand.
Die zweite Hälfte der heutigen Fahrt geht durch hügeliges bis bergiges Gelände, immer mal wieder Avocado-Plantagen und über viele Kilometer Kiefernwälder.
In einer Region sind die Kiefern übervoll mit großen Tillandsien bewachsen, aber leider nur verblühte Exemplare. Im Staat Michoacán, in dem wir uns gerade befinden, soll es über 2000 Orchideenarten geben. Gestern auf dem Markt habe ich den einen oder anderen wild gesammelten Ast mit kleinen Orchideen gesehen, aber auch diese ohne Blüten.
Zur Zeit sehen wir überall diese Bäume mit ihren blauen Blüten in voller Pracht blühen: Jacaranda (gehören zur Familie der Trompetenbaumgewächse). Voll mit ihren blauen Blüten stechen die recht großen Bäume aus der ganzen Umgebung heraus. Wirklich toll!
Hmmmmm, schon wieder ein Melonenhändler. Jedes Mal, wenn wir an so einem Melonenhändler vorbeikommen bin ich/P stark versucht eine zu kaufen, werde dann aber von Marion gleich in die Realität zurückgeholt - Platzprobleme.
Dass VW schon sehr lange in Mexiko produziert und einen entsprechenden Marktanteil besitzt, ist unverkennbar, auch wenn die einzelnen VW-Exemplare oft nur noch rudimentär zusammengesetzt sind. Manchmal wundert man sich, dass sie überhaupt noch fahren.
Als wir in Zitácuaro auf etwas mehr als 2000 Höhenmeter ankommen, sind wir über die Größe der Stadt überrascht – ca. 80.000 Einwohner. Das Klima hier ist wieder deutlich angenehmer und rundherum ist es grün und alles blüht. Also durchaus verständlich, warum auch die Einheimischen die Höhenlagen bevorzugen.
Jetzt sind es nur noch knapp 20 km bis ins bergige Hinterland zu den Hängen des Cerro Pelón, wo sich, ausgehend von den beiden Dörfern Macheros und El Culin, eines der drei großen und bedeutenden Überwinterungsgebiete der Monarchfalter hoch oben im Wald befindet. Auf der Fahrt Richtung Mexiko-City kommen wir noch an weiteren kleineren solcher Gebiete vorbei, die jedoch eher lokal bekannt sind und touristisch nicht so frequentiert werden.
Das Faszinierende an den Monarchfaltern ist, dass sie eine Wanderung über mehrere tausend Kilometer vollziehen. Wir hatten sie überall in Kanada, sogar im Yukon, angetroffen. Allerdings ist die Generation, die in Kanada ankommt nicht diejenige, die in Mexiko losgeflogen ist. Bei diesen Schmetterlingen ist diese Wanderung über mehrere Generationen genetisch verankert, so dass immer 3-4 Generationen später die Nachkommen wieder im kleinen, nur wenige Hektar großen Zielgebiet in Mexiko ankommen. Warum gerade hier und warum Millionen dieser Falter sich an so wenige Bäume setzen, so dass von den Baumstämmen nichts mehr zu sehen ist, ist bis heute noch nicht geklärt. Wir haben natürlich im Internet bereits viele Bilder gesehen und sind schon ganz aufgeregt.
Als wir in dem Bergdorf Macheros ankommen, von wo aus man entweder zu Fuß oder auf dem Pferderücken die vielen hundert Höhenmeter hoch in den Wald bewältigt, sind das Sanctuary-Büro und die davor liegende Campingwiese geschlossen. Marion spricht einen im Garten stehenden Mexikaner an, der uns erklärt, dass das Büro Morgen wieder ab 8 Uhr geöffnet hat und man dort den Eintritt bezahlt, Führer und Ausritt sind im Eintrittspreis nicht enthalten. Diese werden mit dem jeweiligen „Anbieter“ separat verhandelt. Er nennt uns gleich die uns schon bekannten Preise: Je 250 Peso/Person für das Pferd und weitere 250 Pesos für den Guide, sowie 50 Peso/Person Eintritt ins Schutzgebiet. Wir dürfen, wenn wir möchten, gerne auf der Straße vor seinem Haus einparken, und mit einem Zwinkern meint er, dass wir Morgen noch einmal mit ihm sprechen sollen. Er macht uns dann einen 'Spezialpreis'. Mitte Maerz ist im Schutzgebiet nicht mehr so viel los. Außerdem ist dieses Gebiet hier das am wenigsten besuchte, obwohl es das am schönsten Erhaltene sein soll. Ein Geheimtipp. Die meisten Touristen und Reisebusse fahren nach El Rosario, das bekannteste Monarchfalter-Schutzgebiet. Dort soll die Landschaft allerdings sehr gelitten haben wegen starker Abholzung und nicht mehr so schön sein. Jedoch wurde die Gegend dort in den letzten Jahrzehnten touristisch voll ausgebaut. Wir wollen möglichst eine unveränderte Natur erleben und haben deshalb diese Ecke am Berg ausgesucht.
Als wir noch eine kleine Ortsrunde drehen – wir parken nur ungern direkt am Straßenrand -, kommen wir etwas weiter unten im Dorf an einer ebenen Wiese und Basketballfeld vorbei gleich neben einer kleinen Schule. Sieht alles nicht sehr genutzt aus und als Marion die Nachbarin bzw. diese einen weiteren Nachbarn fragt, sind beide der Meinung, dass wir ohne Probleme für 1-2 Nächte auf der Wiese stehen können, da zur Zeit wohl keine Schule ist. Warum keine Schule ist, haben wir nicht verstanden – Ferien sind keine. Egal, super Platz. Wir parken ein und stehen somit mitten im Dorf, aber trotzdem rundherum etwas geschützt.
Marion schnappt sich gleich ihr Buch und nutzt den Rest der Nachmittagssonne aus, während ich endlich mal das defekte Positionslicht an der Fahrerkabine auf der Fahrerseite austausche. Dauert etwas, bis ich die neuen Steckverbindungen passend installiert habe, zwischendurch noch eine Sicherung ausgewechselt und alles wieder fest verschraubt und mit etwas Dichtmasse gesichert ist. Dann setze ich mich auch noch dazu bis die Sonne weg ist und wir uns hungrig nach innen verziehen. Marion kocht Tomatensauce mit 'Wienerle' ähnlichen Würstchen und Nudeln zum Abendessen. Sind heute wieder fast 5 Stunden Fahrt für die 170km durch bergiges Gelände gewesen; das macht hungrig.
Bis auf mehrere bellende Hunde ist es sehr ruhig und friedlich im Dorf. Wir hoffen, die sind irgendwann heiser oder geben auf.
Die Polizei fährt auch zweimal vorbei, schaut aber nur kurz herüber, hält nicht mal an. Scheint also OK zu sein, dass wir hier stehen und nächtigen.
Übernachtungsplatz:
Freistehen Schulwiese, Macheros , GPS: 19.363420, -100.290694, bis auf einige bellende Hunde sehr ruhig, sehr nah am Startplatz für den Aufritt bzw. dem Eingang zum Schutzgebiet, schwacher Telcel-Empfang, empfehlenswert
Do. 12.03.20
Die Nacht war angenehm kühl und keine Moskitos im Raum. So hätten wir denn angenehm schlafen können, wenn nicht … Und jetzt geht’s los, das CORONA bzw. COVID-19 Drama.
