So. 01.09.19
Nach der langen Nacht gehen wir es heute Morgen langsamer an. Während ich das Gefährt abfahrbereit mache, zieht Marion mit der Kamera los. Vom Midnight Dome aus kann man auf Dawson City und den Zusammenfluss bzw. die Mündung von Klondike in den Yukon schauen. Auf dem Parkplatz oben auf der Kuppe hat eine belgische Familie mit 3 Kindern mit ihrem fahrenden Klassenzimmer eingeparkt. Die Familie ist auch langzeitreisend und unterrichtet die Kinder per Fernunterricht (www.mytinyschool.com).
Wir machen uns nach der Abfahrt direkt an unser heutiges Programm: Als erstes auf der Liste stehen der Besuch der Gold-Dredge #4 im Bonanza Creek und anschließend der knapp 100 km lange Loop durch die Klondike-Goldfelder. Die Anfahrt in den Bonanza Creek geht über 12 km durch umgewälztes und durchgewaschenes Gelände bis zu dem Punkt, an dem die Dredge ihren Betrieb eingestellt hat. Inzwischen ist sie eine National Historic Site und wird von einem Förderverein in Schuss gehalten. Ein privater Anbieter bietet Führungen durch die Dredge an – 25$/Pers. Wir halten uns an die Erklärungstafeln mit historischen Bildern zur Arbeitsweise, Umwälzungen in der Landschaft und div. Ingenieursleistungen – immer wieder beeindruckend.
Auf der Rückfahrt kommen wir an Original-Fahrzeugen vorbei, stehen geblieben zwischen den Auswurfhügeln der Dredge, Platz genug gibt’s hier ja. Auch die Überreste einer kleineren inzwischen schon fast verrotteten Dredge kann man zwischen den Abraum-Hügeln entdecken.
20 km weiter Richtung Dempster Hwy kommen wir wieder zu der Abfahrt, die auf den Loop durch die Klondike-Goldfelder führt. Die Infotafel zeigt die einzelnen Seitentäler u.a. den Sulphur- und Dominian-Creek, um die man den Loop um weitere ca. 70 km erweitern kann. Gleich zu Beginn kommen wir an einer großen aktiven Mine vorbei, in die man von der Straße aus problemlos reinschauen kann. Vorne schaufelt der Bagger das Rohmaterial hinein, in der rotierenden Trommel wird es gewaschen und das Grobmaterial wird hinten über das Förderband abtransportiert. Das ausgewaschene Feinmaterial verlässt die Trommel unten und wird dort mit viel Wasser über mit Stahlgittern belegten Matten, z.B. Kokosmatten, gewaschen. Das schwere Gold sinkt ab auf die Matte bzw. bleibt im Gitter hängen, während der restliche Abraum fortgeschwemmt wird. Später werden die Matten und das Gitter ausgewaschen und das goldhaltige Material entweder von Hand mit der Pfanne oder entsprechendem Gerät aufgetrennt.
Nach dieser Mine windet sich die Straße durch die herbstliche Farbenpracht bis hoch zum King Solomon-Gipfel. Am Wegrand befinden sich einige weitere Minen, aber nur schwer einsehbar, da versteckt hinter Abraumhügeln oder Büschen.
Der Schotterpfad führt an der Bergkante entlang und bietet einen, zwar leicht trüben, aber sonst guten Blick in weitere aktive Goldfelder in den diversen Creeks. Der größte ist der Aufriss im Quartz-Creek.
Unterwegs begegnen wir wieder den wenig scheuen Moorhühnern. Die haben nur Glück, dass wir nicht zur jagenden Fraktion gehören.
Der eine oder andere durch Minenarbeiten entstandene Teich wurde durch Bob den Biber in Beschlag genommen. Mit kräftigem Klatschen mit seinem breiten Schwanz aufs Wasser bringt er deutlich zum Ausdruck, dass er nicht gestört werden will.
Gegen Ende des Loops kommen wir nochmal an einer besonders großen Mine vorbei. Anhand der riesigen Abraumhalden ringsherum kann man erkennen, welch große Mengen Material hier bewegt werden – immer noch. Das Gold-Geschäft scheint sich noch zu lohnen.
Wieder zurück in Dawson City, kommen wir gerade zum rechten Zeitpunkt, um den Start des internationalen Toilettenhäuschenrennens, das hier jedes Jahr am ersten Sept.-Wochenende stattfindet, mit zu bekommen. Das Rennen geht über mehrere Runden, wobei die Zulassung zum Rennen vorab durch ein vorgetragenes Limerick erreicht werden muss. Nach jeder gelaufenen Runde muss eine Zusatzaufgabe absolviert werden, z.B. das Auffinden eines Würstchens in einem Schlammbecken und das erfolgreiche Werfen desselben über eine Distanz von 10 m in einen im Toilettenhäuschen befindlichen Eimer. Drei Häuschen mit ihren Mannschaften erreichen die Qualifikation. Eine vierte Mannschaft kam wohl leider nicht zustande, daher das verlassene rudimentär ausgestattete rollende Plumpsklo am Rande.
Wir warten nicht ganz das Ende ab, da wir mit unserem total eingesauten Mobil noch zur Waschanlage fahren wollen. Beim außerhalb von Dawson City liegenden RV-Park gibt es eine münzgesteuerte Waschanlage / Hochdruckreiniger. Also rein in die Badehose und Badeschlappen und 20C$ später glänzt unser Moppel schon fast wieder und auf dem Boden liegen etliche Kilo Dreck. Abschließend erhält der Reiniger auch gleich noch eine Dusche und dann geht es wieder zurück zum Parkplatz am Visitor-Center, wo wir auf der Rückseite des Gebäudes auch noch unsere Wassertanks auffüllen. Heute Nacht bleiben wir hier stehen. Direkt neben uns parkt die belgische Familie von gestern Abend ein.
Als das Abendrot über dem Yukon aufzieht, machen wir uns nochmal auf, bummeln durch die abendliche City und besuchen erneut die Can-Can-Show im Spielsaloon. Auch beim zweiten Mal ist das Ambiente toll und wir genießen bei günstigem Bier die Show.
Als wir gegen Mitternacht zu Hause ankommen ist es zwar klar am Himmel mit vielen Sternen, Polarlichter sehen wir allerdings keine und gehen daher zügig ins Bett.
Übernachtungsplatz:
Freistehen am Visitor-Center mitten in Dawson City, GPS: 64.064294, -139.432334, relativ ruhig, viel Platz, sehr empfehlenswert
Mo. 02.09.19
Nachdem wir noch kurz im Visitor-Center unsere emails repliziert haben, verlassen wir Dawson City nun endgültig, vorbei an der Abfahrt auf den Dempster Hwy und weiter Richtung Osten. Kurz nach der Abfahrt kommen wir eine steile Steigung hoch. Am Aussichtspunkt werden wir durch Infotafeln in Kenntnis gesetzt, dass das Tal in das wir sehen können, die größte Erdverwerfung des amerikanischen Kontinents ist. Vor 65 Mio. Jahren hat sich hier ein Riss in der Kontinentalplatte aufgetan und den Teil des Landes, auf dem heute Dawson City liegt und das deutlich südlicher gelegene Dorf Ross River voneinander entfernt. Wir hatten schon in einer Broschüre darüber gelesen und sind daher gespannt, welche besonderen Formationen sich uns bieten, und sind nun etwas enttäuscht, da dieses Tal sich von anderen Tälern nicht großartig unterscheidet. Check, und weiter geht's.
Nächstes Ziel: Mayo an der Keno Hill Road bzw. am Silver Trail. In dieses Seitental wollen wir heute noch gelangen. Nach dem Silver Trail werden wir vorbei an Faro nach Ross River fahren und von dort aus gen Norden auf der North Canol (Canadian Oil) Road bis hoch an die Grenze der North-West Territories zum McMillan Pass. Zurück in Ross River geht es dann weiter auf dem Robert Campbell Hwy bis nach Watson Lake am Alaska-Hwy.
Die Mittagspause verbringen wir an einem Moorsee mit riesigem Biberbau; den Hausherrn entdecken wir allerdings leider nicht.
Nach 180 km biegen wir auf den Silver Trail Richtung Mayo und Keno ein. Die Straße hat nicht von ungefähr diesen Namen. Zwischen Mayo und Keno gibt es unzählige historische bzw. auch noch aktive Silberminen und auch die eine oder andere Goldmine. Der Keno-Hill ganz am Ende der Straße ist komplett mit alten Minenschächten durchlöchert.
Zu Beginn des Silver Trails gibt es eine charakteristische Flussbiegung des Stewart Rivers, „Devils Elbow“ genannt, und ein dazugehöriges Sumpfgebiet, in dem jedes Jahr eine große Herde Elche ihre Jungen zur Welt bringt. Deshalb wurde dieses Gebiet als Jagd freies Schutzgebiet für Elch-Kühe und ihre Kälber eingerichtet. Jetzt im Herbst sind diese alle abgewandert – keine Elche im Sumpfgebiet. Der Fluss mit seiner Biegung ist so wie hundert andere auch, die wir in den letzten Monaten gesehen haben.