Bisher haben wir hier in Mexiko noch keinerlei Einschränkungen gehabt und auch aus den USA haben wir bis heute noch nichts Alarmierendes gehört. Wir halten uns über die Tagesschau-App immer auf dem laufenden. Aber kurz vor Mitternacht haben wir über WhatsApp die Info erhalten, dass Trump die USA für Europäer geschlossen hat und daher alle Flüge gecancelled werden. Wann das wieder aufgehoben wird ist noch offen, da in Deutschland und Europa die Infektionsrate gerade erst am Steigen ist.
Aus die Maus! Unser geplanter Heimaturlaub, 6 Wochen im April/Mai, und alle damit verbundenen Aktionen bzw. Termine lösen sich gerade in Luft auf.
Wir haben jetzt verschiedene Optionen: Von Mexiko aus versuchen, einen Flug zu bekommen, und dann evtl. in der Quarantäne in Deutschland festsitzen. Oder evtl. über Kanada – geht das denn überhaupt noch? Oder doch erst in 1-2 Monaten nach Hause fliegen, wenn hoffentlich das Schlimmste vorbei ist und die Grenzen hoffentlich wieder auf sind. Ein Knackpunkt ist allerdings, dass mein/P Reisepass im Juli abläuft und aus Mexiko müssen wir spätestens am 22. Juni 2020 wieder raus; bis dahin gilt unser Visum. Sollten die Grenzen DANN immer noch geschlossen sein, müssen wir mit dem Deutschen Konsulat in Mexiko-City eine Lösung finden. Aber so lange wollen wir eigentlich gar nicht hier bleiben, da die Temperaturen ab Mai unerträglich werden – bis zu 50°C. Den Sommer möchten wir entweder in Deutschland verbringen oder in den Rocky Mountains in den USA. Mal sehen, wie sich das Ganze die nächsten Tage entwickelt. All diese Überlegungen und Gedankenspiele halten uns natürlich wach und schlafen können wir diese Nacht beide nicht richtig.
Etwas gerädert stehen wir trotzdem recht früh auf und sind schon gegen 9 Uhr auf dem Weg zum Büro, um den Eintritt fürs Monarchfalter-Schutzgebiet (Reserva de la Biosfera Mariposa Monarca) zu bezahlen. Zwei Reiter haben uns gesehen und stehen bereit als wir ankommen. Nur das Tor bzw. Büro ist noch geschlossen. Einer reitet kurz ins Dorf zurück und wenig später kommt die zuständige Dame angewackelt. Die Saison geht dem Ende zu und wir sind heute anscheinend die einzigen Touristen. Wir bezahlen alles zusammen 850 Pesos (42,50€), für Eintritt, einen Führer und zwei Pferde. Der Nachbar, der gestern mit uns sprach, ist leider nirgends zu sehen. Der Preis ist fix und lässt sich nicht verhandeln.
Wir holen uns mehr Informationen zu den Schmetterlingen bei der Dame im Büro und erfahren von ihr, dass die Schmetterlinge schon auf der Abreise sind, es von Tag zu Tag weniger im Schutzgebiet werden. Es gibt wohl noch genügend zu sehen, aber wir werden nicht mehr in den Genuss kommen, dass die Bäume übervoll mit Schmetterlingen hängen. Wir überlegen nur kurz und entscheiden dann hoch zu reiten, wo wir doch schon hier sind.
Nach dem Bezahlen besteigen wir die Pferde und unser schon etwas älterer Guide marschiert mit den Pferden an der Leine zügig los. Respekt! Wie er mit seinen ausgelatschten Ledercowboystiefeln den steilen steinigen Hang hoch marschiert, ohne Pause, immerhin um die 500 Höhenmeter - bewundernswert. Die Pferde mit uns auf dem Rücken haben in dem einstündigen Aufstieg reichlich zu arbeiten und wir staunen nicht schlecht, wie sie die übelsten Passagen meistern, an denen wir zu Fuß Schwierigkeiten hätten. Dementsprechend rüttelt und schüttelt es uns durch, wie bei einem Rodeo.
Nach ca. 1 h kommen wir oben an. Von hier gehen wir zu Fuß weitere ca. 15 min den Berg hoch, während die Pferde unten stehenbleiben und sich ausruhen.
Zuerst sehen wir nur vereinzelte Falter herumsegeln, aber je weiter wir hochkommen desto mehr werden es. Auch auf dem Boden liegen unzählige Flattermänner, viele tot und manche zappeln noch, sind total erschöpft, oft noch in der Paarungsflugklammerung.
Noch ein Stückchen weiter oben gibt es dann ein flacheres Wegstück. Hier halten wir. In den Lichtungen und beim Blick zwischen die Baumstämme nach unten sehen wir unzählige Schmetterlinge in der Luft segeln. Gegen den Himmel sind es leider nur kleine schwarze Punkte. Obwohl wir wirklich viele Falter sehen, haben wir es uns doch noch imposanter vorgestellt. So verbringen wir eine halbe Stunde und beobachten den Himmel. Unser Guide hat sich am Wegesrand niedergelegt und blickt entspannt nach oben. Er weiß, dass dies noch nicht alles gewesen ist. Also machen wir es ihm nach und warten.
Zwischendurch dunkeln immer mal wieder Wolken die Sonne ab, und wenn sie dann wieder durchbricht beginnen die Monarchfalter wieder mit ihrem Tanz in der Luft. Viele können wir beobachten wie sie sich im Flug vereinigen und zur Erde hinabtorkeln, um dort die Begattung zu Ende zu führen.
Je weiter es auf High Noon zugeht, desto zahlreicher steigen die Tiere bei Sonnenschein aus den Bäumen auf.
Auf einmal, wie auf ein geheimes Zeichen, steigen ganze Wolken aus den hohen Wipfeln der Kiefern auf und senken sich bis zu uns und den uns umgebende blühende Büsche herab. Plötzlich stehen wir in einer Falterwolke. Wir können deutlich den Flügelschlag von zigtausend Schmetterlingen hören. Zwar haben wir sie nicht dicht an dicht am Baumstamm sitzen sehen, aber in einer riesigen Wolke abertausende Falter zu stehen ist der Hammer! Wir kommen aus dem Staunen nicht raus. Versuchen viele, viele Bilder zu schießen, in der Hoffnung, dass wenigstens eine Handvoll dieses hektische Falter-Treiben einfangen kann.
Viele hundert landen um uns herum auf den Büschen und ruhen sich für den nächsten Flug aus. Überall flattert es.
Als sich dann wieder ein große Wolke vor die Sonne schiebt, landen alle wieder auf den Bäumen und der Himmel ist wieder leer.
Eigentlich wäre es jetzt an der Zeit, den Rückweg anzutreten, aber wir können uns noch nicht trennen und warten gespannt, bis sich die Sonne wieder zeigt. Diese lässt sich Zeit und nach 'ewigen' 10min, wir wollen schon aufgeben, bemerken wir, dass wieder mehr Schmetterlinge in der Luft sind. Schon bricht die Sonne wieder durch und das Schauspiel geht von vorne los. Riesige Falter-Schwärme erheben sich aus den Baumwipfeln und lassen sich auch wieder zu uns herabsinken. So schöööön! Wir kosten den berauschenden Anblick nochmal voll aus.
Die nächste Wolke ist sehr groß und wir bemerken, dass der Guide jetzt auch aufbrechen will. Sehr zufrieden besteigen wir nach dem kleineren Abstieg wieder die Pferde.
Unterwegs kommen wir an mehreren Horsten gelber Dolden vorbei, die wie Pilze aus dem Boden brechen. Ich mir nicht sicher, ob es sich hier um eine Erdorchidee handelt. Ich halte kurz an und mache ein paar Bilder vom Ross aus, und bevor ich Stopp rufen kann, rupft der Guide einen Stängel aus und reicht ihn mir hoch. Ich werde im Internet recherchieren, was das für eine Pflanze ist, denn der Aufbau der sehr kleinen Blüten spricht gegen eine Orchidee.
Eine Orchidee sehen wir ein paar hundert Meter weiter an einem Baumstamm zum ersten Mal. Auf dem weiteren Weg nach unten entdeckcen wir noch viele blühende Pflanzen der gleichen Art. Auch hier muss ich noch nachschauen, um was genau es sich handelt. Beim unserem Ritt den Berg hoch, sind sie uns gar nicht aufgefallen. Eigentlich sollten wir die Strecke langsam hinunterlaufen, dann würden wir sicher noch viele andere Pflanzen entdecken.
Es geht steil nach unten und das Herz bleibt immer einen kurzen Augenblick stehen, wenn der Gaul rutscht oder aus unserer Sicht vom Pferderücken aus etwas zu nah am links steil abfallenden Berghang entlang schlittert. Die Steigbügel sind heute zwar etwas besser eingestellt, aber im Ernstfall, da bin ich mir sicher, würde ich nicht schnell genug raus kommen bzw. absteigen können. Aber die Pferde machen das ja täglich mindestens einmal und von irgendwelchen Unfällen haben wir auch nichts gehört. Also, etwas 'Gottvertrauen' bitte!
Als wir unten am Startplatz wieder heil angekommen sind, bekommt unser Guide noch ein Trinkgeld. Dann wackeln wir etwas unsicher auf unseren eigenen Beinen zum Moppel zurück.
Inzwischen haben wir einen Bärenhunger und so gibt es gleich nochmal eine gute Portion Nudeln mit der gestern gemachten Tomatensauce mit Würstcheneinlage.
Wir ruhen uns nach dem Essen noch eine gute Stunde aus und machen uns nach dem Aufräumen wieder von der Schulwiese. 28km weiter, in Donata Guerra, gibt es einen kleinen See bzw. Weiher, an dem wir übernachten wollen. Wir hoffen dort nicht mitten im Dorf zu stehen, sondern etwas Ungestörtheit zu haben. Beschweren können wir uns nicht, der Platz hier ist toll und es hat uns niemand gestört, aber halt doch mitten im Dorf.
Mit einem letzten Blick hoch zu den Berghängen verabschieden wir uns und fahren die paar Kilometer runter zur Hauptverkehrsstraße. Nach ca. 10km kommen wir am nächsten Monarchfalter-Schutzgebiet bzw. Visitor-Center vorbei, von wo man aus zu einer anderen Beobachtungsstelle in den Bergen reiten kann. Aber auch hier alles geschlossen. Jetzt, am Ende der Monarchfalter-Saison, ist es wahrscheinlich nur noch auf Anfrage möglich, zu den Schmetterlingen zu reiten.
Die Straße bis nach Donata Guerra ist hundsmiserabel und voller Löcher, dass man sich fragt, warum hier zusätzlich noch Topes verbaut wurden.
Als wir dort ankommen, kaufen wir 4 Weckle/Brötchen am Straßenrand und müssen uns dann wegen einer Baustelle einen Weg durch die schmalen Gassen des Dorfes suchen, müssen aufpassen, dass wir nicht an der einen oder anderen Dachecke streifen. Vom Ortsrand geht es noch 2km steil auf einer guten aber schmalen Betonstraße hoch bis zum Weiher. Hier wurde mittels Damm ein Bach aufgestaut. Ein paar Einheimische sind beim Angeln, demnach sind hier wohl Fische eingesetzt worden. Direkt am Weiher gibt es eine ebene, trockene, zum Teil sandige Wiese, wo wir gut Einparken können. Wie so oft ist das Ufer ziemlich vermüllt. Am Wochenende ist das sicher kein ruhiger Platz, aber für heute Abend denken wir, dass es ruhig bleibt.
Nach dieser Rumpelfahrt wird erst mal Siesta gemacht, bevor wir uns dann den Schweiß und Staub vom Ausritt zu den Monarchfaltern mittels erfrischender Außendusche abwaschen.
Übernachtungsplatz:
Freistehen an kleinem Weiher, Donata Guerra , GPS: 19.305243, -100.121641, großer Platz, etwas schmutzig – wie so oft, sehr ruhig, fast kein Telcel-Empfang obwohl 4G mit 3 Strichen angezeigt wird. Wegen der nicht ganz einfachen Anfahrt nur bedingt empfehlenswert.
Fr. 13.03.20
Eigentlich ein schönes Plätzchen, bis auf den Müll rundherum, aber daran haben wir uns in Mexiko inzwischen etwas gewöhnt. Man könnte wieder einen Tag stehen bleiben. Leider ist das Internet hier so schlecht bzw. funktioniert trotz 4G nicht, dass wir weiterziehen werden. Wegen der COVID-19-Wie-geht's-weiter-Situation sind wir etwas angespannt und wollen uns auf dem laufenden halten.
Zuerst geht es auf der steilen Betonstraße wieder hinunter ins Dorf, vorbei an blühenden Büschen und Avocadobäumen voller Früchte. Im Dorf wieder durch die engen Gassen wegen der Baustelle und wieder raus Richtung Mexiko City – unser grobes Ziel heute.
Schon nach wenigen Kilometern und einigen Steigungen kommen wir an eine Kreuzung, wo die Route auf einer Mautstraße nordwärts über die Stadt Toluca führt oder südwärts Richtung Pueblo Mágico Valle del Bravo. Wir sind ja nicht auf der Flucht, deshalb wählen wir den Weg nach Süden und steigen über endlose Serpentinen durch Waldgebiet fast 1000 Höhenmeter ab und sehen schon von weitem den großen See, an dem das tolle Dorf liegt. Als wir unten ankommen, fahren wir zuerst in die vom Dorf entgegengesetzte Richtung am See entlang, da wir auf ein ruhiges kleines Straßenbüdchen zum Mittagessen hoffen. Das war leider nichts! Nach 5km drehen wir wieder um und fahren nun doch ins Pueblo Mágico.