Wir fahren nach Mayo rein, in der Hoffnung einen Bank-Automaten zu finden. Gibt es hier leider nicht. Auch im Supermarkt können wir mit unserer europäischen Visa-Karte kein Geld von der Kassiererin ausbezahlt bekommen. Aber ein paar 'Kröten' haben wir ja noch. So kaufen wir nur ein paar Kleinigkeiten ein, bewundern noch die Flussschleife im herbstlichen Niedrigwasser im Zentrum von Mayo und fahren weiter Richtung Keno. Ich habe Marion erzählt, dass hier die Mayonnaise erfunden wurde - hat sie aber nicht geglaubt, ist mir gleich auf die Schliche gekommen.
Auf dem weiteren Weg nach Keno fahren wir etwas weiter oben am Talhang entlang und können den Dunst über dem Tal erkennen: Waldbrände auf der anderen Talseite. Später erfahren wir, dass diese Brände schon seit Juli andauern. Da es aber Niemandsland ist und keine Häuser oder Siedlungen bedroht sind, wird nicht gelöscht. Wird sich im Winter dann schon von alleine regeln. Waldbrände sind ja gesund für die Natur.
Als wir dann endlich so gegen 5 Uhr in Keno ankommen, stoppen wir gegenüber dem Keno Mining Museum und fragen in der kleinen Kneipe den Besitzer Mike Manzini / italienische Abstammung, ob die Info noch aktuell ist und er hausgemachte Pizza im Angebot hat. Hat er, und wir machen es uns in der gemütlich beheizten Pinte bequem.
Neben dem Wirt sind noch eine alte Freundin (First Nation), die hier in der Gegend aufgewachsen ist, und ein weiterer Gast aus dem Osten von Kanada anwesend. Die Dame kennt viele Geschichten aus der Gegend. Der andere Gast ist heute erst angekommen und ist nach über 50 Jahren auf der Suche nach dem Haus seiner Mutter. Er selbst ist in Mayo geboren, auf Vancouver Island aufgewachsen und hat die letzten 25 Jahre eine eigene Autowerkstatt in Quebec State betrieben. Diese hat er nun verkauft und erfüllt sich den Wunsch, endlich die alte Heimat zu besuchen. Back to the roots.
Bei kurzweiliger Unterhaltung sind ruckzuck drei Stunden vorbei und wir müssen aufbrechen, damit wir noch bei Tageslicht die 12 km hoch auf den Keno Hill fahren können.
Oben windet es sehr stark und kein toller Platz mit Aussicht zu finden. Wir machen nur ein paar Bilder vom Sonnenuntergang und der Erinnerungsplakette an Alfred Schellinger, der hier als Pioneer des Hardrock-Mining und später als Superintendent der Keno Hill Ltd. Mining Company tätig war. Die Keno Hill Sign Post, die hier schon seit den Mitte 1950igern steht, wurde im Rahmen eines Besuches von mehreren Wissenschaftlern im internationalen geophysikalischen Jahr errichtet und ist seitdem der finale Endpunkt einer Fahrt ins Silver Trail Tal. Wir fahren die Straße wieder ca. 700m nach unten und suchen nach einem schöneren Stellplatz. Ein Platz mit guter Sicht ins Tal ist allerdings schon mit einem Pickup-Truck besetzt. Wir fragen mal, ob wir uns dazu stellen dürfen. Das Paar spricht uns in deutsch und Leibziger Dialekt an. Wir dürfen natürlich einparken und haben danach am Lagerfeuer noch eine nette Unterhaltung bis wir uns alle ins Bett zurückziehen.
Übernachtungsplatz:
Freistehen auf dem Keno Hill, Keno City, GPS: 63.934743, -135.230666, mehrere Plätze rund um den Summit, holperige Anfahrt, etwas windig, super Sicht hinunter ins Silver Trail Tal, sehr empfehlenswert
Di. 03.09.19
Endlich mal wieder ein wohlverdienter Ruhetag. Nach Dawson City und der ganzen Fahrerei vom Dempster-Hwy bis hierher ans Ende des Silver Trail, muss das jetzt mal. Unsere Nachbarn sind bereits um 9Uhr abgedüst, da deren Zeit im vierwöchigen Urlaub sehr kostbar ist und sie heute noch hoch zum Tombstone Park am Dempster-Hwy fahren wollen. Das sind mindestens 300 km, da darf man nicht allzu sehr trödeln, wenn man unterwegs noch was sehen will. Wir genießen die frische Bergluft mit Blick ins etwas Rauch geschwängerte Tal. Marion schnappt sich mal wieder die Kamera, um die nähere Botanik und die mit Steinen versiegelten historischen Minenschächte festzuhalten.
Gegen später gibt es wieder frisches Brot plus Weißbrot und außerdem einen Riesentopf Gemüseeintopf mit Fleischeinlage. Ich versuche derweil einige der inzwischen wieder über 1500 aufgelaufenen Bilder zu sortieren und auszumisten.
Das Wetter wechselt heute mehrfach von tollem Sonnenschein und herrlich warm, bis kalter Wind und Regen.
Als wir dann um Mitternacht nochmal rausgehen haben wir wieder einen tollen Blick auf die Polarlichter am Nordhimmel.
Übernachtungsplatz:
Freistehen auf dem Keno Hill, Keno City, GPS: 63.934743, -135.230666, mehrere Plätze rund um den Summit, holperige Anfahrt, etwas windig, super Sicht hinunter ins Silver Trail Tal, sehr empfehlenswert
Mi. 04.09.19
Der Ruhetag hat uns gut getan. Heute fahren wir wieder zurück ins Tal. Wir genießen nochmal bei klarem Wetter die Aussicht auf die umliegenden Berge, die mit Fahrspuren zu den alten und noch aktiven Minen durchzogen sind.
Unten in Keno stoppen wir wieder am Keno Mining Museum, reden noch kurz mit Mike von der Kneipe als er wissen will, ob unser Aufenthalt auf dem Berg schön war. An der Kasse bezahlen wir 4C$/Pers Eintritt (Seniorenrabatt 1C$ billiger) und können dann ganz alleine und ungestört die toll aufbereiteten Räume mit all den Requisiten des letzten Jahrhunderts betrachten. Wenn man die Fotografien genauer ansieht, erkennt man schon, dass das Leben damals in der Wildnis KEIN Zuckerschlecken war und reich sind auch nur Wenige geworden.
Auf dem letzten Bild sieht man die SS Keno, die wir vor wenigen Tagen in Dawson City, ihrem letzten Hafen am Yukon, gesehen haben. Die SS Keno hat das silberhaltige Erz in Säcken selbst und auf gezogenen Barken den Stewart River von Mayo bis zum Yukon und von dort aus bis nach Whitehorse transportiert.
In Außenhallen rund um das Museum werden die größeren technischen Hinterbliebenschaften im Trockenen zur Besichtigung gelagert. Das meiste stammt aus den 1920-1950igern. Da wurde geklotzt und nicht gekleckert, vor allem mit den Großgeräten, die noch mit Dampf betrieben wurden.
Im Museum fragen wir nochmal nach, ob es in der Nähe noch aktive Minen geben würde und ob man dort evtl. mal reinschauen kann. Besichtigen ist wohl nicht, aber, wenn man den Trail auf den Sourdough-Berg im Hintergrund des Museums macht, kommt man hoch zum Summit und kann rundherum in aktive Minen von oben hineinschauen bzw. auf der Rückseite kommt man wohl direkt durch eine Mine durch. Der Weg ist wohl sehr steil, stark ausgewaschen und herausfordernd, aber mit unserem Moppel wohl zu schaffen.
Der Museumswächter hat nicht zu viel versprochen und so kämpfen wir uns auf sehr heftigen Wegen den Berg hoch und hinten wieder runter. Vom Summit aus haben wir einen guten Blick rüber zum gegenüberliegenden Keno Hill, auf dem wir den vergangenen Tag verbracht haben (roter Pfeil). Zwischendurch sind wir uns nicht immer sicher, ob wir noch richtig unterwegs sind bzw. wo wir wieder in die Zivilisation zurückkommen, ohne den ganzen Trail wieder zurückfahren zu müssen.
Auch bei der Goldmine sind wir uns sehr unschlüssig, ob man da so einfach rein- und durchfahren darf. Am Containertrakt an der Einfahrt sehen wir einen Mitarbeiter und fragen höflich. Er bestätigt, dass wir vorsichtig durchfahren, aber den Weg wegen aktivem Mining nicht verlassen dürfen.