Valle del Bravo am See Avándaro ist ein ans steile Seeufer gepflastertes Dörfchen mit engen Straßen und Gässchen, nahezu unmöglich zu parken. Der See mit seinen Dörfern erinnert stark an die Ostseite des Lago Maggiore mit seinen engen Dörfern. So fahren wir auf der 'See'straße durchs Dorf bzw. dran vorbei, sehen nicht viel davon, und erklimmen danach wieder die knapp 1000 Höhenmeter wieder Richtung Mexiko-City. Immer noch hungrig, kommen wir 10 km weiter durch eine Ortschaft, wo es am Straßenrand wieder mehrere kleine Restaurants/Taco-Stände mit unterschiedlichem Angebot für die Durchreisenden gibt. Wir wählen heute mal einen Grill aus und bestellen Sparerips, ein plattgedrücktes, rundum gegrilltes Hähnchen mit Kartoffeln und etwas zu trinken. Die Portion ist so reichlich, dass der Ranzen gehörig spannt, und mit 250 Pesos (12,50€) kommen wir wie immer günstig davon.
Wir hatten gehofft, kurzfristig evtl. einen schönen Platz für eine Nacht am See zu finden. Hat nicht geklappt. Und so steuern wir nun halt doch die Mega-Metropole an - CDMX.
Die Strecke ist echt anstrengend. Die nächsten 100 km geht’s ständig bergauf und bergab auf gefühlten 1000 Serpentinen. Wir befinden uns jetzt immer auf über 2000 Höhenmetern. Wenn's also hoch geht, geht’s auf 2900 bis 3200 m. Das schlaucht nicht nur unseren Moppel.
Auf der halben Strecke von Valle del Bravo nach Toluca kommen wir auf einer Höhe von ca. 2800 m an einem Parkplatz vorbei, wo wieder viele Pferde und Führer auf Kunden warten. Hier ist ein weiteres Monarchfalter-Überwinterungsgebiet, das in den gängigen Reiseführern jedoch nicht genannt wird. Auf Nachfrage liegt der Preis für den Ritt bei fast 200 Pesos mehr als wir bezahlt haben. Da der Himmel dunkelgrau ist und keine Sonne zu sehen ist, entscheiden wir uns gegen einen weiteren Ritt zu den Faltern. Außerdem müssten wir uns danach in der Nähe einen Übernachtungsplatz suchen. Wir schauen uns auf den nächsten Kilometern nach einem geeigneten Platz um, um evtl. Morgen, falls das Wetter besser ist, die Tour doch noch zu machen. Auch auf den folgenden Kilometern geht es immer wieder sehr steil runter ins Tal und kurz danach wieder hoch, ohne dass wir ein geeignetes Plätzchen entdeckt haben. Also fahren wir halt weiter Richtung Mexiko-City. Da wir nächsten Winter wieder in Mexiko unterwegs sein wollen, werden wir dann versuchen, etwas früher in diese Gegend zu kommen, in der Hauptzeit, wenn die Monarchfalter noch überwintern.
Wir erreichen die Stadt Toluca, die wir schnell und auf direktestem Wege durchqueren wollen. Am Ausgang der Stadt entdecken wir eine Pemex-Tankstelle, die Diesel für den Superpreis von 19,15 Peso/L (wegen aktuell super Peso-Kurs von fast 24 Pesos/€ = 0,80€/L) im Angebot hat. Da überlegen wir nicht lange und machen gleich beide Haupttanks voll, lassen 530L reinlaufen. Das ist wirklich ein Superschnäppchen gewesen und verglichen mit den Diesel-Preisen, die wir bisher in Mexiko hatten, haben wir gute 50 Euro gespart. Das freut unsere Schwabenherzen!
Die restlichen Kilometer bis zum Ziel, ein Parkplatz im Bosque de Chapultepec in CDMX (Ciudad Mexico), fahren wir durch endlose Außenbezirke der Mega-Metropole Mexiko-City. Wir sind erstaunt, wie viele Spaghetti-Autobahnen es hier schon gibt und kreuz und quer gerade im Entstehen sind. Auch hier ist es noch ziemlich hügelig und waldig, weswegen wahrscheinlich viele Menschen aus dem 21,6 Millionen Einwohner Moloch (der Stadtkern hat ca. 8,85 Mio. - größer als NYC) am Wochenende über die Autobahnen hier heraus fahren und eines der vielen hundert miteinander konkurrierenden Lokale direkt an der Autobahn besuchen. Man muss wohl in der Smogverseuchten Großstadt wohnen, um das nachvollziehen zu können. Um es vorwegzunehmen, solange wir in der Stadt gewesen sind, haben wir keine Smog-Probleme gehabt, liegt vielleicht an der Jahreszeit und dem aktuellen Wetter.
Man bemerke die hiesige VW-Werbung: Hier ist das Wort Auto Haus mit einem Copyright versehen.
Es beginnt schon zu dämmern als wir durch den immer stärker werdenden Verkehr dann endlich bei dem riesigen Park im Südwesten von Mexiko-City ankommen. Wir drehen 1-2 Extrarunden, da uns das Navi im Einbahnstraßengewirr des Parks verlässt, aber schlussendlich finden wir die richtige Einfahrt für den Platz, auf dem man auch mit einem Womo stehen kann. 24h kosten 160 Pesos – ganz schön happig. Laut iOverlander sind es nur 80 Pesos (hängt von der Größe ab, unser Dicker zählt als Bus). Da es aber einer der wenigen, sicheren Plätze in der ganzen Stadt ist, investieren wir das. Fies ist nur, dass ab nachts 24 Uhr gerechnet wird. Der nächste 160 Peso-Tag beginnt also schon in wenigen Stunden. So isses halt.
Der Parkplatz hat ein leichtes Gefälle. Wir parken am oberen Rand ein, wo bereits 3 weitere Camper stehen und dann ist es auch schon dunkel. Der Halogenstrahler bei uns in der Nähe ist glücklicherweise defekt und wir brauchen für die Nacht keine Gefechtsverdunklung, um besser schlafen zu können. Aber leider kennt diese Großstadt kein Nachtflugverbot und der Parkplatz befindet sich in der Einflugschneise zum Flughafen …. Es dauert eine Weile bis wir bei dem Krach irgendwann einschlafen.
Übernachtungsplatz:
Parkplatz im Bosque de Chapultepec, Mexico City, GPS: 19.410738, -99.198562, groß, leider in der Einflugschneise des Flughafens, kein Wasser, sehr guter Telcel-Empfang, 160 Pesos/24h (0-24Uhr), für Mexiko-City als sicherer Stellplatz empfehlenswert
Sa. 14.03.20
Wir haben in den letzten Wochen oft überlegt, ob wir uns wirklich in diesen Moloch wagen sollen. Wir haben viele Warnungen bekommen, Drogen und Schießereien wie im Chicago der 20iger Jahre. Auf der anderen Seite haben wir Reisende getroffen, die so begeistert von der Stadt waren, dass sie eine ganze Woche geblieben sind. Wir haben zwar etwas gemischte Gefühle, aber jetzt sind wir da und wollen uns mit eigenen Augen ein Bild machen.
Also das mit dem Smog stimmt schon mal nicht, wenigstens zur Zeit, liegt vielleicht am Wetter oder wir haben einfach nur Glück. Außerdem fällt auf, dass die Innentadt sehr sauber ist, überall gibt es Mülleimer, auch für Recycling-Material, ganz im Gegensatz zu vielen anderen Orten in Mexiko, die wir bisher gesehen haben, wo man von Müllentsorgung anscheinend noch nichts gehört hat und der Hausmüll einfach in den Straßengraben geschüttet wird. - Wir lassen uns von einem Uber-Fahrer (sicherer als Taxis) direkt am Parkplatz abholen und werden von ihm dann für 2,50 € inkl. Trinkgeld bis ins Zentrum gefahren. Eine moderne Innenstadt mit großen, hohen verspiegelten Gebäuden, bunt angemalten Fassaden, großzügig angelegten Verkehrsinseln mit Springbrunnen und erstaunlicherweise viel Grün – die zur Zeit herrlich blau blühenden Jacaranda-Bäume fallen besonders auf. Eine Großstadt mit viel Verkehr und Trubel im Zentrum.
Zum Verkehr in Mexiko-Stadt:
Wegen der extremen Luftverschmutzung in der Stadt ist seit nunmehr 10 Jahren das Autofahren stark eingeschränkt. Jedes Auto hat einmal in der Woche Fahrverbot, abhängig von der Endziffer des Kennzeichens und sonntags dient die Innenstadt komplett als Fußgängerzone. Alle müssen sich daran halten. Auch Touristen mit eigenen oder gemieteten Fahrzeugen. Wer selbst nach CDMX fahren möchte muss berücksichtigen, an welchem Tag das eigene Fahrzeug nicht genutzt werden darf. Wir z.B. dürfen montags in der Innenstadt nicht fahren und als Fremde/Auswärtige auch am Wochenende nicht. Nachzulesen auf https://www.hoy-no-circula.com.mx
Wir lassen uns mitten in der historischen Altstadt, sie ist die größte Altstadt in Amerika, am Templo Mayor absetzen. Mittlerweile wurden die Sehenswürdigkeiten in der Altstadt sogar zum Weltkulturerbe der UNESCO erklärt. Ursprünglich befand sich, ab ungefähr 1325, an diesem Ort die Hauptstadt Tenochtitlán, von Azteken auf einer Insel mitten im See Texcoco erbaut. Tenochtitlán war eine Lagunenstadt, mit dem Festland nur über künstlich erbaute Dämme verbunden. Um 1519 fielen die Spanier ein und zerstörten die Stadt vollständig. Sie erbauten auf ihr und teilweise mit den Steinen von den Aztekentempeln und Gebäuden das heutige Mexiko-Stadt und sein historisches Zentrum. Die Modelle zeigen die Stadt und den Tempel zu Aztekenzeiten.
Neben der Tempelanlage wachsen Agaven, die einfach riesig sind, entsprechend der Blütentrieb einer dieser Pflanzen. Ist die echt oder eine Skulptur? Ist echt, eine lebende Pflanze!
Eigentlich wollen wir schnell etwas Nahrhaftes finden, aber bevor wir in die Fußgängerzone eintauchen, schauen wir noch den federgeschmückten „Aztekentänzern“ auf dem riesigen zentralen Platz zu, dem eigentlichen Zentrum der Altstadt, genannt 'Zocalo'. Der Platz der Verfassung, mittendrin eine gigantisch große Nationalflagge, ist ein riesiger quadratisch angelegter Platz und zählt zu den größten und bekanntesten Stadtplätzen der Welt. Vor der Übernahme und Zerstörung durch die Spanier stand hier der Palast des Aztekenherrschers Moctezuma II. Heute wird der Platz vom Nationalpalast, der Kathedrale und dem Rathaus umrahmt. Der Nationalpalast ist Sitz des mexikanischen Präsidenten und im Rathaus sitzen das Parlament und der zuständige Gouverneur.
Ebenfalls ein UNESCO-Kulturerbe ist die Kathedrale. Sie ist die größte und älteste Kirche in Amerika und Sitz des mexikanischen Erzbischofs. Der Bau dauerte von 1573 bis 1813 – Was für eine lange Zeit! Verschiedenste Zeiten, unterschiedlichste Architekten, weswegen heute die Einflüsse der Renaissance, des Barock und Neoklassik zu sehen sind. Die Fassade besteht aus einem rötlichen Vulkangestein und die beiden Glockentürme tragen heute 25 Glocken. Es duftet nach Weihrauch. Zuerst die Nebenkirche und dann der Hauptbau. Die auf beiden Seiten in der Höhe angebrachten Orgeln sind der Hammer. Der Hauptaltarraum - einfach phänomenal: "Altar der Könige" (erbaut 1718 von Jerónimo de Balbás) mit dem schwarzen Christus davor, und auch die 'Neben'altäre. Definitiv kein bescheidenes Kirchlein.
Die Fußgängerzonen in der Altstadt erinnern spontan an Köln oder Düsseldorf – alte hohe Gebäude und dazwischen moderne große Kaufhäuser, wo man all den Luxus kaufen kann, den kein Mensch braucht. Wir suchen vergeblich die üblichen mexikanischen Stände mit lecker Gegrilltem und landen letztlich im Burger King.
Und dort machen wir eine Erfahrung der besonderen Art …
Nach der Bestellung ist das Essen relativ schnell auf dem Tisch. Die Kameratasche liegt direkt daneben. Marion wird von einer älteren Frau darauf hingewiesen, dass sie Geld verloren hat. Kann eigentlich nicht sein, aber reflexartig bückt sie sich, um für jemand anderes das Geld (10 Pesos in kleinen Münzen) aufzuheben. Parallel stupft mich, vermutlich die gleiche Dame, meint mein Handy liege unter dem Tisch. Das kommt mir komisch vor. Trotzdem riskiere ich einen kurzen Blick unter den Tisch. Den Bruchteil einer Sekunde später hebe ich wieder den Kopf und registriere unterbewusst, dass die Kameratasche weg ist. Ich drehe den Kopf und sehe, wie eine junge Frau mit meiner Kameratasche Richtung Ausgang geht. Ich springe hoch, erwische sie noch bevor sie auf der Straße ist, und schnappe mir die Kamera. Ich halte die Diebin fest am Arm und gehe mit ihr und der Kamera auf die Straße, wo ich laut nach der Polizei rufe.
Hier ist es so wie anderswo auch. Wenn man sie braucht, ist sie nicht da. Wir haben viele 'Beamte' in den unterschiedlichsten Uniformen gesehen, aber gerade jetzt ist keiner da. Also brülle ich weiter. Plötzlich spricht mich ein ca. 30 Jahre alter Mann an (in Jeans und blauem T-Shirt) und meint, er sei von der Polizei und wird die Dame und alles weitere übernehmen. Ich denke mir schon, dass da was faul ist und sage ihm, ich warte auf die richtige Polizei. Er meint darauf, er hole seine Kollegen und verschwindet in der Menge – und ward nicht mehr gesehen. Inzwischen haben andere Passanten 20 m weiter uniformierte Cops auf mich aufmerksam gemacht und ruckzuck 'umzingeln' mich fünf Stück und übernehmen die Diebin. Marion erklärt auf Spanisch den Sachverhalt. Die Cops nehmen die Frau mit und wir können noch schnell fertig essen bevor wir zur Aufnahme unserer Daten zum Polizeifahrzeug an der Ecke müssen. Dort bewachen inzwischen schon an die 10 Polizisten:innen (in unterschiedlichen Uniformen) unseren gefangenen "schwerbewaffneten Drogenboss". Jeder macht sich wichtige Notizen auf einem Notizblock. Zwischendurch werden wir nach unseren Namen, Geburtsdatum, etc. gefragt. Die Kamera wird mehrmals in Augenschein genommen und alle machen wichtige Gesichter. Mir kommt das vor wie eine Gruppenübung auf der Polizeischule: Jedem fällt irgendein Detail ein und alle anderen schreiben mit. - Wir hätten gerne von dem ganzen Haufen ein paar Bilder gemacht, wissen aber nicht wie sie darauf reagieren.