Nach der Mine geht es nochmal durch einen tiefen Bach und dann stoßen wir auf die Duncan Creek Road, die entweder nach Keno zurück führt oder auf der Rückseite des Silver Trail-Talhangs bis fast nach Mayo hinunter. Wir entschließen uns, diese Backcountry-Road zu nehmen, da wir das Silver Trail Tal ja schon gesehen haben. Nach einigen Kilometern müssen wir leider feststellen, dass wir meistens durch Wald fahren und nur an wenigen Stellen hinunter zum Creek sehen können, an dem man sicher toll stehen könnte, wenn es eine Zufahrt geben würde. Der ganze Creek ist, wie in Dawson City, im Rahmen von Goldwaschungen komplett einmal umgedreht worden und die Natur holt sich nur langsam das Terrain wieder zurück.
An der Abfahrt nach Mayo runter zum Stewart River gibt es entlang am Mayo River ein ehemaliges Campground-Gelände, das weit genug von der Straße entfernt ist. Hier sind wir wieder ganz alleine und können uns den schönsten Platz mit freiem Blick nach Norden aussuchen.
Auch heute Nacht ist es wieder sehr klar und wir nehmen uns trotz der frischen Außentemperaturen die Zeit, erneut die Polarlichter zu betrachten. Irgendwie bekommt man davon nicht genug, da es jedes Mal anders aussieht.
Übernachtungsplatz:
Freistehen am Mayo River, Mayo, GPS: 63.600560, -135.899570, sehr viele große Plätze auf einem ehemaligen Campgrounds direkt am Fluss, nur 2 km von Mayo entfernt, sehr ruhig, sehr empfehlenswert
Do. 05.09.19
Nicht alle wollen heute Morgen schon aus den Federn. Es hilft nichts, auch wenn draußen über dem Flüsschen noch der Morgennebel wallt. Wir fahren nochmal nach Mayo rein, kaufen im Liquor-Shop etwas Bier und tauschen in einer kleinen Bank amerikanische gegen kanadische Dollares, da auch hier keine Visa-Operation möglich ist. Der Liquor-Shop ist im Community-Center untergebracht und dort gibt es ein gutes offenes Wifi, das wir gleich noch für eine Skype-Session mit der Heimat nutzen.
Dann geht es hurtig zurück auf die Silvertrail-Road zur Kreuzung mit dem Klondike-Hwy, der ja von Dawson City nach Whitehorse verläuft. Wir überqueren die Brücke über den Stewart River und fahren Richtung Pelly Crossing.
Die Landschaft, die wir durchqueren steht gerade in den tollsten Herbstfarben, fast noch intensiver als oben auf dem Dempster-Hwy. Die ganzen Täler und Flusslandschaften, von den Hügeln aus gesehen, erstrahlen in prächtigem Gelb.
Kurz nach Pelly Crossing kommen wir am Meadow Lake vorbei. Dieser See ist ein Salz-See nicht marinen Ursprungs. Die Salze werden durch Erosion aus dem Gestein gelöst und sammeln sich in diesem See ohne Abfluss, bilden eine weiße Schlammkruste rund um das Ufer. Wie man an den Spuren erkennen kann, ist es nicht ratsam, sich dem Wasser zu nähern, da man sonst unweigerlich im Schlamm versinkt. Dieser See bildet mit zwei weiteren kleineren Seen ein großes Schutzgebiet für seltene Vögel, wobei wir bei unserem kurzen Stopp keine entdecken können.
Weiter geht es durchs „gelbe Meer“, bis wir von einem Aussichtspunkt auf die wilde Yukon-Flusslandschaft blicken können. Hier ist auch nochmal eine Erläuterungstafel zu dem Gebiet „Beringia“, das sich von Ost-Sibirien über Alaska bis in den Yukon erstreckt. Beringia war während der letzten Eiszeit eisfrei und damit Zufluchtsort für viele Tierarten in dieser harten Zeitperiode.
Mehrere hundert Meter nach der Kreuzung, von der aus die Frenchman Lake Road nach Westen abgeht (eine Gravelroad entlang mehrerer Seen und Abkürzung Richtung Robert Campbell-Hwy), geht es rechts von der Straße hinunter an eine Flussbiegung des Yukon. Hier ist reichlich Platz für viele Fahrzeuge, ideal zum Übernachten.
Wir sind noch früh dran und so mache ich/P mich gleich an die Reparatur des Dachgepäckträgers / Dachrinne. Die Lösung, die ich vor zigtausend Kilometern im Big Bend-NP an der mexikanischen Grenze gebastelt habe, konnte der Dauerbelastung auf den Gravelroads in Alaska und dem Dempster-Hwy nicht standhalten. Das Dachblech-Regenrinnen-Konstrukt ist auf Dauer zu schwach für die stoßende Belastung durch die Trägerfüße. Ich habe noch zwei längere stabile, passende Metallwinkel in Reserve und diese werden nun auf beiden Seiten, mit kleinen Vorort-Korrekturen mittels der Flex, in die Dachrinnen eingepasst, undichte Stellen mit Dichtmaterial ausgebessert und dann wieder festgezurrt. Dies müsste auf jeden Fall länger halten als die bisherige Konstruktion.
Nachdem ich zusammengepackt habe, gönne ich mir eine Außendusche, während Marion es sich nicht nehmen lässt, nochmal im Yukon zu baden bzw. 'Amsel baden' (mit viel Gepluster das eiskalte Wasser auf dem Körper verteilen), da es das letzte Mal ist, dass wir dem Yukon begegnen werden.
Gegen 23:30 Uhr machen wir uns nochmal sehr warm eingepackt runter zum Fluss auf, um dort am Nordhimmel nach Polarlichtern Ausschau zu halten. Außer einem leichten Leuchtband am Horizont ist zuerst nicht viel zu erkennen, und wir wollen nach einer halben Stunde schon wieder den Rückweg antreten, als es dann nach Mitternacht doch noch losgeht und die Aktivität am Himmel sich steigert.
Zwischendurch hören wir ein Platschen in der Nähe, aber auch mit unserer Taschenlampe können wir nichts erkennen. Der erste Gedanke: ein Bär. Wir haben natürlich den Spray oben im Auto. Aber naheliegender ist, dass vorne in der Flussbiegung an der Steilwand höchstwahrscheinlich Geröll ins Wasser abgegangen ist. Diese Erklärung gefällt uns besser und der Adrenalinspiegel senkt sich wieder.
Nach einer weiteren halben Stunde ist es Marion dann doch zu kalt, und da auch wieder eine längere Inaktivität am Himmel herrscht, gibt es wenig Gegenargumente gegen die Rückkehr zum warmen Herd.
Übernachtungsplatz:
Freistehen am Yukon River near 5Finger Rapids, GPS: 62.285677, -136.320721, großer Platz 50 m von der Yukon-Flussschleife entfernt, sehr ruhig, unten am Fluss toller Blick nach Norden und Polarlichter, empfehlenswert
Fr. 06.09.19
Der Platz, auf dem wir stehen ist zwar groß aber trotzdem von Wald umgeben und daher kommt die Morgensonne noch nicht bei uns vorbei. Bevor wir weiterfahren machen wir noch einen kleinen Spaziergang runter zum Yukon und verabschieden uns von ihm.
Bevor wir zurück zur Kreuzung mit der Frenchman Lake Road fahren, geht es noch ein paar Kilometer nach Süden auf dem Klondike-Hwy Richtung Carmacks zu den Five Finger Rapids. Von oben können wir nochmal auf „unsere“ Yukonschleife schauen.
Der Parkplatz am Aussichtspunkt Five Finger Rapids ist groß und es stehen einige andere Reisende hier, u.a. auch ein deutsches Paar, mit dem wir ein Weilchen plaudern. Der Weg hinunter zu den Stromschnellen und dem dazugehörigen Freizeitgelände ist lang und sehr steil. Wir begnügen uns mit einem Blick von oben und sparen uns die sportliche Aktivität heute Morgen. Außerdem haben wir schon 'bessere' Stromschnellen gesehen.
Wir fahren lieber auf der Frenchman Lake Road entlang und am Tatchun Lake bzw. dem Frenchman Lake vorbei. Die Straße führt den größten Teil oben am Hang entlang, so dass wir immer wieder tolle Ausblicke über die beiden langgestreckten Seen haben. Hier gibt es auch viele schöne Yukon-Territorial-Campgrounds für 12C$ inkl. Feuerholz. Aber wir wollen nicht schon nach ein paar Kilometern wieder einparken.
Die Bypass-Road entlang der Seen trifft irgendwann wieder auf den Robert Campbell-Hwy, der von Carmacks aus dem Westen kommt. Am Little Salmon Lake, am Ende des Sees, auf dem Drury Creek Campground parken wir direkt am See ein, bezahlen unsere Übernachtungsgebühr, indem wir das Geld im Briefumschlag einwerfen, und holen vom Sammelplatz ausreichend Feuerholz, das gleich in passende Scheite zerkleinert wird.
Zum Abendessen gibt es heute die letzte Portion geschenkten Pink Salmons mit Kartoffeln und Romanesco-Kohl aus arktischem Anbau aus Dawson City. Diesen haben wir bei einem ausgewanderten Deutschen auf dem Wochenmarkt gekauft. Er wohnt schon seit 25 Jahren in Dawson City bzw. auf einer kleinen Farm außerhalb und im Winter fährt er Material auf der Iceroad nach Yellowknife im North West Territory zu den Diamantenminen.
Als die Dämmerung kommt und das Abendrot am Himmel leuchtet, machen wir es uns in warmen Klamotten am Lagerfeuer mit einem guten Schluck Shiraz gemütlich und freuen uns bei klarem Wetter wieder auf den tollen Sternenhimmel.
Übernachtungsplatz:
Drury Creek Territorial Park CG am Little Salmon Lake, GPS: 62.196302, -134.385959, Yukon Campground für 12C$, direkt am Seestrand, Feuerholz inkl, sehr ruhig, super Aussicht, sehr empfehlenswert
Sa. 07.09.19
Vom Little Salmon Lake aus starten wir bei herrlichem Sonnenschein und genießen die ca. 60 km Anfahrt durch die Herbstlandschaft entlang des breiten Magundy River bis nach Faro. Faro wird wie Pharao gesprochen (na ja, dran halten tun sich die wenigsten). So sollte ursprünglich das Dorf heißen, aber wie schon in Keno, Mayo usw. wurde auch hier die Vier-Buchstabenschreibweise benutzt, um die Schilder so einfach wie möglich herzustellen. Kein Witz! Das ist die offizielle Erklärung.
Faro ist bekannt für und reich geworden durch die große Blei- und Zinkmine oben auf dem Berg. Die Erze der beiden Metalle werden im Tagebau in großem Stil abgebaut. Leider gibt es keinen erreichbaren Punkt mit Blick ins Minengelände. Die Bilder haben wir im Visitor-Center abgelichtet bzw. zurück auf dem Robert Campbell-Hwy vom nächsten Hügel aus. Schon 1968 war es notwendig, auf riesige LKWs zum Abtransport des Erzes zurückzugreifen. Diese 65-Tonner an ihren Bestimmungsort zu bekommen war nicht ganz einfach. Zu groß und zu schwer für den Straßenverkehr mussten sie in Einzelteilen von Skagway/Alaska aus per Bahn und LKW zu den Minen transportiert werden. Heute ist einer das Wahrzeichen von Faro und wird stolz am Ortseingang präsentiert.
Auf dem Weg hoch zur Mine kann man wohl am Hang des öfteren Steinböcke beobachten; leider war uns dieses Glück heute nicht vergönnt. Wir machen uns wieder auf den Weg Richtung Ross River, nachdem wir am Campground gegenüber des Visitor-Centers noch kostenlos Trinkwasser gebunkert haben.
50 km nach Faro machen wir einen kurzen Stopp auf dem komplett leeren Lapie Canyon Campingplatz. Wir fahren hinunter bis zu den Plätzen am Fluss und gehen von dort ca. 200 m durch den Wald am Wasser entlang. Von hier aus haben wir einen super Blick auf die Verengung, durch die sich der Fluss mit tosender Gewalt drängt. Zur Zeit ist wegen Wassertiefstand der Fluss relativ zahm, aber im Frühjahr, wenn das Schmelzwasser kommt, geht hier sicherlich der Punk ab.
Dieser Campground ist wirklich schön. Aber es ist noch recht früh am Tag, um hier gleich stehen zu bleiben, und wir wollen noch ein gutes Stück weiter kommen, da unser heutiges Ziel Ross River und die North Canol Road ist.
Von der Abfahrt auf den Hwy #6 Richtung Norden sind es noch 10 km bis Ross River, wo wir nochmal ein paar Vorräte auffüllen, bevor wir wieder tief ins wilde Herz des Yukon Territory vorstoßen. Bis hoch zur Grenze der North West Territories sind es 245 km. Dorthin wollen wir in den nächsten Tage fahren und am Macmillan-Pass den Endpunkt der offiziellen Straße erreichen. Ab da kann man wohl nur noch mit kleinem Gerät bzw. zu Fuß auf einem Fernwanderweg weiter.
Direkt in Ross River setzen wir mit der kleinen Flussfähre auf die andere Seite des Pelly Rivers über. Die Fähre wird von First Nation betrieben, die auch den Hauptanteil der Bevölkerung ausmachen und wird nur zwischen Mai und Oktober betrieben und auch nur zwischen 8-17 Uhr tagsüber. Die North Canol Road ist nach der „Canadian Oil“-Pipeline benannt, die die Amerikaner im Jahre 1943 mit exorbitantem Aufwand und unter kompletter Fehleinschätzung der Schwierigkeiten im hiesigen Gelände bauten. Irgendwann wurde das Projekt wegen Kostenexplosion eingestellt und schon 1948 wurde mit dem Rückbau begonnen. Die Hängebrücke, mit der die 10 cm starke Pipeline über den Fluss geführt wurde, ist eines der letzten Relikte und natürlich die Straße. Diese wird auf Veranlassung der First Nation weiterhin einigermaßen in Schuss gehalten, wobei wir sehen werden, dass dies die ultimative Fahrzeugteststrecke ist, die auch unser Militärgerät an den Rand der Belastung bringt.
Bei der Fahrt mit der Fähre ist es schon später Nachmittag. Ziel ist der Orchie Lake, noch ca. 50 km. Wir hoffen, dort in der Nähe des Sees, frei stehen zu können.
Die Fahrt geht durch absolut unbewohnte, einsame Landschaft, zum Teil am Ross River entlang, vorbei an unzähligen Seen, während sich die mit Schlaglöchern und Waschbrettbelag übersäte Straße wie eine Schlange über die Hügel schlängelt. Wir in Schwaben würden dazu sagen: “Naa baud wia d'Kiaa gloffa send“. Leider keine Stellplätze am Marjorie Lake und Orchie Lake, weshalb wir die Strapaze auf uns nehmen und weitere knappe 70 km bis hoch zum Dragon Lake fahren. Aus der Infobroschüre wissen wir, dass es dort einen kleinen Campground direkt am See gibt, auf dem man frei stehen kann. Unterwegs treffen wir wieder auf eine größere Anzahl von Moorhühnern. Kurz vor unserem Ziel sehen wir entfernt den 2114 m hohen Mount Sheldon (Jäger und Naturfreund in den frühen 1900ten). Die Einwohner hier nennen den Berg übersetzt „standing alone“.
Einiges später, als wir endlich am Dragon Lake ankommen, steht dort bereits ein Unimog am Rande des Platzes und sein deutscher Besitzer Drews (Vorname) aus der Umgebung von Hamburg begrüßt uns freundlich. Damit beginnen für uns beide die schönsten knapp zwei Wochen im Norden von Kanada. Drews ist seit 25 Jahren Globetrotter und auf der ganzen Welt unterwegs. Er ist mit 44 nach einer schweren Erkrankung aus seinem Job als Öltanker-Kapitän ausgestiegen und hat zusammen mit seiner Frau, analog uns, die ersten zwei Jahre Nordamerika bereist. Bis 2007 waren sie gemeinsam unterwegs, dann verstarb seine Hannelore leider. Seither ist er alleine unterwegs gewesen, bis auf gemeinsame Kanutouren mit Freunden und Bekannten, reist selten mit anderen Reisenden wie uns. Drews kommt nun schon seit über zwanzig Jahren immer für 3-4 Monate im Sommer in den Yukon. Als man sich etwas kennengelernt hat, kommt die Frage, ob wir Lust auf Lagerfeuer und gemeinsames Kochen hätten. Da sind wir natürlich gleich dabei, besonders da Drews bekannt gibt, dass er das Fleisch von zwei frisch gefangenen Porcupines (Baumstachler) zu einem Gulasch verarbeiten will. Dieses wird ca. 2,5h auf dem Lagerfeuer brutzeln, während wir uns einrichten. Der Platz ist super, die Sicht auf den See genial und wegen der anstrengenden Fahrt geht es auch gleich noch eine kurze Runde „Amselbaden“ (zur Erinnerung: mit viel Gespritze kurz rein und schneller wieder raus) in den nur um die 10°C kalten See.
Marion macht Nudeln zum Abendessen und dann genießen wir unser erstes Baumstachlergulasch - absolut lecker!!! Es ist reichlich Material im großen Dutch Oven Topf, so dass man problemlos Nachschlag holen kann und es dann immer noch für eine weitere Mahlzeit für 3 Personen ausreicht. Hmmmm, schleck.
Nach dem Abspülen werden dann die warmen Klamotten herausgeholt und das Lagerfeuer mit frischem Holz aufgepäppelt. Drews hat natürlich unendlich viele Geschichten von seinen bisherigen Reisen und auch von seinem Leben als Kapitän auf den sieben Meeren auf Lager. Gegen die aufkommende Frische gibt es entweder Wein oder heißen Gewürztee mit Rotwein – schmeckt wie Glühwein.