Es dauert eine Weile bis dann mit Blaulicht und Sirene ein weiteres Fahrzeug dazu kommt, ein Pickup, auf dem dann die Gefangene sowie 3 Aufpasser Platz nehmen. Wir werden gefragt, ob wir Anzeige erstatten wollen. Wenn nicht kommt die junge Frau mit einer Verwarnung davon. Es geht ums Prinzip. Ja, wir erstatten Anzeige. Hätten wir auch nur eine geringe Vorstellung gehabt von dem, was jetzt noch alles kommt ….
Wir müssen auch mit, allerdings vorne im Fahrzeug, und werden bis zum zuständigen Polizeirevier gefahren, 'Ministerio Público' (Staatsanwaltschaft). Dort wird zuerst die Gefangene polizeidienstlich vernommen und ihre Personalien überprüft. Einer der hier zuständigen Herren in Zivil begrüßt sie besonders freundlich, Küsschen links, Küsschen rechts !???? AHA – man kennt sich wohl schon. Bei der Verhaftung ist sie angeblich noch 20 Jahre alt gewesen, und jetzt doch erst 17?! Da sie somit nicht volljährig ist, was wir nicht wirklich glauben können – sie sieht definitiv älter aus, ist diese Dienststelle nicht zuständig, sondern eine Dienststelle für Kinder- und Jugendkriminelle in einem anderen Stadtbezirk. Eine halbe Stunde ist vergangen und jetzt wird mit viel Personalaufwand das 'Mädchen' wieder aus dem Gebäude begleitet. Wir müssen auch einsteigen und mitfahren. Auf der anderen Dienststelle wird die Gefangene weggebracht und der Großteil unseres Begleittrosses verschwindet im Innern des Gebäudes und wir müssen im Wartezimmer Platz nehmen. Solange wir warten werden immer mal wieder von unterschiedlichen Personen unsere Daten aufgenommen, ein paar Fragen gestellt, irgendwann auch mein/P Personalausweis mitgenommen (ganz wohl fühle ich mich nicht dabei, aber wir sind ja schließlich auf der Polizei). Sonst heißt es warten – warten – warten …. Nach über 1,5h verlässt mich die Geduld und ich bin fast soweit, das Ganze abzubrechen und zu verkünden: 'Wir geben auf.'
Ich frage nach, warum wir so lange warten müssen und was denn so lange dauert. Daraufhin wird mir erklärt, dass die Aussage in spanisch von Marion nicht detailliert genug sei und deshalb bei der Touristenpolizei ein Dolmetscher angefordert wurde. Das kann noch dauern. Nach weiteren 30 min kommen dann weitere 4 Beamte in Zivil. Eine Dame kann mit uns in gutem Englisch kommunizieren. Also die ganze Geschichte nochmal von vorne – seufz.
Dann wieder über 20 min Palaver zwischen den Vieren und dem Einen oder Anderen, der zwischendurch mal vorbeikommt. Bei uns kommt inzwischen so etwas wie Galgenhumor auf. Wir finden das ganze Hin und Her schon wieder lustig. Ist ja auch mal ein Erlebnis. Man sitzt ja schließlich nicht jeden Tag stundenlang auf einer mexikanischen Dienststelle herum. Seit dem Vorfall vor mehr als 3 h sind mindestens 20-25 Beamte in diesen äußerst komplexen Fall von 'versuchtem' Diebstahl involviert. - Was passiert, wenn ein richtiges Verbrechen stattfindet möchten wir uns lieber nicht vorstellen.
Irgendwann versucht mir die englisch sprechende Dame dann zu erklären, dass meine Kamera ein Beweisstück ist und konfisziert werden muss, so lange der Prozess gegen die Diebin laufen würde. Wie bitte? Ich lehne natürlich vehement ab und bekomme dann den Hinweis, dass dann der Prozess nicht weitergeführt werden kann. So geht das dann eine ganze Weile hin und her. Ich erkläre ihr, dass sie Beweisfotos machen können so viel sie wollen. Sie meint dann, dass irgendwelche Autoritäten bei Gericht das corpus delicti selbst in Augenschein nehmen müssen. Daraufhin ich wieder: Sie sollen kommen und die Kamera jetzt anschauen, aber Morgen brauche ich sie wieder für unseren Museumsbesuch. Wir sind ja nicht ewig hier in der Stadt. - So kommen wir nicht weiter. Sie geht und hält Rücksprache irgendwo im Innern der heiligen Hallen, woraufhin wir dann dort in einen kleinen Glaskasten geführt werden zu einer weiteren Dame, die jetzt das Protokoll aufnimmt.
Und wieder erzählen wir die ganze Geschichte erneut und von vorne und noch mehr im Detail. Minutiös wird der nur wenige Minuten dauernde Diebstahl aufgerollt und haargenau auf 4 Seiten Protokoll festgehalten. Zig Fragen werden auf Spanisch und Englisch gestellt und die Antworten dann im Beamten-Mexikanisch in den Rechner getippt. Auch die Kamera wird mehrfach fotografiert. Der Bericht bzw. das Protokoll ist fast fertig. Eine Zeugenaussage wird aufgesetzt, die die beiden von der Touristenpolizei als Zeugen unterschreiben müssen. Dann bekomme ich die Kamera wieder. - Aha, geht also doch. - Die Dolmetscherin prüft das Protokoll für uns und ich muss daraufhin jede Seite in mehrfacher Ausfertigung gegenzeichnen.
... und dann, nach über 5h, FERTIG. Der Tag ist vorbei, draußen ist es inzwischen dunkel. Sightseeing ist für heute erledigt. Es ist schon 20 Uhr. Beim Verlassen des Gebäudes stoppt uns kurz ein Beamter und ich muss dann nochmal ein paar Zettel unterschreiben. Wenn ich jetzt keine Waschmaschine geliefert bekomme, dann weiß ich auch nicht. Puuuuhh! Was für ein Act.
Tja, was kann man nach so einem Tag noch sagen? Uns scheint es jedenfalls so, dass bestohlene/betrogene Touristen nicht oft einen Dieb stellen bzw. die Polizei rufen und dann auch noch anzeigen. Die Vermutung liegt nahe, dass deswegen auch so viel geklaut wird. Im Team ist das ja auch ein relativ leichtes Unterfangen. Bei uns hatte die Bande halt ausnahmsweise mal kein Glück.
Bei minderschweren Delikten (z.B. Diebstahl, Verlust von Reisedokumenten) hat man in Mexiko-Stadt übrigens die Möglichkeit, diese online bei der Fiscalía General de Justicia anzuzeigen. Die Anzeige im Internet ersetzt allerdings nicht die persönliche Vorsprache bei der zuständigen Staatsanwaltschaft („Ministerio Público“), kann aber unter Umständen das Verfahren dort erleichtern (siehe Auswärtiges Amt).