Hier draußen in der Wildnis gibt es keinerlei Lichtverschmutzung und nachdem die Sonne am Horizont versunken ist, haben wir Dark Night und die funkelnde Milchstraße über uns. Gegen 23 Uhr geht es dann los: Polarlichter. Nicht ganz die Intensität wie Tage zuvor in Dawson City, aber der eine oder andere Teilchenschauer zaubert schöne Lichtvorhänge an den Himmel. Am besten gefällt uns, wenn die Aurora Borealis sich im See spiegelt und eine Intensität entwickelt, dass man fast Zeitung lesen kann.
Übernachtungsplatz:
Freistehen am Dragon Lake, North Canol Road, GPS: 62.555373, -131.341717, sehr ruhig, toller See, herrliche Lage, sehr empfehlenswert
So. 08.09.19
Drews ist zwar nicht unbedingt ein Frühaufsteher, aber als wir nach der anstrengenden Anfahrt und dem langen Abend am Lagerfeuer noch müde in den Federn liegen, turnt er schon nur mit Unterhose und T-Shirt bekleidet auf seinem Dach herum und stellt die Solarzellen Richtung aufgehende Sonne.
Er will heute gleich nach dem Frühstück mit seinem Kanu raus, um auf einer Insel draußen auf dem 20 Meilen langen See nach Cranberries und schwarzen Mossberries zu suchen. Natürlich ist seine Angel mit Blinker auch dabei und wird beim Paddeln über den See einfach mit gezogen.
Nach zwei Stunden taucht er wieder auf. Die Ausbeute an Beeren ist nicht riesig, aber dafür hat er einen Pike/Hecht und eine große Lake-Trout/Forelle gefangen. Dies ist eine große Forelle, deutlich größer als unsere Regenbogenforelle, und liefert dementsprechend große Filets. Er hat seine Filetier-Technik in den letzten Jahre soweit optimiert, dass er die Y-Gräten beim Hecht ohne Reste und ohne Zerfledderung des Filets vollständig entfernen kann.
Wir genießen den herrlich sonnigen Tag, der so warm wird, dass wir genauso wie Drews sehr leicht bekleidet in der Sonne sitzen. Auch die eine oder andere Erfrischung im See ist dabei. Drews kann nicht so wirklich chillen und ist immer am Werkeln. Ich versuche, ein paar Bilder zu sortieren bzw. etwas Tagebuch zu schreiben. Marion zaubert wieder frische Brötchen und einen Hefezopf im Ofen, und Drews freut sich über einen Anteil davon als Geschenk.
Als es zur Abendessensfrage kommt, ist die Auswahl nochmal Porcupine-Gulasch oder Hecht oder Moorhuhnbrust. Drews geht mit seiner Schrotflinte regelmäßig auf Jagd nach den nicht sehr scheuen Moorhühnern, zieht ihnen nach Yukon-Methode (bekommen wir an einem anderen Tag mal vorgeführt) das Federkleid ab und erntet das Brustfleisch vom Brustkorb.
Wir entscheiden uns für Moorhuhnbrust, knusprig angebraten, dazu in viel Butter gedünstete Zwiebeln (auf schwäbisch: abgschmälzte Zwiebla) und Marion macht dazu Petersilienkartoffeln mit Gemüseeinlage. Das ist wieder ein Festessen und wir haben uns sofort in das leckere Brustfleisch verliebt - dunkler als herkömmliches Huhn und sehr zart, kein Wildgeschmack.
Auch heute Abend gibt es natürlich Lagerfeuer unter Sternenhimmel. Die Polarlichter legen sich richtig ins Zeug und wir können nochmal so eine tolle Show wie in Dawson City erleben. Einfach unvergesslich in diesem Ambiente.
Übernachtungsplatz:
Freistehen am Dragon Lake, North Canol Road, GPS: 62.555373, -131.341717, sehr ruhig, toller See, herrliche Lage, sehr empfehlenswert
Mo. 09.09.19
Der Morgen startet mit Nebel über dem See und die Dachfenster sind leicht vereist. Das freut Drews, da er jede Nacht mehrere flache Schalen mit Wasser auslegt, um damit Eis für seine Kühlbox zu gewinnen. Seine Fischfilets lagert er nur auf Eis, da dadurch das Fleisch in bestem Zustand erhalten bleibt. Andererseits hat er auch keinen Platz mehr in seinem kleinen Kühlschrank mit Minigefrierfach. Da er oft und reichlich jagt und fischt, muss er Abhilfe schaffen. Er hatte noch eine zusätzliche elektrische Gefrierbox, die ihm allerdings aus dem Wagen gestohlen wurde, so lange er schlief. Für die Zeit bis Mitte Oktober, wenn er für nach Deutschland zurückfliegt, lohnt es sich nicht mehr, eine neue zu kaufen und ab Januar nächsten Jahres wird er für mindestens ein Jahr in Australien unterwegs sein, zum wiederholten Male.
Den restlichen Tag verbringen wir wieder viel in der Sonne und bekommen immer mehr Farbe. Diese nahtlose dunkle Bräunung von Drews werden wir aber sicherlich nicht mehr erreichen.
Heute gibt es Hechtfilet vom Lagerfeuer und Butterreis von Marion. Ich denke, jeder kann sich vorstellen, wie lecker das zarte frische Fleisch schmeckt. Drews würzt den Fisch immer noch etwas mit Lemon-Pepper. Dieses Gewürz werden wir uns auch besorgen, sobald wir mal wieder in der Zivilisation zurück sind (will ich heute aber noch gar nicht dran denken).
Später wieder ein paar Absacker am Feuer; die Polarlichter schwächeln etwas. Wäre zwar zu schön, kann ja aber nicht jeden Abend so ein Feuerwerk wie gestern Abend geben.
Übernachtungsplatz:
Freistehen am Dragon Lake, North Canol Road, GPS: 62.555373, -131.341717, sehr ruhig, toller See, herrliche Lage, sehr empfehlenswert
Di. 10.09.19
Der Morgen ist kalt wie immer bei diesen klaren Nächten. Das Eis in Drews Schalen ist durchgefroren und Marion hüpft direkt aus dem Bett rein in den eiskalten See. Wer es braucht ....
Heute werden wir das konstant tolle Wetter nutzen und weiter nordwärts Richtung Macmillan Pass fahren. Auch Drews packt sein Kanu und die Angeln ein und will ebenfalls ein Stück nördlich fahren um zu jagen.
Gestern Abend kamen der Chief der First Nation aus Ross River mit einem Freund und dessen Neffen. Sie wollten mit einem Alu-Boot auf den Dragon Lake hinausfahren und im Hinterland einen Elch erlegen. Am Wasser stellten sie dann fest, dass jemand den etwas undichten Gummipfropfen, um das Wasser aus dem Boot abzulassen, gegen eine Holzstück ersetzt hat. Dieses hat durch Quellung im Wasser einen zusätzlichen Riss am Abflussloch erzeugt. Da ist wegen Undichtigkeit der ganze Jagdausflug gefährdet. Drews hatte eine Hilfslösung parat: Eine Tube Spezialkleber (Shoe Goo, gibt's im Canadian Tire), der eigentlich zur Schuhreparatur gedacht ist, aber so gut wie auf allem klebt und man damit auch solche Schäden beheben kann. Eigentlich sollte das Zeug mindestens 24h abtrocknen, aber die drei Jäger legen schon nach 30min los und fahren hinaus auf den See. Als Dank für die schnelle Hilfe erhielt Drews gleich einen frisch gefangenen riesigen Hecht, der unter staunenden Augen von ihm sofort fachgerecht filetiert und von den Gräten befreit wurde. Diese Art von Filetieren hatten die drei auch noch nicht gesehen. Hecht zu filetieren ist nicht ganz einfach und deshalb ist der Fisch nicht sehr beliebt, weil er viele Gräten hat, die, wenn man es nicht richtig macht, überall im Fleisch stecken bleiben. Die Filets kamen gleich in die gut mit Eis gefüllte Kühlbox.
Als wir heute Morgen am Zusammenpacken sind, kommen die Jungs schon wieder über den See zurück, das Boot voll mit Elchfleisch. Sie haben einen ca. 6 Jahre alten Jungbullen angelockt und mit einem Kopfschuss erlegt. Das Tier hatte so ca. 450 kg und wurde in 6 Teile plus Schädel mit Geweih zerlegt, so dass der 29 Jahre alte Neffe die Last zum Boot schleppen konnte. Nochmal als Dank für die Reparatur des Bootes, das dicht geblieben ist, bekommt Drews 3 große Rippen mit anhängendem Brustfleisch und ein großes Rückenstück geschenkt. Er beginnt gleich, die ca. 6-7 kg Fleisch zu zerlegen und in handliche Portionen aufzuteilen. Die Menge ist so üppig, dass wir auch 2-3 kg davon abbekommen. Ein schönes Stück vom Rücken in Steakqualität und ein weiteres großes Stück, das zu leckerem Gulasch verarbeitet wird. Das Fleisch ist so frisch, dass es noch warm ist und muss daher erst einmal im Kühlschrank einige Zeit eingelagert werden, wie frisches Rindfleisch.