Die Touristenpolizei fährt uns mit Blaulicht und ab und zu Sirene zurück zu unserem Stellplatz im Park. Wir unterhalten uns noch kurz, bedanken uns herzlich für die Hilfe und dann müssen natürlich noch ein paar Bilder gemacht werden. Wegen der schlechten Lichtverhältnisse ist die Qualität der Fotos nicht besonders gut.
Uns reicht es für heute, eine kurze Außendusche, Abendessen und ab ins Bett. Ende gut, alles gut!
Übernachtungsplatz:
Parkplatz im Bosque de Chapultepec, Mexico City, GPS: 19.410738, -99.198562, groß, leider in der Einflugschneise des Flughafens, kein Wasser, sehr guter Telcel-Empfang, 160 Pesos/24h (0-24Uhr), für Mexiko-City als sicherer Stellplatz empfehlenswert
So. 15.03.20
Wie in letzter Zeit häufig trödeln wir nach dem späten Frühstück, surfen im Internet bzw. im Reiseführer und informieren uns über die aktuelle Situation bezügl. Corona-Virus. Unser Flug nach Deutschland ist auf Ende Mai umgebucht, aber wir können es momentan überhaupt nicht einschätzen, wie hoch die Gefahr ist, dass wir bis dahin nicht über die Grenze in die USA kommen und dann den Flug evtl. doch nicht erreichen. So schwanken wir zwischen: „Wir nutzen die Mehrzeit in Mexiko und schauen uns noch einiges mehr an als bisher geplant.“ oder „Wir geben Gas und schauen, dass wir auf jeden Fall in die USA kommen und tingeln dann dort die restlichen Wochen bis zum Flug herum“. Ab jetzt checken wir jeden Tag sämtliche Kanäle und die Nachrichten mehrfach und bilden eine neue Entscheidungsbasis.
Sollte der Flug im Mai klappen, wären wir dann mindestens 3 Monate in Deutschland – wir haben verlängert - und müssen mobil sein. Deswegen haben wir schon auf 'Mobile.de' nach einem geeignetem Auto gesucht und heute spontan ein schönes Garagenfahrzeug in Stuttgart gefunden. Wir überweisen den Jungs zu Hause das notwendige Geld und begleiten parallel via WhatsApp und Telefon die Besichtigung bzw. den Kauf. Zusammengefasst: Es sieht gut aus, der Vertrag ist unterschrieben, Anzahlung geleistet und somit kann in den nächsten Tagen der Rest in Ruhe abgewickelt werden und wir sind vom ersten Tag an in Deutschland mobil. Da Michi im Moment nicht den besten Fahruntersatz besitzt und Geld für eine neue TÜV-Plakette investieren müsste, ist der Plan, dass er nach unserer Rückreise in die USA im September das „neuere“ Fahrzeug übernimmt.
Während all das läuft, richten wir uns und fahren mit Uber die 20 min Entfernung zum Anthropologischen Museum auf der anderen Seite des riesigen Parks. Dieses Museum ist ein Must-Do in Mexiko-City und um es vorweg zu nehmen: Unserer Meinung nach, eines der besten Museen, die wir bisher gesehen haben!
Als wir dort ankommen ist auf dem Platz davor einiges los, schließlich ist Sonntag und ein verlängertes Wochenende, ein sogenanntes „Puente“ (Brücke), wegen Nationalfeiertag am Montag. Nach einem Torta mit Fleischeinlage an einem Stand geht es in das sehr große Museum. Wir zahlen den Eintritt von 160 Pesos (nur für Ausländer, die Locals dürfen heute umsonst rein) und geben den Rucksack zur Verwahrung ab.
Schon der Innenhof ist mit seiner riesigen verzierten Säule und dem Wasser, das von dem stilisierten Baum herunterprasselt, sehr beeindruckend.
Die rote Linie läuft entlang des Rundgangs und geht von rechts nach links durch die ganzen historischen Epochen der Menschheitsgeschichte in Mexiko bzw. dem Rest der Welt. Das geht von der stammesgeschichtlichen Abstammung des Menschen vom Affen, bis ganz am Ende zu der Gesellschaft in Mexiko von heute, die ja, wenn man alles zusammen betrachtet eine beachtliche Mischung aus den unterschiedlichsten indigenen Völkern und den vor ca. 480 Jahren eingefallenen Eroberern beginnend mit den Spaniern bis zu den heute eingewanderten Menschen aus aller Welt.
Die Aufarbeitung anhand zigtausender Artefakte und deren professionelle Aus- bzw. Darstellung begleitet von unterschiedlichen Erklärungskanälen ist vorbildlich. Infoflut ohne Ende, starker Tobak für unseren Geist. Eigentlich müsste man das Museum in mehreren Etappen mit reichlich Zeit dazwischen erarbeiten, da nach 2-3 Stunden der Hirnspeicher randvoll ist. Schade, denn in der zweiten Hälfte des Museums durchwandert man die Hallen zusehends schneller und schenkt den vielen Details immer weniger Beachtung. Ein Museum, für das man auf jeden Fall nicht nur einen Tag einplanen sollte!
Wir stellen die Bilder jetzt ohne weiteren Kommentar als Bilderserie ein. Entscheidet selbst, wie schnell ihr durchscrollt.
Zuerst kommen mehrere Räume mit Dokumentationen sowohl als Bücher, abgezeichneten Indices und Bilder über die Ausgrabungen der letzten mehr als 200 Jahre.
Da es ein Anthropologisches Museum ist, beginnt die Geschichte natürlich weit in der Vergangenheit mit der Evolution vom Affen bis zum heutigen Homo Sapiens.
Je weiter man durch die Hallen fortschreitet, desto mehr nähert man sich der spezifischen mexikanischen Geschichte und deren Völkerstämme über die Jahrtausende. In dem riesigen Land gibt es unzählige Tempel, Pyramiden und Ausgrabungsstätten, von mindestens ebenso vielen Stämmen. Als Laie ist man da total überfordert und kann sich nur an der Exotik der Exponate durchhangeln.
Die folgende Sammlung an Bildern soll einen kleinen Querschnitt der zigtausend Exponate geben. Wer sich die Zeit zu den Details nehmen will, einfach eines der kleinen Vorschaubilder anklicken und dann nach links oder rechts durch die Sammlung streifen. Viel Spaß !!
Eines der bekanntesten Exponate ist der Federschmuck Montezumas, natürlich nur eine künstlerische Nachbildung, da es eigentlich keine wissenschaftlich fundierten Beweise seiner realen Existenz gibt. Wegen der Schutzscheibe und der schlechten Ausleuchtung sind die Bilder des Federschmucks leider schlecht, aber zwecks Dokumentation wollen wir es mit aufnehmen. Bei unserem nächsten Besuch, den wir auf jeden Fall nochmal machen werden, werde ich versuchen, ein besseres Bild hinzubekommen.
Mindestens so bekannt ist der große Sonnenstein.
Wenn man sich die Indices genauer anschaut, kann man nachvollziehen, welch mühsame Arbeit das war aber auch welche Phantasie die Forscher haben mussten, um diese bilderreiche Sprache zu entschlüsseln.
In einigen Gebäuden gibt es zum Erholen der Sinne betretbare Außenbereiche, in denen nachgebildete Tempel stehen, so wie sie im Dschungel vorgefunden wurden.
Ein weiteres Highlight, zu dem man in eine Gruft absteigen muss, ist die getreue Nachbildung des Grabes von Pakal dem Großen.
Am Ende des großen Rundgangs kommen wir in der mexikanischen Neuzeit an. Zur Anthropologischen Betrachtung gehört das natürlich dazu. Das bunte neuzeitliche Leben herrscht draußen an jeder Ecke, auf der Straße, man kann es hautnah erleben und muss dazu nicht in Glasvitrinen sehen.
Ziemlich erschlagen verlassen wir das Museum, setzen uns draußen erst mal hin und betrachten in Ruhe das Schauspiel von vier Artisten, die Pfeife blasend und trommelnd, kopfüber an einer hohen Holzsäule hängend, sich am immer länger werdenden Seil dem Erdboden nähern.
Es geht schon auf Spätnachmittag zu und wir wollen unbedingt heute noch aus Mexiko-City rausfahren, da wir Morgen wieder Fahrverbot haben. Also mit Uber zurück, für die drei angebrochenen Tage 480 Pesos an der Parkplatzkasse bezahlen und dann in den Sonntagsverkehr quer durch die Stadt nach Nordosten Richtung Teotihuacan mit seiner Pyramiden-Ruinenstadt.
Die Fahrt ist herausfordernd, da die Straßeninfrastruktur über Jahrzehnte in dem Moloch 'hysterisch' gewachsen ist und man trotz Navi sehr aufpassen muss, um nicht eine der Abfahrten zu verpassen. Der Verkehrsfluss in den mexikanischen Großstädten erinnert stark an asiatische Verhältnisse, man muss sich flexibel dem Verkehrsfluss anpassen und fließt im mehrspurigen Verkehr mit. Für Marion als Beifahrerin ist das fast anstrengender als für mich, da sie aktiv nicht eingreifen kann und alles aus einer etwas anderen Perspektive sieht wie ich. Ich finde es, wie in Asien, mit der Zeit eine angenehmere, dynamischere Fahrweise, und wir sind beide erstaunt, dass es hier nicht ständig zu Unfällen kommt bzw. wie man es in Deutschland bei all den Regeln überhaupt schaffen kann, einen Unfall zu bauen.
Nach fast 50 km (50! unglaublich, oder?) kommen wir so langsam in die Außenbezirke der Großstadt, wo man an den Hängen der umliegenden Berge die massenhaften über zig Kilometer zusammenhängenden Wohnsiedlungen erkennen kann, die sehr bunt bemalt sind und wie ein exotischer Bewuchs der kahlen Hänge aussehen.
Je weiter wir die Schnellstraßen der Stadt hinter uns lassen, desto mehr nimmt wieder die Häufigkeit der lästigen Topes zu. Dazu kommt, dass sich über der Stadt ein Unwetter zusammenzieht, es tropft schon, und die hereinbrechende Nacht macht das Erkennen der zum Teil nicht markierten Topes nicht einfacher. Ich stelle auf Fernlicht um, um eine möglichst gute Sicht zu haben. Da hier die wenigsten Scheinwerfer korrekt eingestellt sind, geschweige denn funktionieren, falle ich mit dem Fernlicht eher als positives, gut sichtbares Beispiel auf.
Nach ca. 60 km erreichen wir das Pueblo Mágico Teotihuacan und versuchen den anvisierten Parkplatz im Zentrum der kleinen Stadt zu erreichen. Wir sind schon mitten drin, als ein aufgebauter Rummelplatz, wahrscheinlich wegen dem verlängerten Wochenende, unserer Anreise ein jähes Ende setzt. Über einen ungeteerten Schleichweg und enge Gassen bekommen wir den Loop zurück zur zentralen Kirche hin. Jetzt müssen wir so quasi von Hand eine Alternativroute ausbaldovern, um dann doch noch ans Ziel zu kommen.
500m vor dem Ziel steigt das Navi aus und meint wir sind da. Wir stehen auf der Hauptdurchgangsstraße, vom Parkplatz nichts zu sehen. Eine Verkehrspolizistin vermutet, wo wir hinwollen und winkt uns nach rechts in eine Seitenstraße, wo wir dann auch den Parkplatz anhand der Fotos im iOverlander erkennen. Der Platz ist bis auf ein paar Autos fast leer. Wir steuern den hinteren, etwas abgelegenen Bereich an. Bevor wir endgültig einparken kommt ein Parkplatzwächter. Nach etwas Palaver dürfen wir einparken wo wir wollen, also auch längs entlang der Mauer. Der Preis sind 50 Pesos (ca.2€) die Nacht. Anscheinend gibt es vorne am Eingang sogar einen Wasserhahn mit aqua potable / Trinkwasser. Was will man mehr.
In der Stadt geht wegen dem morgigen Feiertag noch der Punk ab, in regelmäßigen Abständen findet ein Feuerwerk statt und ich/P hätte eigentlich noch Lust etwas zur Hauptstraße zu bummeln, aber Marion ist nach dem Museumsbesuch und der Anfahrt nicht mehr in der Stimmung, das Haus zu verlassen und alleine will ich auch nicht mehr losziehen. Also machen wir uns zum Abendessen mit den letzten leicht trockenen Brotresten über ein geräuchertes Lachsfilet aus Alaska her und dazu gibt es leckeren Tomaten-Möhren-Salat.
Während wir noch einen Film aus der Konserve anschauen und zur Ruhe kommen, stellt sich schnell die Müdigkeit ein und wir schlüpfen in die Federn. Gegen 23 Uhr lässt uns noch das Abschlussfeuerwerk durch die Fenster linsen, aber dann ist Schluss. In der Stadt ist in den nächsten Stunden noch einiges los, aber wir sind müde genug um einzuschlafen.
Leider währt die Ruhe nicht lange, da wir wohl in unserer Mückenabwehr ein Leck haben und die Mistviecher einen Großangriff auf Marion starten. Da geht es nicht lange und ich bin auch wach und beginne die Jagd. Interessanterweise habe ich keine Stiche davongetragen, obwohl ich wegen den warmen Temperaturen komplett aufgedeckt geschlafen habe. Es hilft ja nichts, da müssen wir durch und wirklich bis zum letzten Tier kämpfen. Anhand der entstehenden Blutspuren kann man erkennen wie viel Marion schon leiden musste. Dem Elektro-Tennisschläger sei dank, haben wir zwischen 20 und 30 von den Mistviechern erlegt.
Gegen 3 Uhr können wir dann den Sieg für uns entscheiden und bis auf 1-2 Nachgefechte kehrt endlich Ruhe ein.
Übernachtungsplatz:
Parkplatz im Zentrum von Teotihuacan , GPS: 19.685422, -98.870805, 50 Pesos/Nacht, sehr großer Platz im Zentrum, relativ ruhig außer am Wochenende, viele Mücken, 4 km bis zu den Pyramiden, sehr guter Telcel-Empfang, empfehlenswert
Hier wieder die Kartenübersicht der 85. und 86. Woche mit den gewählten Stellplätzen:Mex_2020_Maerz_1
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