Nach dieser Aktion geht es schon auf 11 Uhr zu bis wir endlich wegkommen. Drews ist schon mal los gefahren, da er aber unterwegs Moorhühner jagen will, ist er langsam unterwegs und wir werden ihn über kurz oder lang überholen.
Zuerst geht es Richtung Mount Sheldon, den wir schon bei der Anfahrt als Landmarke im Visier hatten. Zu seinen Füßen kommen wir am ersten Army Vehicle Friedhof vorbei. Hier, wie noch an anderen Stellen, wurden Ende der 1940er die Fahrzeuge nach dem Rückbau der Canol Pipeline einfach abgestellt.
Auf den nächsten ca. 100 km kommen wir durch unberührte Natur, die seit über 70 Jahren nur noch Jäger und Fischer besuchen bzw. Prospektoren auf dem Weg nach Norden in die North West Territories / NWT, um neue Bodenschätze zu finden. In den vergangenen Tagen sind immer wieder Pickup trucks mit großen Anhängern an uns vorbeigerauscht: Jäger aus den NWT, die aus dem über 3000 km entfernten Yellowknife angereist kommen und hier, nördlich des Macmillan-Passes wieder in NWT, Elche und Rehe jagen. In der Gegend um Yellowknife ist es extrem sumpfig und es gibt kaum Wild. Daher müssen die Jäger zuerst runter nach Fort Nelson, dann den Alaska-Hwy bis nach Watson Lake, dann auf den Robert Campbell-Hwy nach Ross-River und die North Canol Road hoch bis zur NWT-Grenze. Die NWT-Jäger bekommen im Yukon-Gebiet keine Jagdlizenz und müssen deswegen den langen beschwerlichen Weg auf sich nehmen. Als Vergleich: Ein Sizilianer fährt ans Nordkap zum Elche Jagen. Aus unserer kleinen europäischen Sicht der totale Wahnsinn.
Wir fahren weiter an glasklaren Bächen vorbei, die den nach Süden hin immer breiter werdenden Macmillan River speisen. Die Ufer dieses Flusses sind schneeweiß durch Mineralienablagerungen aus dem Wasser.
Auf der rechten Seite wächst die Itsi Range mit dem 2667 m hohen mit Schnee bzw. Gletschern bedeckten Itsi Peak.
Je weiter wir in den Norden, desto mehr verändert sich die Farbe des Macmillan Rivers hin zu Ocker, eine 'rostige' Brühe. Die Ursache sind wahrscheinlich wieder schweflige Quellen weiter oben im Quellgebiet.
Gegen 14:30 Uhr machen wir Mittagspause und zwar am größten und offiziellen Army Vehicle Dump, geschützt durch Yukon's Historic Resources Act.
Kurz nach dem Army Vehicle Dump entdecken wir zum ersten Mal eines der seltenen Ptarmigans, eine Art Schneehuhn. Dieses ist deutlich scheuer als die dunkelgrauen Moorhühner und verschwindet schnell im Unterholz.
Je weiter wir uns dem Macmillan-Pass nähern, desto tiefer gelangen wir in die Hess Mountains. Die Berghänge sind kahl und offenbaren in unterschiedlichsten Schattierungen ihre vielfältige mineralische Zusammensetzung. Erinnert uns etwas ans Death Valley in Nevada.
Bevor wir die Grenze zu den NWT erreichen, kommen wir nochmal durch aufgetautes Permafrostgebiet, in dem sich nur niedere Pflanzenarten wie Moos und Flechten auf Dauer halten können.
Der Pass und die Grenze sind eher unspektakulär, aber wir haben einen weiten Blick in den Norden, in den nur noch die Jäger weiter vor dringen. In 12 km Entfernung gibt es wohl noch eine alte Wolfram-Mine, die hin und wieder geöffnet wird, aber die Straße wird ab der Grenze so schlimm, dass man nur noch im Schritttempo vorankommt, daher lassen wir den Besuch der Mine ausfallen. Vermutlich kommt man sowieso nicht rein. Wir drehen deshalb bei der nächstbesten Gelegenheit wieder um.
Auf der Rückfahrt sehen wir die Ausläufer der Itsi-Range nochmal aus einer anderen Perspektive
Wir haben mit Drews heute Morgen verabredet, dass, wenn wir vom Pass zurückkommen und nicht oben übernachten wollen, uns in der Nähe der größten Brücke über den Macmillan River auf einem Gravelpit treffen wollen. Als wir uns der Brücke nähern sehen wir plötzlich ein handgemaltes Schild mit einem Pfeil und dem Namen Drews. Dazu hat er noch seine kleine Deutschlandfahne an die leicht zu übersehende Einfahrt gesteckt. Da es auf dem geplanten Gravelpit stark windet, ist er uns etwas entgegen gefahren und hat den schönen Platz bei einer alten Jagdhütte gefunden, von der man einen gigantischen Blick auf den leicht rötlich eingefärbten Itsi-Peak und seine Beiberge hat. Drews war wieder erfolgreich beim Jagen und hat einige Moorhühner erlegt. Heute Abend zaubert Marion das komplette Abendessen in der Küche und Drews kommt in den Genuss von Spinat-Speck-Sahnesoße zu Linguini Nudeln.
Am Lagerfeuer draußen haben wir dann nach Sonnenuntergang erneut den tiefschwarzen Sternenhimmel und gegen später sogar einen Ansatz von fernem Leuchten der Polarlichter am Horizont.
Übernachtungsplatz:
Freistehen an der North Canol Road, GPS: 62.960709, -130.446345, total ruhig, gigantischer Blick zum Mount Itsi, sehr empfehlenswert
Mi. 11.09.19
Auch heute ist wieder ein strahlend blauer Sonnentag. Drews ist schon früh aufgebrochen und hofft auf den 70 km zurück bis zum Dragon Lake ein paar Moorhühner vor die Flinte zu bekommen. Wir lassen uns Zeit, da die 70 km eine überschaubare Strecke ist und wir die Aussichten ja gestern schon genießen konnten.
Am Toilettenhäuschen kann man deutlich sehen, dass es hier in der Gegend Porcupines (Baumstachler) gibt. Sie fressen alles, was nach ihrem Geschmack aussieht oder riecht, am liebsten Pressspanplatten, aber auch Gummischläuche im Motorraum von Autos oder Trucks. Wie bei uns zu Hause die kleinen Marder. Deshalb sind die possierlichen Tiere hier nicht sehr beliebt, werden aber auch nicht so häufig gejagt, da es mühsam ist die Tiere zu schlachten, um an das Fleisch zu kommen. Das Jagen dagegen ist einfach, man braucht dafür nur einen kräftigen Prügel .... In renovierten Campgrounds wird inzwischen viel mit Aluminium verkleidet, um das Holz zu schützen.
Marion war gestern der Meinung, ich wäre zu hurtig auf der löchrigen Straße unterwegs gewesen, und deshalb nimmt sie heute das Steuer in die Hand und hat auch gleich die Chef-Mütze aufgezogen.
Nachdem wir die nahegelegene größte Brücke über den Macmillan überquert haben, holen wir Drews noch vor dem gut sichtbaren Mount Sheldon ein und als er uns im Staubnebel entdeckt, hält er an und lässt uns vorbei, da wir auch mit Marion als Kapitän an Bord deutlich schneller sind als er. Wir versprechen, dass wir nach Ankunft am Dragon Lake gleich seinen Platz belegen, falls wieder Jäger und Fischer gegen Abend eintreffen sollten. Somit kann er sich für die Jagd Zeit lassen.
Wir haben kaum eingeparkt und die Sonnenstühle bereitgestellt, als auch Drews schon ankommt. Er hat unterwegs vier Hühner erwischt, aber sonst war nicht viel los. Er hat die vier Vögel noch nicht abgezogen, da er uns heute mal die Yukon-Methode zeigen will. Dazu wird das Tier mit dem Kopf zwischen die Beine auf den Rücken gelegt, Füße auf die Flügel, mit beiden Händen die Hühnerfüße gepackt und mit leichtem Gegendruck auf den Brustkorb die Hühnerfüße langsam nach oben gezogen. Schon nach wenigen Zentimetern hört man die Haut reißen und der ganze Rumpf inkl. Innereien löst sich vom Rest des Huhnes und kann verworfen werden, falls man nicht Herz oder Leber retten will. Dann wird der Kopf mit dem Rest der Gurgel nach oben abgezogen. Die Flügel werden im ersten Glied gebrochen und entfernt, so dass nur noch etwas Haut mit Federn über die abgebrochenen Flügelknochen gezogen werden muss. Und schon hat man den sauberen Brustkorb mit dem leckeren Fleisch in den Händen. Mit dieser Methode ist es eine Sache von Minuten, die Brüste aus den Hühnern auszulösen und hat fast keine Reinigungsarbeit. Jetzt wird mit einem scharfen Messer das Brustfleisch vorsichtig vom Brustkorb getrennt und restliche anhaftende Blutreste entfernt bzw. verirrte Schrotkugeln aus den dunkel erkennbaren Einschusslöchern herausgeschnitten.
Da Drews gestern und heute Beute gemacht hat, ist die Entscheidung für Moorhuhnbrüste mit Bratkartoffeln und Butter-Zwiebeln schnell gefallen. Als Marion die Kartoffeln fertig hat, ist das Fleisch schön knusprig angebraten und der Festschmaus kann losgehen.
Übernachtungsplatz:
Freistehen am Dragon Lake, North Canol Road, GPS: 62.555373, -131.341717, sehr ruhig, toller See, herrliche Lage, sehr empfehlenswert
Do. 12.09.19
Heute geht es wieder zurück nach Ross River und dann wieder gen Südosten auf dem Robert-Campbell-Hwy Richtung Watson Lake. Der Morgen begrüßt uns mit herrlichem Morgenrot über dem See.
Auf der Rückfahrt sehen wir, dass das Wetter sich langsam aber sicher verändern wird. Die Fernsicht lässt auch schon zu wünschen übrig. Ebenso lassen bis auf wenige Stellen die Bäume ihr leuchtendes Laub fallen und am Horizont ziehen dunkle Wolken auf. Marion hat heute wieder das Steuer in der Hand und lotst das Gefährt die ganze Strecke bis Ross-River, auch an den etwas engeren Hangabbruchstellen. Hier sind wir froh, dass es noch nicht geregnet hat. Das wird sicher eine schöne schmierig-rutschige Stelle, direkt am Hang zum Fluss hinunter.
2 km vor der Fähre steht Drews an einer schönen Stelle mit Blick über den River und hat schon mal mit etwas Holz ein Feuer entfacht, auf dem er Cranberry-Marmelade eingekocht hat ausreichend für mehrere Gläser.
Wir machen nur kurz Stopp zur Abstimmung, da wir noch für eine Wäsche nach Ross-River in die Laundry wollen. Vor Ross-River geht es wieder mit der Fähre rüber ins Dorf.
Als die Waschmaschinen fertig sind, stellt sich heraus, dass nur noch ein Trockner funktioniert. An sich kein Problem, allerdings müssen wir vor 17 Uhr auf die Fähre - mit der letzten Fahrt. Das wird eng. Die Aufsichtsdame organisiert noch einen Mechaniker, so dass wir verspätet doch noch eine zweite Maschine starten können. Wir kommen kurz vor 17 Uhr an die Fähre, wo der Kapitän schon die Schotten dicht macht, aber mit uns noch die letzte Überfahrt absolviert. Da haben wir nochmal Glück gehabt.
Als wir auf der anderen Seite ankommen, hat ein Farmbesitzer seine Mustangherde freigelassen, damit sie zum Fressen bis zum nächsten Morgen frei herumwandern kann, da mit eingestelltem Fährbetrieb auch kein Verkehr mehr auf der Straße herrscht.
Drews sitzt schon mit seinem Sundowner draußen am Lagerfeuer und wartet auf uns.
Heute zaubert er aus seiner Eisbox ein großes Filetstück von der vor wenigen Tagen gefangenen Lake-Trout und zerlegt das leicht orange Fleisch in mehrere Stücke, die er dann in seiner Gusspfanne mit guter Hitze von unten brutzelt. Marion macht derweil drinnen den Reis und etwas Gemüse fertig.
Übernachtungsplatz:
Freistehen am Ross River, North Canol Road, GPS: 61.990008, -132.417715, super Blick auf den River, sehr ruhig, da die Fähre um 17 Uhr den Betrieb einstellt, sehr empfehlenswert
Fr. 13.09.19
Heute verabschieden wir uns final von der North Canol Road.
Drews ist wieder deutlich früher fertig als wir und daher bereden wir noch die eine oder andere Option, wo man sich evtl. Heute oder Morgen wieder treffen könnte. Er besucht seine Freunde in Ross River, denen er auch einige seiner Jagderfolge als Geschenk mitbringt. Sie besitzen eine Kunstgalerie und machen traditionelle und moderne First Nation Musik.
Wir verlassen etwas später unseren tollen Platz an der Flusskurve und setzen mit der Fähre wieder nach Ross River über.
Am College in Ross River nutzen wir das Wifi (nach Hause telefonieren) bevor wir die 10 km bis zum Robert Campbell-Hwy zurücklegen. Wildnis, jwd! Bestätigt auch das Straßenschild: Noch 354 km bis nach Watson Lake, ohne Tank- oder Einkaufsmöglichkeit. Da ist es vorteilhaft, wenn der Kühlschrank, die Wasser- und die Dieseltanks ausreichend gefüllt sind, vor allem, da wir unterwegs noch einen 250 km one way-Abstecher nach Tungsten in den Northwest Territories einlegen wollen.
Der Robert Campbell Hwy ist in gutem Zustand, halt nicht geteert und sehr staubig. Ist aber nicht ganz so dramatisch. In den nächsten Stunden treffen wir nur eine Handvoll andere Fahrzeuge.
Nach ca. 130 km kommen wir am Finlayson Lake vorbei, halten kurz am Viewpoint mit leider nur sehr eingeschränktem Blick auf den See wegen der hohen Bäume. Dafür legen sich die Gray Jays mächtig ins Zeug. Man merkt sofort, dass sie öfter von Touristen gefüttert werden. Sie fliegen auf die ausgestreckte Hand, obwohl nichts drin ist.
Am Ende des Sees führt eine Straße bis zum Ufer hinunter; dort soll es einen schönen Stellplatz geben. Als wir ankommen liegt ein Wasserflugzeug am Kai und wird mittels Fasspumpe betankt. Wir stoppen weiter oben auf einem freien Platz mit mehreren Feuerstellen und machen erst mal Mittagspause. Während der Pause hören wir das Flugzeug starten.
Wir gehen hinunter und schauen uns den möglichen Stellplatz genauer an. Wirklich viel Platz ist nicht und neben den Kerosinfässern am Kai wollen wir auch nicht stehen. So entscheiden wir, da es noch recht früh ist, dass wir weiterfahren.
Weitere 50 km durchs Yukon-Hinterland und wir kommen zum Frances Lake. Hier gibt es einen Provincial Campground, 12 C$ (8€) inkl. Feuerholz. Wir fahren rein und finden einen sehr schönen Platz unter Bäumen direkt am Ufer. Solange Marion die Selbstregistrierung am Eingangstor macht, hole ich schon mal Feuerholz aus dem nächstgelegenen Depot und beginne, alles klein zu hacken und schon mal das Feuer zu starten.
Kaum sind die Flammen an, kommt Drews angefahren. Er hat uns am Finlayson Lake gesucht und sich dann gleich gedacht, dass wir hierher gefahren sind. Wir haben leider schon bezahlt, haben den kleinen Abstecher hinunter zur außerhalb vom Campground liegenden Boatramp nicht gemacht. Hier ist ausnahmsweise sehr viel Platz. Man kann mehrere hundert Meter am Ufer entlangfahren und findet unzählige Plätze zum Freistehen. Pech.
Drews stellt sich mit auf unseren großen Platz. Nach kurzer Beratung über das Abendessen ist entschieden, dass Marion Bratkartoffeln macht, während Drews auf dem Lagerfeuer eine große Portion Moorhuhnbrüste knusprig brutzelt. Eine gute Portion in Butter geschwenkte Zwiebeln darf natürlich auch nicht fehlen.
Nach dem leckeren Essen bleiben wir noch länger bei heißem Tee mit Schuss draußen am Feuer sitzen und genießen den tollen Blick über den nächtlichen See und die darüber funkelnden Sterne.
Übernachtungsplatz:
Frances Lake CG, Robert Campbell Hwy, GPS: 61.410882, -129.631807, 12C$ inkl. Feuerholz, Platz Nr. 6, sehr guter Seeblick und Wasserzugang, zur Zeit sehr ruhig, sehr empfehlenswert
Sa. 14.09.19
Drews ist schon wieder vorausgefahren, da er noch jagen will. Wir haben einen Treffpunkt für heute Abend ausgemacht.
Es sind nur noch ca. 50 km bis zur Abfahrt auf die Nahanni Range Road, die 250 km nach Norden bis Tungsten/NWT, einer Wolframmine, führt. Dort ist dann auch Schluss und man muss umkehren.
Als wir abbiegen sehen wir eine Warntafel, die auf alle möglichen Widrigkeiten hinweist. So werden zumindest Weißware-Fahrer sofort abgeschreckt. Wir wissen jedoch von Drews, dass diese Straße besser in Schuss ist als die North Canol Road, da es hier diverse Minen gibt, die mit ihrem schweren Gerät auf einigermaßen gute Straßen angewiesen sind.
Wie angekündigt führt die Straße bergauf, bergab, über einspurige Brücken, tausend Kurven, durch viele Landstriche, die in den letzten Jahren dem Feuer zum Opfer gefallen sind und sich gerade erst erholen, wie man am niedrigen Buschwerk zwischen den toten Bäumen sieht.
Für die Mittagspause halten wir unterwegs an einem kleinen See an, den wir auf einer kurzen unscheinbaren Stichstraße erreichen. Marion will sich etwas bewegen und beginnt draußen im Wald nach Cranberries zu suchen. Sie hat ja schon einmal am Dragon Lake damit losgelegt, aber nicht wirklich viel gefunden. Nach einer Stunde hat sie in ihrer Tüte wenigstens eine kleine Ausbeute.
Auf der Weiterfahrt sehen wir in einiger Entfernung am Horizont Regen fallen. Wir hoffen, dass wir an unserem heutigen Stellplatz verschont bleiben und nur unterwegs ein paar Tropfen abkriegen.
Kurz vor dem einzigen primitive Campground auf dieser Strecke führt ein Weg hinunter zum Fluss. Das Kiesufer ist dort so breit, dass man hier mit mehreren Fahrzeugen bequem stehen kann. Drews hat sich schon häuslich eingerichtet und ist auch schon oben auf dem Campground beim Beeren sammeln gewesen. Dort gibt es wohl größere Beerenfelder. Der Campground ist offiziell schon geschlossen, d.h. die Mülleimer werden nicht mehr gelehrt und das Brennholz nicht aufgefüllt; kostet dann auch nichts mehr. Er liegt oberhalb einer Steilwand weit weg vom Fluss; der Standort hier unten direkt am Wasser ist deutlich schöner. Drews hat reichlich schwarze Moosbeeren gefunden, die er mit Cranberries in seiner selbstgemachten Marmelade mischt. Als wir ankommen ist er schon wieder im Wald hinter dem Stellplatz beim Sammeln unterwegs. Marion hält jetzt auch nichts mehr und die Jagd geht los. Mit ausgeliehenem Sammelgerät helfe ich auch etwas mit, höre aber nach kurzer Zeit wieder auf, da mir die Ausbeute zu gering ist.
Außerdem will ich Diesel vom Reservetank in die Haupttanks umschlauchen, und wenn ich schon am Wurschteln bin, schmiere ich gleich noch ab. Beim Abschmieren stelle ich fest, dass die Luftleitung zum Schalten des Differentials an der Hinterachse direkt an der 90°-Kupplung durchgerostet und abgebrochen ist. Sch...ande! Reparatur ist spontan nicht möglich, da wir solch ein Ersatzteil nicht dabei haben. Ich säubere und verschließe beide Öffnungen, damit kein Dreck reinkommen kann und räume danach auf.
Als Marion dann auch ihre Beerensuche einstellt, ist die Ausbeute dieses Mal gar nicht so schlecht.
Heute Abend gibt es zum Essen nochmal Porcupine-Gulasch (Baumstachler), da die Portion beim letzten Mal viel zu groß war. In meinen Innereien grummelt es schon den ganzen Tag, so dass ich heute Abend nur ein leichtes Vesper zu mir nehme, während Marion und Drews wieder Gulasch schlemmen.
Der Abend klingt dann wieder wie üblich am Lagerfeuer unter freiem Himmel aus.
Übernachtungsplatz:
Freistehen am Hyland River, Nahanni Range Road, GPS: 61.268457, -128.281372, sehr viel Platz direkt am breiten Flussufer unterhalb des Campgrounds, sehr ruhig, sehr empfehlenswert
So. 15.09.19
Als wir mit dem Frühstück fertig sind, ist die Entscheidung gefallen, dass wir gleich heute unseren Tagesausflug hoch bis an die NWT-Grenze nach Tungsten machen. Wer weiß wie das Wetter Morgen ist, evtl. schlechter, wie vorhergesagt. Heute ist es zwar auch nicht optimal, aber beim Reisen muss man halt immer mal wieder Kompromisse eingehen.
Bis wir endlich startklar sind, ist Drews schon längst am Wurschteln und schneidet gerade die leckeren Brustfilets aus den abgezogenen Moorhühnern. Typisch Rentner, keine Ruhe im Hintern.
Kaum sind wir auf der Nahanni Range Road unterwegs, begegnen wir schon dem ersten Baumstachler, ein Jungtier und noch nicht so gewieft beim Flüchten. Beim Erklettern einer kleinen Fichte kann ich ihn einholen. Fürs Gulasch wäre er noch zu jung, meint Drews abends als ich ihm die Bilder zeige. Da hat der Kleine nochmal Glück gehabt.
Eingebettet in die Waldlandschaft liegen unzählige smaragdgrüne Seen mit klarem Wasser. Die schöne Farbe kommt daher, dass das Wasser relativ niedrig ist und das Licht an einer hellen Kalkschicht reflektiert wird.
Links und rechts der Straße gibt es diverse Goldgräbercamps, die aber gut abgesperrt sind und außer ein paar Wohncontainern und X Warntafeln bekommt man nichts zu sehen. Entfernt ist am Berghang eine Abbaustelle zu erkennen, wo sich Bagger in das Erdreich fressen.
Ansonsten ist die Natur unberührt und geht nach der Hälfte der Gesamtstrecke in ein breites Tal über, wo es nur noch den typischen Tundrabewuchs mit niedrigen Büschen gibt. Leider sind wir ca. 3 Wochen zu spät dran, um das ganze Tal rot leuchten zu sehen analog dem nördlichen Teil des Dempster Hwy hoch bis zum Polarmeer. Schade, aber man nicht immer zur passenden Zeit an verschiedenen Orten gleichzeitig sein.
Jetzt müssen wir nur noch die Passstraße hoch, an deren höchsten Punkt auch gleichzeitig die Grenzlinie zwischen Yukon und den Northwest Territories ist.
Auf der anderen Seite erwartet uns wieder ein großes Bergtal mit mehreren Seen, auf denen sogar noch Schwäne unterwegs sind. Die Straße endet an der Grenze zur Wolfram-Mine (Tungsten-Mine) und es gibt kein Weiterkommen mehr. Eigentlich wollten wir einen Wachposten, der das Gelände wohl die meiste Zeit bewacht, wenn gerade nicht abgebaut wird, fragen, ob er den Weg zu den heißen Quellen kennt und ob wir evtl. dorthin über das Gelände fahren dürfen. Leider nirgendwo ein Wachposten zu sehen. Da aber auf dem Gelände einige LKWs fahren, gehen wir davon aus, dass zur Zeit wieder eine Abbauphase ist und wir deshalb sowieso keine Chance hätten. Drews hat es bisher auch nicht geschafft.
Dann drehen wir halt um und machen an einem Platz am See erst Mal eine verspätete Mittagspause.
Wir fahren, bevor wir wieder zurück über den Pass fahren, noch einige km entlang auf der neuen Straße, die tiefer ins NWT-Gebiet führt. Diese soll eigentlich 1000 km weiter wieder im Yukon rauskommen und weitere Minen an die Zivilisation anschließen. Wohl gibt es allerdings Proteste dagegen und deshalb wurde der Weiterbau inzwischen stillgelegt. Wir drehen nach ca. 20 km wieder um, weil Wetter nicht so super und die Landschaft bietet auch nichts Neues. Auf der Rückfahrt entdecken wir dann doch oben am Berggipfel über dem See kleinere Gletscher.
Die Straßen in den Norden, die wir die letzten Wochen gefahren sind, sind leider keine Loops und man muss immer die gleiche Strecke zurückfahren. In den Bergen ist das meistens interessant, weil man auf der gleichen Strecke dieselben Gipfel aus neuen Blickwinkeln sieht. Auf dieser Straße ist das eher weniger spannend, daher fahren wir zügig zurück. Marion hat für die Rückfahrt das Steuer übernommen, das gibt mir die Chance auf ein kleines Nickerchen auf dem Beifahrersitz.
Als wir zurückkommen empfängt uns Drews erstaunt, da er uns erst viel später erwartet hat. Er hatte heute Anglerglück und schon 15 min nachdem er den Blinker in der Flusskurve ausgeworfen hatte eine stattliche Bull-Trout (weitere hiesige große Forellenvariante mit markantem Kopf) am Haken.
Zum Abendessen einigen wir uns auf Hechtfilet, das Drews von den First Nation als Geschenk am Dragon Lake bekommen hat. Drews brutzelt das Filet auf dem Lagerfeuer und Marion macht Reis als Beilage dazu.
Als wir uns spät am Abend in die jeweiligen Gemächer zurückziehen, sehen wir Drews Bärenbande darauf warten, dass er endlich ins Bett kommt. Wir sind nicht die Einzigen, die Plüschtiere sammeln und mitreisen lassen.
Übernachtungsplatz:
Freistehen am Hyland River, Nahanni Range Road, GPS: 61.268457, -128.281372, sehr viel Platz direkt am breiten Flussufer unterhalb des Campgrounds, sehr ruhig, sehr empfehlenswert
Hier wieder die Kartenübersicht der 61. und 62. Woche mit den gewählten Stellplätzen:Kanada_2019_Sept_1
Teil 33: Kanada 2019 - YT / BC / AL >>>